Ismail Haniyeh - er war der Chefverhandler der Hamas
GAZA. Der 62-Jährige galt innerhalb der Terrororganisation als "Realpolitiker"
Mit der Tötung von Ismail Haniyeh verliert die Hamas ihren wohl wichtigsten Anführer außerhalb des Gazastreifens. Haniyeh war über Jahrzehnte Teil der Terrororganisation.
Im laufenden Krieg mit Israel im Gazastreifen hatte er eine entscheidende Rolle dabei, über die Vermittler Katar, Ägypten und USA mit Israel über eine Waffenruhe in Gaza und eine Geiselfreilassung zu verhandeln. Haniyeh wurde 62 Jahre alt.
Geboren wurde er 1962 im Flüchtlingslager Shati ("Strand") in Gaza. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Seine Eltern waren aus Askalan vertrieben worden, das heute als der israelische Ort Ashkelon bekannt ist.
Nach dem Schulabschluss studierte Haniyeh arabische Literatur. Zur Hamas stieß er Ende der 80er-Jahre während der ersten Intifada, des Palästinenser-Aufstands gegen die israelische Besatzung. In den Jahren darauf saß er mehrere Haftstrafen in israelischen Gefängnissen ab, 1993 kehrte er nach Gaza zurück.
Bald machte er sich einen Namen als enger Vertrauter des spirituellen Hamas-Führers Ahmed Yassin, der 2004 bei einem gezielten Luftangriff Israels getötet wurde. Nach dem Sieg der Hamas über die rivalisierende palästinensische Fatah-Bewegung bei den Wahlen 2006 diente er kurze Zeit als Ministerpräsident der Palästinensischen Autonomiebehörde.
Haniyeh war zur politischen Führungsfigur geworden und wurde bald darauf auf die US-Liste der weltweit agierenden Terroristen gesetzt. Seit 2017 leitete er das Politbüro der Hamas – seit 2019 aus dem Exil in Katar, wo er mit einem Teil seiner Familie lebte. Heuer im April wurden in Gaza bei einem israelischen Luftangriff aber auch drei seiner Söhne und vier seiner Enkelkinder getötet.
Machtverschiebung zu Sinwar
Israel machte ihn mitverantwortlich für den Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober, der zum Gaza-Krieg führte, und hatte angekündigt, die gesamte Führungsriege der Hamas auszuschalten.
Innerhalb der Hamas wurde Haniyeh als eher realpolitische Stimme gesehen. Er galt als moderater als Yahya Sinwar, der Hamas-Anführer im Gazastreifen, dessen Macht in den vergangenen Jahren zusehends gewachsen war.