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Die Hardware wird weich

07. März 2020, 00:04 Uhr
Die Hardware wird weich
Die weichen Arme des Oktopus werden zur Inspiration für Roboter der Zukunft. Weiche Materialien mit Elektronik ermöglichen etwa ein intelligentes Pflaster. Bild: JKU

Wissenschafter schauen sich die Nachgiebigkeit von der Natur ab und konstruieren weiche Roboter. An der JKU verbindet man Hydrogele und ultradünne Folien mit Elektronik

Nüchtern betrachtet ist der Mensch auch nur ein mit Wasser gefüllter Beutel. Univ.-Prof. Martin Kaltenbrunner vom JKU-Institut für Experimentalphysik formuliert das wissenschaftlicher: "Jedes Tier, selbst der Mensch, ist prädominant aus weichen Materialien gemacht, das nennt man technisch Hydrogele, das sind Polymernetzwerke, die mit Wasser geschwollen sind und aus denen man sehr viel machen kann." Bei seiner Antrittsvorlesung an der JKU diese Woche stellte Kaltenbrunner Experimente aus seiner Abteilung für Physik weicher Materie vor, darunter elektronische Haut.

"Wir wollen mit unserer Arbeit Elektronik- und Robotikelemente quasi der Natur nachvollziehen und ähnlich komplex und vielfältig in ihrer Funktionalität machen – so wie wir es von den Lebewesen kennen", sagt Kaltenbrunner. Für das elektronische Pflaster verwenden die Forscher Folien, die zehnmal dünner sind als Frischhaltefolie. Darauf werden ultradünne elektronische Bauteile aufgebracht, die Daten verwerten können. "Wir wollen Elektronik haben, die wir als elektronische Haut in der Medizintechnik anwenden können, um zum Beispiel Daten wie den Herzschlag aufzunehmen oder auch chemische Signale wie Lactat oder Blutzucker", erklärt der Physiker. Das könnte das Patientendasein verbessern. Statt im Krankenhaus mit Kanülen und Kabeln versehen zu werden, könnten intelligente Pflaster simpel auf die Haut geklebt werden. Auch in der Vorsorge könnte sich dadurch einiges ändern.

Grünes, intelligentes Pflaster

Darüber hinaus fokussiert man sich an der JKU auf Ökologie und CO2-Neutralität. Intelligente Pflaster könnten aus ökologisch verträglichen Materialien bestehen. Die Elektronik ließe sich so entwerfen, dass sie ökologisch abbaubar oder recyclebar wäre. "Dieses grüne Produkt würde millionenfach verwendet werden und hätte dann schon eine ökologische Wirkung", prognostiziert Kaltenbrunner. Ein nächster gedanklicher Schritt ist, eine elektronische Haut mit Energie zu versorgen. Das würde mit Dünnschicht-Solarzellen geschehen. Aufgebracht auf bewegliche Roboterelemente, öffnet das die Tür in Richtung autarke oder autonome Geräte. In Sachen Solarzellen mit sehr großer Leistungsdichte arbeitet die JKU mit dem renommierten California Institute of Technology (CalTech) zusammen – mit Blickrichtung auf die Raumfahrt.

Generell ist in der Robotik ein Paradigmenwechsel zu erkennen. Kantige Roboter aus Stahl, Aluminium oder Carbon weichen zunehmend Strukturen aus sogenannten Soft Materials: Hydrogele, Silikone, Kunststoffe. Erste weiche Greifarme und -finger beweisen höhere Sensibilität und Anpassungsfähigkeit. Mittlerweile wurden auch kleine, weiche Mikro-Pumpen (ein Gramm) entwickelt, die Flüssigkeiten in hydraulischen oder pneumatischen Systemen befördern, um beispielsweise Bewegungen in künstlichen Fingergelenken auszulösen. "Die Hardware der Zukunft ist weich", stellt Physiker Kaltenbrunner fest.

Wohin die Entwicklungsreise geht, zeigen Experimente weltweit. An der Cornell University (USA) wurde eine Roboterhand entwickelt, die schwitzen kann und sich bei Bedarf kühlt wie eine menschliche Hand. Ein anderes Projekt befasst sich mit selbstheilender Roboterhaut. Und die Universität Vermont hat 0,7 mm kleine biologische Mikroroboter aus Froschstammzellen erschaffen. Biologische Maschinen, die wohl auch eine Ethikdebatte erzeugen.

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