Fall Aloisianum: Nur zwei Burschen übernehmen "volle Verantwortung"
LINZ. Fünf zum Teil inzwischen ehemalige Schüler des Linzer Privatgymnasiums Aloisianum mussten sich am Freitag wegen Nötigung vor Gericht verantworten.
Dieser Artikel wurde um 14:05 Uhr aktualisiert.
Die Plätze im Verhandlungssaal reichten am Freitag nicht aus. Das Interesse um den Strafprozess gegen fünf Linzer Schüler war so groß, dass der Richter kurzerhand entschied, in den großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts zu wechseln. Es sei „völlig egal, ob Ihre Eltern Anwälte, Ärzte, Bauarbeiter oder Handwerker sind. Hier geht es um Sie“, sagte er eingangs zu den Angeklagten.
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Überraschend war der Andrang nicht. Der Fall hatte hohe Wellen geschlagen, auch außerhalb des katholischen Privatgymnasiums Aloisianum in Linz. Es geht um einen Übergriff auf eine 15-jährige Schülerin, der sich im Mai des Vorjahres bei einer Projektwoche in Italien ereignet haben soll. Wie berichtet, sollen fünf Burschen das Mädchen gewaltsam in ein Zimmer geschleppt und eingesperrt haben. Dann sollen sie ihre Mitschülerin gezwungen haben, ihnen den Rücken "auszuknacksen". Dabei soll der Erstangeklagte der 15-Jährigen sinngemäß mit einer Vergewaltigung gedroht haben. Den fünf Jugendlichen wird Nötigung vorgeworfen, dafür drohen bis zu sechs Monate Haft.
"Und, wer locht jetzt als erstes ein?"
Drei der fünf Angeklagten bekannten sich nicht schuldig, auch wenn sie zugaben, eventuell etwas zu weit gegangen zu sein. Zwei übernahmen die "volle Verantwortung", ihre Verteidiger plädierten für eine Diversion.
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Die Staatsanwältin führte die Vorwürfe näher aus: Das spätere Opfer sei während besagter Studienreise in Assisi auf dem Rückweg zur Unterkunft der Sechstklässler gewesen. Dabei seien die Angeklagten auf sie zugekommen. Einer habe sie auf die Schulter geworfen und getragen. Die 15-Jährige habe ihn mehrmals aufgefordert, sie herunterzulassen. Das habe er erst beim Hoteleingang getan. Dort aber habe ein weiterer Mitschüler sie auf die Schulter genommen und so ins Zimmer getragen. „Auf dem Weg hat der Erstangeklagte ihr sinngemäß mit Vergewaltigung gedroht, indem er in die Runde gefragt hat: ‚Und, wer locht jetzt als erstes ein?‘“, zitierte die Staatsanwältin aus dem Akt.
Das Opfer soll sich dann alleine mit den Burschen im Zimmer befunden haben. Sie sollte ihnen den Rücken ausknacksen, sollen sie die 15-Jährige aufgefordert haben. Sonst dürfe sie das Zimmer nicht verlassen. „Aufgrund der zahlenmäßigen und körperlichen Überlegenheit“ sei das Mädchen eingeschüchtert gewesen. „Sie hatte Angst“, so die Staatsanwältin. Deshalb sei sie der Aufforderung nachgekommen.
Vier Burschen von Schule verwiesen
Danach habe ihr einer der Angeklagten ein Bein gestellt, sie sei gestürzt. „Während sie am Boden lag, haben die anderen das Zimmer verlassen und haben es zugesperrt.“ Alleine im versperrten Raum, habe das Opfer eine Freundin aus ihrer Klasse angerufen. Drei der Angeklagten sollen danach wieder ins Zimmer gekommen sein. „Einer hat angekündigt, sie in einen Kasten zu sperren. Er meinte, sie dürfe erst gehen, wenn sie einem Mitschüler den Hintern ausgewischt hat“, las die Staatsanwältin vor. Die Burschen hätten schließlich von ihr abgelassen, weil besagte Freundin immer wieder angerufen habe.
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Die 15-Jährige vertraute sich danach einer Lehrerin an, die die Schulleitung informierte. Vier der fünf mutmaßlich Beteiligten wurden schließlich der Schule verwiesen. Die 15-Jährige befindet sich seit den Geschehnissen im April 2024 in psychologischer Behandlung, wie ihr Anwalt beim Prozess am Freitag sagte. Er forderte 1.350 Euro für die Behandlungskosten und pauschal 1.500 Euro.
Die Schülerin war auch als Zeugin geladen, der Verteidiger beantragte kurz zuvor den Ausschluss der Öffentlichkeit. Dem Antrag wurde stattgegeben. Auch die fünf Angeklagten mussten für die Zeit der Aussage des Opfers den Gerichtssaal verlassen.
Die Verteidiger der Schüler stellten "die Frage nach dem Augenmaß", wie es der Anwalt des Erstangeklagten formulierte. „Das sind Teenager: provokant, energiegeladen, wahrscheinlich übermütig, sicherlich auch ordinär“, sagte er. Der Tatbestand der Nötigung sei "objektiv nicht erfüllt", hieß es, ohne dass man "die Sache" verharmlosen wolle. Aber der Fall gehöre nicht ins Strafrecht, es handle sich eher um "jugendlichen Leichtsinn". Einer der Verteidiger sagte: „Wenn das Nötigung ist, sind ganze Klassen zu verurteilen.“
Das Opfer ist als Zeugin geladen. Ein Urteil wird für den Nachmittag erwartet.