Red Bull verleiht Handgas: Vom Rollstuhl in den Porsche
SPIELBERG. Der querschnittgelähmte Salzburger Tausendsassa Reini Sampl gibt Nachhilfe in Sachen Fahr- und Lebenstüchtigkeit.
Der Red-Bull-Ring in der Steiermark ist nicht nur eine Rennstrecke für Motorsport-Profis aus der Formel 1 oder der Motorrad-WM, er erfüllt zwischen den Renn-Wochenenden auch als viel frequentierter Vergnügungspark für notorisch motorisch veranlagte Benzinbrüder und -schwestern seine Daseinsberechtigung. Nicht zuletzt dem Lungauer Reini Sampl ist es zu verdanken, dass der Zugang zu den Vollgas-Selbsterfahrungen seit einiger Zeit auch barrierefrei ist.
Der sportliche Tausendsassa, der seit einem Ski-Unfall vor 30 Jahren querschnittgelähmt ist, hat sich dafür starkgemacht, dass die Porsche-Flotte des Driving-Centers auch für Rollstuhlfahrer zugänglich wird. Er klopfte damit bei Hausherr Red Bull an eine ohnehin offen stehende Tür. Die Inklusion hat der Rote Bulle seit Jahren ganz groß auf seine Fahnen geschrieben. Dass so ein Porsche mit Hand-Gas Flügel verleiht, haben wir neulich anlässlich des Tages der Inklusion selbst erfahren dürfen.
Drehen oder drücken? Das ist die Frage, die ein potenzieller Handgas-Porschefahrer beantworten darf, denn zwei Systeme stehen auf dem Red-Bull-Ring zur Auswahl. Der Umbau vom Fußgänger- auf den Rollstuhlfahrer-Modus funktioniert recht flott, im Driving-Center geht man inzwischen routiniert mit individuellen Wünschen um. "Dass Menschen mit Querschnittlähmung gemeinsam mit ihren nicht beeinträchtigten Freunden die Fahrtrainings absolvieren können, ist wirklich gelebte Inklusion", sagt Sampl, der nach seinem folgenschweren Ski-Unfall zum Spitzensportler avancierte. Nach seinen Alpin-Erfolgen bei den Paralympics ist der 50-Jährige inzwischen im Motorsport angekommen. Egal ob Rallye oder Rundstrecke, der Audi-Markenbotschafter gehört auch ohne aktiven Gasfuß zu den flotten Racern im Starterfeld. Daneben unterrichtet Sampl als Fahrtrainer für Polizei- oder Rettungskräfte beziehungsweise als Vortragender bei diversen Events seine Lieblingsgegenstände Fahr- und Lebenstüchtigkeit.
In einem Porsche 718 Cayman S mit der Hand anzugasen, ist übrigens einfacher, als man denkt. Relativ schnell hat man sich im wahrsten Sinne des Wortes an das "Handling" gewöhnt – und den Fliehkräften ist es egal, auf welche Weise den 350 Pferdestärken die Peitsche gegeben wird. Der einzig wirklich große Unterschied zur Version mit den Fußpedalen: Gelenkt wird einhändig, da die rechte Hand mit Gasgeben und Bremsen beschäftigt ist.
Positiver Effekt: WhatsApp-Schreiben oder Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung und Handgas-Porschefahren geht gar nicht. Negativer Effekt: Beim übermütigen Driften kannst du das Heck des Porsches mit einem beherzten Übergreifen am Lenkrad nicht einfangen, da schleudert man relativ unvermittelt ins "Seitenout". Kein Problem im Driving-Center des Red-Bull-Rings, wo es genügend Auslaufzonen für ausbrechende Pferdestärken gibt. Und der draußen postierte Herr Instruktor hat sich auch schnell genug in Sicherheit gebracht.
- Infos über die Fahrerlebnisse am Red-Bull-Ring (im Leih-Porsche ab 85 Euro) unter redbullring.com