Rechtspopulistisches Portal finanzierte Gutachten über Journalistin Föderl-Schmid
MÜNCHEN/WIEN. Am Montag hat sich die ehemalige "Standard"-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid, nunmehr Vize-Chefredakteurin der "Süddeutschen Zeitung", vorübergehend aus dem operativen Tagesgeschäft zurückgezogen.
Grund sind Vorwürfe zu ihrem Umgang mit Quellen, die auch ihre Dissertation betreffen. Die Prüfung gab das rechtspopulistische Portal "Nius" bei Plagiatsjäger Stefan Weber in Auftrag, berichtete der "Spiegel". Weber bekam demnach einen niedrigen vierstelligen Betrag für seine Arbeit. "Nius", bei dem Ex-"Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt, der 2021 wegen Compliancevorwürfen das deutsche Boulevardblatt verlassen hatte, an Bord ist, berichtete am Montag zuerst über Details aus dem Plagiatsgutachten des Salzburger Kommunikationswissenschafters.
Einen Hinweis auf die Finanzierung sparte das Portal aber aus. Wie aus einer dem "Spiegel" vorliegenden E-Mail hervorgeht, habe es eine enge Absprache zwischen "Nius" und Weber etwa in Bezug auf ein gemeinsames Wording zum Auftraggeber gegenüber anderen Medien gegeben. So hielt etwa die dpa am Montag nach erfolgter Nachfrage bei Weber fest, dass "ein Kunde" die Arbeit in Auftrag gegeben habe.
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Diplom- und Dissertationsarbeit überprüft
Die Prüfung wurde vergangenen Dezember in Auftrag gegeben und umfasst Föderl-Schmids Diplom- als auch die 1996 eingereichte Dissertationsarbeit. Nicht beteiligt war Weber an Recherchen zu Artikeln der Vize-"SZ"-Chefredakteurin, die bereits vor wenigen Monaten wegen nicht ausgewiesener Quellen in die Kritik kamen. Weber betonte, dass das Gutachten inhaltlich unabhängig von "Nius" entstanden sei. In seiner Arbeit wies er darauf hin, dass er wie auch Föderl-Schmid am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg studiert habe, sie ihm aber persönlich nicht bekannt sei. Das zeigt ein Auszug, den "ZiB 2"-Anchorman Armin Wolf am Dienstag auf X (früher Twitter) veröffentlichte.
Persönlich bekannt sei ihm aber der Begutachter der Dissertation, räumt Weber einen möglichen Interessenskonflikt ein. Schließlich habe er mit diesem als junger Forschungsassistent "seinen ersten schwerwiegenden wissenschaftlichen Konflikt" gehabt.
Die vor ihrer Position in München unter anderem als "Standard"-Chefredakteurin tätige Föderl-Schmid hat mittlerweile selbst die Universität Salzburg um eine Prüfung ihrer Dissertation gebeten. Auch die "SZ" schaltete eine externe Kommission ein. Für eine Stellungnahme steht Föderl-Schmid derzeit nicht zur Verfügung.
Erste Chefredakteurin einer österreichischen Tageszeitung
Die 53-jährige gebürtige Oberösterreicherin ist eine der prominentesten Journalistinnen Österreichs, die unter anderem mit dem Kurt-Vorhofer-Preis und dem Ari-Rath-Preis ausgezeichnet wurde. Sie arbeitete 27 Jahre lang für "Der Standard" - zunächst in der Oberösterreich-Redaktion, später als Korrespondentin in Berlin und Brüssel. 2006 übernahm sie das Wirtschaftsressort der Qualitätszeitung und stieg 2007 als erste Frau zur Chefredakteurin einer österreichischen Tageszeitung auf. Ab 2012 war sie neben Oscar Bronner Co-Herausgeberin. 2017 verließ sie den "Standard", um als Israel-Korrespondentin für die "SZ" zu arbeiten. Seit 2020 agiert sie als stv. Chefredakteurin der deutschen Zeitung, wo sie nun das operative Tagesgeschäft vorübergehend ruhend stellte.