Brot und Spiele: Warum sich Wels als Eventhauptstadt etablieren will
WELS. Handel verliert an Bedeutung, Veranstaltungen und Gastro erobern den öffentlichen Raum
2023 erlebte die Welser Innenstadt ein All-Time-High und auch in diesem Jahr ist die Frequenzentwicklung zufriedenstellend – wobei der Mai und Juni die Jahresprognose für heuer wetterbedingt nach unten drücken könnten. In dieser Zeit hat es nämlich wochenlang geregnet.
Was die politischen Mitbewerber von Bürgermeister Andreas Rabl (FP) manchmal abwertend als "Brot und Spiele" bezeichnen, hat sich für die Innenstadt zu einem Erfolgsmodell entwickelt. Ob es den Bewohnern des Welser Stadtzentrums passt oder nicht: Aus der einstigen Einkaufsstadt ist eine Eventstadt geworden.
Dass der Handel noch immer eine tragende Wirtschaftssäule in der Welser Innenstadt ist und auch bleiben wird, steht außer Zweifel. Der Strukturwandel in der Textilbranche und der Onlinehandel setzen den vielfach noch eigentümergeführten Geschäften aber zu.
Aus diesem Grund hat Wels schon vor Jahren einen Kurswechsel vollzogen. Seither inszenieren Wels-Marketing-Chef Peter Jungreithmair und sein Team mit großzügiger Unterstützung der Politik eine Eventkultur reinsten Wassers. Dazu gehört auch die Gastronomie: "Vor 15 Jahren war der Stadtplatz leer. Schauen Sie sich ihn jetzt an", verweist Jungreithmair auf die lebendige Lokalszene auf dem vielleicht schönsten Hauptplatz in Oberösterreich.
Wirte im Vormarsch
Während die Gastronomen bis dahin von Stadtbeamten schikaniert wurden, damit nur ja kein Sessel über die genau festgelegte Grenze des Schanigartens hinausragte, haben sich die Wirte nunmehr den halben Platz erobert und mit ihnen auch deren Gäste.
Kaffeothek, Café Hoffmann, die In-Lokale MOJO und Marlon sowie Sorry Mama als Neueinsteiger prägen das gastronomische Herz des Stadtplatzes. Vor der Eisdiele Coccinella bildet sich an heißen Tagen eine lange Menschenschlange.
Sehen und gesehen werden, heißt es auch in der Schmidtgasse. Am Samstagvormittag drängen sich die Massen durch das schmale Gässchen, wo am Eck zur Freiung das Mika und auf halbem Weg zur Ringstraße das Café Urbann Besucher magnetisch anziehen. Mit Springer Delikatessen und Taste of Istria gibt es seit dem Vorjahr und seit heuer weitere Zugänge.
Richtig massentauglich wird die Innenstadt erst mit großen Events. Das Welser Stadtfest nach einem gelungenen Relaunch und das vorige Wochenende über die Bühne gegangene MusikfestiWels, das an zwei Tagen 80.000 Besucher zählte, vermitteln Volksfestcharakter. Das Public Viewing im Verlauf der Fußball-EM auf dem Stadt- und Minoritenplatz erzeugte Lärm und Emotionen. Das Welser Innenstadtkriterium nächsten Mittwoch, der City Beach bis 21. August und das FilmfestiWels bis Anfang September gönnen dem Zentrum auch weiterhin keine Atempause.
Mitunter stößt so viel Remmidemmi an Geschmacksgrenzen. Im Vorjahr warnte Wirtschaftsstadtrat Martin Oberndorfer (VP) vor zu viel Spektakel, weil es potenzielle Kunden des Handels vertreiben würde. Der Bürgermeister konterte mit einem galligen Rüffel. Wer Strategien zur Belebung der Innenstadt einem kritischen Blick unterzieht, hat für Rabl blasphemische Züge.
Frei nach dem Motto, dass Zahlen nie lügen
, wurde Wels in Oberösterreichs Eventhauptstadt verwandelt. Kollateralschäden wie lärmgeplagte Bewohner inbegriffen. Angesichts des Erfolges nimmt man solche Kinkerlitzchen gerne in Kauf.
Zu guter Letzt:
Dass interessanterweise Herr Jungreithmair u.a. Geschäftsführer eben dieser beiden GmbHs wurde ja bereits erwähnt. Und auch dass Tourismus-Obmann Helmut Platzer Mitgesellschafter der omnipräsenten Christkind GmbH ist. Und dass die OÖN zumeist sogenannte Medienpartner sind auch, oder?
Doch wie noch der Tenor:
Plunzenwurscht - die Sorgen und Nöte der Mieter, Vermieter und Gewerbetreibenden der Welser Innenstadt.
Alles nur Kinkerlitzchen!
Und in der kalten Jahreszeit toben ein Drittel des Jahres die umstrittenen Dauerveranstaltungen der sogenannten Christkind GmbH. Allen voran Almdorf-"Christzilla" mit anschließenden "EIS-8er".
Mit der traurigen Folge, dass der untere östliche Stadtplatz -sogenannte Bummelzone- mehr und mehr mit derartigen negativen Rahmenbedingungen zu kämpfen hat. Und wenn der frequenzbringende Eissalon seine Türen schließt, weil aufgrund Christkind-GmbH-Aktivitäten das Ladenlokal nicht mehr nutzbar ist, wird der Stadtplatz nach Schema-F wochenlang mit Dauerbeschallung und Eisbearbeitsmaschinen belebt. Die Outdoor-Eisbahn vernünftigerweise der Welser Eissporthalle anzugliedern, konnte bislang erfolgreich boykottiert werden.
Insbesondere die Vermieter und Handeltreibenden haben das Innenstadt-Treiben des Welser Stadtmarketings auszubaden. Die engsten Altstadt-Spots in der warmen Jahreszeit tagelang mit Höllen-Licht und -Lärm zu strapzieren und mit ewigen Auf- und Abbauarbeiten zu blockieren, dient im Großen und Ganzen nur der Selbstbeweihräucherung eines seichten Stadtmarketing. Höchst unplausible Besucherzahlen setzen dem Ganzen die Krone auf.
Die kleine Welser Innenstadt wird sehenden Augens zu Tode belebt, obgleich es ausreichend kommode Ausweichflächen gibt. Doch dort wären die mageren Besucherzahlen weit augenscheinlicher - selbst wenn noch so viele Event- und Messe-Termine auf die Veranstaltungstage bündelt. In der engen mit Ständen vollgeräumten Altstadt reichen hingegen ein paar Dutzend Menschen, um hohe Besucherzahlen suggerieren - die wir uns alle wünschen.
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Was ist nur aus der einstigen Messe- und florienden Einkaufsstadt geworden?
Eine unschön vollgeräumte Veranstaltungs- und Werbefläche, wo inzwischen mehr Lautsprecher-Anlagen, Werbe-Auto-Parcous und Sponsoren-Banner als tatsächliche Besucher gezählt werden. Seit Jahren werden die Welser vom Stadtmarketing-Team Jungreithmair selbstherrlich mit diesem einfallslosen Stadtmarketing sekkiert.
Und diesen wundert es noch, warum Handelsriesen und Filialisten inzwischen einen großen Bogen um Wels machen? Welcher gewissenhafte Property Manager will sich dieses "Potemkinsches Dorf" noch antun?
Es ist nicht weiter vertretbar, warum Gewerbetreibende, Anrainer - Mieter und Vermieter den Großteil des Jahres unter dem "Stadtplatz 44"-Dikat dauerhaft leiden müssen. Schließlich sind es genau diese die für Attraktiviät, Belebung und schöne Fassaden sorgen. Und großteils finanzieren! Und die machen ihren Job gut.
Nicht Politik oder Stadtmarketing - wie man versucht weiszumachen!
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Tut sich wenig in den Kommentaren. Woran es wohl liegt?
An dem so oft vom Stadtmarkting beschworenen "AllTimeHigh" sicher nicht. Vielleicht am obskuren Agenda-Setting gemischt mit einem präpotenten Schreib-Stil. Nicht nur!
Die Reichweite solcher leidigen Advertorials scheint inzwischen so schlecht wie der Vermietungsgrad des Welser Wirtschaftsservice und/oder die Performance des Stadtmarketing.
Das fragliche Konstrukt um Stadtmarketing/Wels Marketing & Touristik GmbH, Tourismusverband, Christkind GmbH, hängt längst in den Seilen. All dies dem Duo Jungreithmair-Platzer in Personalunion auf Ewigkeiten anzuvertrauen, ist unverantwortlich. Seit mehr als einem Jahr ist das offenkundig. Da helfen auch keine geschönten Studien und frisierten Medienbeiträge.
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"Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst die niemand kann", aber ich darf mich für jeden Handgriff bedanken, welche für diese Aktivitäten in der Innenstadt geleistet werden und auch die viele freiwillige Stunden der vielen Vereinsmitgliedern für die Kinderfreuden gehört bedankt. Als ich in der Innenstadt war fühlte ich mich, als wäre gerade die "Probebeleuchtung" auf der Messe und solche "Highlights" braucht eine Stadt. Besonders aber möchte ich hervorheben, dass alle Menschen eingeladen sind, alle Nationen die in Wels leben sind dabei, es wird keine Eintrittskarte benötigt und damit ist kein Mensch in Wels vom Fest ausgeschlossen. Auch mit einer leeren Brieftasche kann man sich mitfreuen, Fotos machen und mit etwas Glück bekommt man einen modische Hut, den man in allen Farben auswählen kann, oder eine Sonnenbrille in die Hand gedrückt! Ganz wichtig ist mir, diese "Internationale Gemeinschaft" bringt ein "Urlaubsfeeling" in die Stadt, dazu die Blumenpracht wie in Meran! Chapeau!
wes Brot ich ess, des Lied ich sing
Übrigens:
Der angesprochene Artikel "Kulinarische und modische Neuzugänge in Wels" wurde
diese Woche, am Dienstag Nachmittag ( 16. Juli 2024), veröffentlicht.
Erratum (2.Absatz) .... Erst kürzlich hat man JEDOCH juristische Schlappen von Anrainerseite hinnehmen müssen.
in Eile - natürlich "Dilemma" - obgleich in diesem traurigen Kontext die falsche Schreibweise passender klingt ;)
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Nun holt man medial wieder mal zum verzweifelten Rundumschlag aus - insbesondere gegen Opposition, Innenstadt-Bewohner, Vermieter, Kaufleute und gegen alle, die sich gegen das höchst fragwürdige Veranstaltungs- und Vermarktungs-Monopol zu Recht in Frage stellen.
Die letzten Jahre hat dieses Medien-Bashing-Modell bis auf Ausnahmen bestens funktioniert. Erst kürzlich hat man juristische Schlappen von Anrainerseite hinnehmen müssen.
Wenn also nun von der "Stadtplatz 44-Zentrale" die bewährten Medienpartner derart emphatisch in Stellung gebracht werden, scheint es um das Welser Innenstadt-Dillema wohl weit schlechter bestellt zu sein.
Abgründig. Der wohl skurrilste Wels-Artikel des Jahres. Oder sollte man besser sagen: Kolumne.
Bislang völlig unkommentiert. Schauen wir mal, was bis Anfang kommender Woche eintrudelt. Mehr oder weniger unkommentiert blieb auch "Kulinarische und modische Neuzugänge in Wels" Anfang dieser Woche. in der Zwischenzeit werden wir Nun werden wir das nun nachholen.
Mit den rohrkrepierenden Musik-Events und vor allem der prekären Situation in den Welser A-Lagen geht auch Sinkflug von Stadtmarketing-Direktor Jungreithmair und Tourismusobmann Platzer einher. Letzteren kennt der ein oder andere auch als Mitgesellschafter der umstrittenen Christkind GmbH, die mit ihren mehrmonatigen Dauerveranstaltungen am unteren Stadtplatz in der Kritik steht.
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80.000 Besucher?? Erinnert irgendwie an die alten Messezeiten wo verkündet wurde es waren über 1 Mio Leute auf der Welser Messe ;-)
Die Frage ist jedoch, ob soviele Events auf Dauer gut für die Innenstadt ist. Eine Innenstadt lebt auch davon, dass Leute dort wohnen. Wenn jede Woche ein Event ist will dort sicher keiner mehr wohnen. Ein Mittelmaß wäre gut!
Cui bono - wem nützen die ganzen Heißluft-Shows mit so flotten Zahlen?