Nationale Plattform gegen Gewalt soll Frauen und Mädchen besser schützen
WIEN. Beratungs- und Schutzeinrichtungen werden österreichweit vernetzt, Angebote zur Prävention ebenfalls ausgebaut.
Zwölf Morde an Frauen, 7328 Betretungs- und Annäherungsverbote sowie 6064 Verpflichtungen zum Antigewalttraining: Das ist die österreichweite Bilanz des ersten Halbjahres 2024. Auch wenn die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken sind, ist Gewalt gegen Frauen und Mädchen ein ungebrochen relevantes Thema.
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Daher gibt es nun eine bundesweite Gewaltschutzstrategie, die gestern von Frauenministerin Susanne Raab gemeinsam mit Innenminister Gerhard Karner (beide VP) präsentiert wurde. Kernstück ist die "Nationale Plattform gegen Gewalt an Frauen", die im Frauenministerium angesiedelt ist und am 1. Juli ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Sie ist das neue Dachgremium für die Gewaltschutzorganisationen und soll die Vernetzung untereinander fördern.
Erfahrungen austauschen
Laut Raab sind rund 30 Organisationen aus Bund, Ländern, Gemeinden, Forschung und der Zivilgesellschaft bei der Plattform eingebunden. Der Erfahrungsaustausch zwischen den einzelnen Einrichtungen soll dabei helfen, die bestehenden Strukturen optimal zu nutzen. Außerdem soll das Beratungsnetzwerk weiter ausgebaut werden. "Uns alle eint die Vision einer gewaltfreien Gesellschaft für Frauen und Mädchen", sagt die Frauenministerin.
Fünf Femizide an Wochenende
Anlass für die Erarbeitung der Strategie habe laut Karner das "brutale Wochenende" Ende Februar gegeben, an dem fünf Frauen innerhalb von 21 Stunden gewaltsam ermordet worden seien. Man habe danach nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können, sagt der Innenminister. Seit 14. Mai wurde daher mit rund 200 Akteuren aus der Praxis an dem Maßnahmenpaket gearbeitet.
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Für die Geschäftsführerin der Gewaltschutzzentren Oberösterreich, Eva Schuh, ist die Bündelung der Ressourcen einer der wichtigsten Punkte. Die Spezialisierungen – beispielsweise auf Gewaltschutz oder Scheidungsberatung – unterschieden sich je nach Einrichtung. Deswegen sei es vor allem in ländlichen Regionen wichtig zu wissen, wo es welche Angebote gebe. "So kommt jede Frau möglichst schnell zu jener Stelle, wo sie genau das bekommt, was sie braucht", sagt Schuh im OÖN-Gespräch. Diese Angebote würden auch deutlich häufiger nachgefragt, sagt Sophie Hansal, Geschäftsführerin des Netzwerks der österreichischen Frauen- und Mädchenberatungsstellen.
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Ein Männerthema
Obwohl Gewalt gegen Frauen oft als Frauenthema aufgefasst werde, sei es laut Schuh eigentlich ein Männerthema, "weil die Gewalt meist von Männern ausgeht". Es sei zwar sehr wichtig, die Frauen zu stärken, aber es müssten auch Männer sensibilisiert werden, damit sie sich für den Gewaltschutz aktiv einsetzten. "Es reicht nicht, wenn jemand sagt: Ich schlag eh keine Frauen", sagt Schuh.
Der Ausbau der Präventions- und Sensibilisierungsarbeit ist deswegen auch Teil der Gewaltschutzstrategie. "Es geht darum, Frauen nachhaltig zu schützen", sagt Hansal.
Im Bundeskriminalamt wird es in dem Zusammenhang ab 1. August ein Büro für Gewaltschutz geben. Dazu kommen für jedes Bundesland eigene Koordinatoren.
Nummer der Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555