Neue Märkte beflügeln heimische Industriebetriebe
Industriemesse Hannover: Expansionspläne, Digitalisierung und Fachkräftebedarf prägen Oberösterreichs Firmen.
Am Konjunkturhimmel ziehen erste Wolken auf, sagten Wirtschaftsforscher vor kurzem in ihren Jahresprognosen für 2019 voraus. Bei der weltgrößten Industriemesse in Hannover ist davon nichts zu merken. 6500 Unternehmen präsentieren diese Woche in der Hauptstadt Niedersachsens ihre Produkte. Der Schwerpunkt liegt auf Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz.
"Die Digitalisierung vernichtet nicht Arbeitsplätze, sondern schafft welche", sagte Josef Kinast, Obmann-Stellvertreter der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Oberösterreich. Er führte mit Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner eine Delegation an.
Landesrat Markus Achleitner (li.) im Gespräch mit Josef Kinast von der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer OÖ
"Oberösterreich muss international sichtbarer werden", sagte der Politiker. Unser Bundesland sei im Vergleich der Industrieregionen im "guten Mittelfeld Europas". Zur Spitze fehle noch einiges. "Forschungseinrichtungen müssen mit der Wirtschaft enger zusammenspielen", forderte Achleitner. Das Silicon Austria Lab in Linz, die Comet-Kompetenzzentren sowie Upper Austrian Research, die Forschungsgruppe des Landes, seien dafür gute Beispiele, so Achleitner.
Von Linz nach Dubai
Die Unternehmen legen ihre Hoffnungen in neue Märkte, wie ein Rundgang auf der Messe zeigte.
Sprecher Automation, Linzer Anbieter von Schaltanlagen und Automatisierungslösungen, hat diese Woche eine Niederlassung in Dubai eröffnet. "Wir sind dem Wunsch der Kunden nachgekommen", sagte Firmenchef Erwin Raffeiner. Die Geschäfte liefen gut: Kürzlich habe man einen 20-Millionen-Euro-Auftrag eines großen europäischen Energieanbieters erhalten. Sprecher setzte 2018 mit 500 Mitarbeitern 90 Millionen Euro um.
Sprecher-Chef Erwin Raffeiner fasst neue Märkte ins Auge. (foto-reiter.com)
Neue Türen haben sich auch für den Wälzlagerhersteller NKE geöffnet. Wie berichtet, gehören die Steyrer seit Ende des Vorjahres zur Gänze zur spanischen Fersa-Gruppe. Der Umsatz sei um ein Fünftel auf 25 Millionen Euro gestiegen, berichtete Geschäftsführer Thomas Witzler. Abseits der Kernmärkte Deutschland und Italien will NKE die Fühler verstärkt nach Spanien und Lateinamerika ausstrecken. Wachstumspotenzial biete ebenso die Digitalisierung: "Unsere Sensoranlagen funktionieren mittlerweile auch mit Bluetooth."
International stark wächst E+E Elektronik aus Engerwitzdorf. "China und die USA haben sich gut entwickelt. Und in Deutschland haben wir mittlerweile drei Büros", sagte Firmenchef Josef Hartl. Er kündigte zudem an, sich im August aus dem Unternehmen zurückzuziehen. Hartls Posten übernimmt dann Heinz Kindlhofer, seit Anfang April mit Hartl und Wolfgang Timelthaler in der Geschäftsführung. E+E steigerte den Umsatz im Vorjahr um fast zehn Prozent auf 46 Millionen Euro. 300 Mitarbeiter stellen Sensoren und Messgeräte her, etwa für das Disneyland oder Apple-Zulieferer Foxconn.
Staffelübergabe bei E+E: Heinz Kindlhofer (li.) folgt Josef Hartl.
Wie E+E orientiert sich auch der Anlagenbauer Rübig nach China. Im Reich der Mitte sollen in den nächsten zwei Jahren bis zu zehn Anlagen der Welser stehen, sagte Robert Horvath aus der Geschäftsführung. Rübig setzte mit 500 Mitarbeitern 70 Millionen Euro um.
In stabilem Fahrwasser befindet sich der Linzer Industriesystemeanbieter Hainzl. "Wir explodieren nicht im Wachstum", sagte Verkaufsleiter Herwig Eichler. 800 Mitarbeiter setzten zuletzt 150 Millionen Euro um. Die Digitalisierung käme immer häufiger zum Einsatz, etwa bei der Zustandsüberwachung von Anlagen.
10.000 Mitarbeiter nötig
Herausfordernd bleibe für Firmen der Bedarf an Fachkräften, waren sich alle einig. Bis 2022 seien in Oberösterreichs Industrie weitere 10.000 Beschäftigte nötig, so Spartenobmann-Stellvertreter Kinast.
In Summe sei die Entwicklung aber gut. Die Zahl der Mitarbeiter in Oberösterreichs Industriebetrieben stieg im Vorjahr von 112.900 auf 114.800. Der Produktionswert legte um 4,1 Prozent auf 43,1 Milliarden Euro zu. Ein Viertel der gesamtösterreichischen Umsätze entfiel auf Oberösterreich.