Orbán über die Ukraine: "Dieser Krieg ist verloren"
WIEN/KIEW. Der Krieg in der Ukraine ist verloren. Davon ist Ungarns Premier Viktor Orbán überzeugt, wie er in einem Podiumsgespräch der Schweizer Zeitung "Weltwoche" am Donnerstag in Wien sagte.
Es müsste ehebaldigst einen Waffenstillstand geben. Große Hoffnungen setzt er dabei auf eine Wiederwahl von Ex-US-Präsident Donald Trump. Dieser würde laut Orbán sofort diesbezügliche Verhandlungen mit Russland aufnehmen.
Orbán nahm gemeinsam mit Deutschlands Altkanzler Gerhard Schröder an der Veranstaltung der Schweizer Wochenzeitung "Weltwoche" mit dem Titel "Frieden in Europa" teil. Moderiert wurde die ausgebuchte Podiumsdiskussion in den Sofiensälen in Wien-Landstraße von "Weltwoche"-Herausgeber Roger Köppel. Er hatte im Juni Orbán auf dessen umstrittenen Besuch bei Russlands Präsident Wladimir Putin begleitet.
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Orbán schilderte seine Überlegungen, warum er zum Auftakt der aktuellen ungarischen EU-Ratspräsidentschaft seine umstrittene Ukraine-Friedensmission in Angriff genommen hatte. In deren Rahmen war er nach Kiew, Moskau, Peking, Washington und in Trumps Residenz in Mar-a-Lago in Florida gereist.
Video: Vor seinem Auftritt bei der Podiumsdiskussion traf Orban Rosenkranz und Kickl
"Die Zeit arbeitet gegen sie"
"Ich wollte beide Seiten überzeugen, dass die Zeit gegen sie arbeitet", erklärte Orbán. Er habe einen baldigen Waffenstillstand erreichen wollen. Doch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe gemeint, dass die Lage an der Front nicht schlechter werden würde, "im Gegenteil, sie würden siegen". Russlands Präsident Putin habe wiederum Garantien verlangt, dass der Gegner einen Waffenstillstand nicht dafür nutzt, um wieder aufzurüsten. "Diese Garantien konnte ich ihm nicht geben."
In weiterer Folge habe er sich daher bemüht, internationale Verbündete zu gewinnen, "die auf beide Seiten Druck ausüben". Peking und Ankara habe er ins Boot holen können, "doch die Europäer wollten kein gemeinsames Friedenslager mit China und der Türkei haben", beklagte Orbán.
Schröder würdigte "Friedensinitiative"
Der ehemalige SPD-Politiker Schröder, der von 1998 bis 2005 deutsche Kanzler gewesen war, würdigte Orbáns Bemühungen um einen Frieden zwischen Russland und der Ukraine. Deutschland und Frankreich sollten den ungarischen Regierungschef in diesem Bestreben unterstützen, meinte er. "Es ist interessant: Seit wann wird man wegen Friedensinitiativen gescholten?"
Schröder, den mit Putin eine langjährige persönliche Freundschaft verbindet, hatte selbst kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine, im Frühjahr 2022, einen gescheiterten Vermittlungsversuch gestartet. Er meinte bei dem Gespräch in Wien, Putin wisse "um die Zwecklosigkeit dieses Krieges". Die Europäer müssten mit ihm ins Gespräch kommen, "nicht immer nur erzählen, wer gewinnen muss und wer verlieren soll".
"Europa kann keinen Frieden schaffen"
Orbán beklagte seinerseits die mangelnde Friedensinitiative aus Europa: "Europa kann derzeit keinen Frieden schaffen. Es kann nur Krieg schaffen, aber keinen Frieden", so der ungarische Premier. "In der europäischen Politik fehlt vollkommen das Nachdenken über Russland", kritisierte Orbán. "Russland ist ein christliches Land, ein europäisches Land, ist trotzdem anders als wir", führte er aus. Russland spreche "die Sprache der Macht". Das sei auch der Grund, warum Orbán darauf vertraut, dass Trump einen schnellen Waffenstillstand in der Ukraine herbeiführen kann: "Für die Amerikaner ist es nicht schwer, die Russen zu verstehen, weil sie ebenfalls die Sprache der Macht sprechen." Wenn Trump mit den Russen verhandelt, wird es dort "kein Moralisieren geben, dort wird es Realpolitik geben".
Der ungarische Regierungschef trägt die EU-Sanktionen gegen Russland zwar im Wesentlichen mit, pflegt aber dennoch gute politische und wirtschaftliche Beziehungen zu Moskau.
Orbán hatte sich bei seinem Wien-Besuch am Vormittag im Parlament mit Nationalratspräsident Walter Rosenkranz, FPÖ-Chef Herbert Kickl sowie der Fraktion und der Führung der Freiheitlichen getroffen. Die FPÖ und Orbáns Fidesz gehören beide der neuen Rechtsaußen-Europafraktion "Patrioten für Europa" an.
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