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"Gesundheitliche Probleme": SPD-Generalsekretär Kühnert tritt zurück

Von nachrichten.at/apa, 07. Oktober 2024, 14:20 Uhr
Wer Minister in der "GroKo" werden könnte
Kevin Kühnert, Generalsekretär der deutschen Sozialdemokraten tritt zurück. Bild: AFP

BERLIN. Gut ein Jahr vor der Bundestagswahl tritt Kevin Kühnert als Generalsekretär der deutschen Sozialdemokraten (SPD) zurück. Der 35-Jährige begründete diesen Schritt in einem Brief an Parteimitglieder und Öffentlichkeit mit gesundheitlichen Problemen.

Gut ein Jahr vor der deutschen Bundestagswahl kann er nicht mehr: Aus gesundheitlichen Gründen tritt Kevin Kühnert als SPD-Generalsekretär zurück. Auch für den Bundestag werde er nicht erneut kandidieren, erklärte der 35-Jährige in einem Brief an Parteimitglieder und Öffentlichkeit. Nachfolger soll laut Parteikreisen nach einem Vorschlag der beiden Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil der 55-jährige "Vize" der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, werden.

Miersch habe die einstimmige Unterstützung des SPD-Präsidiums bekommen, hieß es. Miersch, der Co-Vorsitzender der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion ist, ist nun kommissarisch im Amt. Formal muss er auf einem SPD-Parteitag gewählt werden. Bisher gibt es Planungen für einen außerordentlichen Parteitag im Sommer 2025, auf dem nach bisherigen Planungen auch Kanzler Olaf Scholz als Kanzlerkandidat der Partei gekürt werden soll.

Miersch gilt als sehr gut vernetzt in der Partei und hat sehr viel Organisationserfahrung. Zudem gilt er als Experte auf dem Gebiet der Energie-, Industrie-, Klima- und Wirtschaftspolitik. Diese gelten im Wahlkampf als wichtige Felder der politischen Auseinandersetzung. Eine schnelle Entscheidung über die Nachfolge war mit Blick auf die nahende Bundestagswahl als nötig erachtet worden, zumal es in der Ampel-Koalition anhaltende Spekulationen gibt, ob etwa die FDP die Regierung nicht vorzeitig platzen lässt.

"Entscheidungen haben mich Überwindung gekostet"

Mit Kühnert verlieren die Sozialdemokraten in Deutschland in einer strategisch wichtigen Phase ihren Wahlkampf-Manager - und vorerst eins ihrer größten politischen Talente. Im Wahlkampf müsse jeder in der SPD über sich hinauswachsen, hatte Kühnert noch vor wenigen Tagen gesagt. Nun muss er eingestehen: "Ich selbst kann im Moment nicht über mich hinauswachsen, weil ich leider nicht gesund bin." Die Energie, die für sein Amt und einen Wahlkampf nötig sei, brauche er auf absehbare Zeit, um gesund zu werden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur handelt es sich nicht um körperliche, sondern mentale Probleme. "Deshalb ziehe ich die Konsequenzen", schrieb Kühnert. Vorerst zieht er sich komplett aus der Politik zurück.

"Diese Entscheidungen haben mich Überwindung gekostet und sie schmerzen mich, weil ich meine politische Arbeit mit Herzblut betreibe", erklärte der Berliner. Doch er trage Verantwortung für sich selbst und für die SPD. "Indem ich mich jetzt ganz um meine Gesundheit kümmere, glaube ich, meiner doppelten Verantwortung am besten gerecht zu werden."

"Politik ist nicht alles"

Kühnert ist seit 2021 Generalsekretär der Sozialdemokraten und zog im selben Jahr in den Bundestag in Berlin ein. Zuvor wurde er als Vorsitzender der Jusos deutschlandweit bekannt - unter anderem, weil er eine Kampagne gegen eine Große Koalition (GroKo) aus christdemokratischer Union und SPD organisierte. 2019 spielte er eine entscheidende Rolle, als die Parteilinken Esken und Norbert Walter-Borjans in der Stichwahl gegen den heutigen Kanzler Olaf Scholz und Klara Geywitz an die SPD-Spitze kamen.

Parteichef Lars Klingbeil betonte, jetzt gehe es vorrangig um Kühnert und seine Gesundheit. Das politische Geschäft sei fordernd und anstrengend. Doch: "Politik ist nicht alles." Parteichefin Saskia Esken bat darum, Kühnert Raum und Zeit für die Genesung zu geben. "Für ihn wird, wenn er irgendwann dafür bereit ist und es möchte, immer eine Tür offen stehen", versicherte sie.

"Gesundheit ist das Allerwichtigste"

Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dankte Kühnert für eine "sehr gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit". Auf Instagram schrieb der Regierungschef: "Gesundheit ist das Allerwichtigste. Darum wünsche ich dir von Herzen gute Besserung und die Zeit, die du dafür brauchst."

Für die Partei kam der Schritt offenkundig nicht überraschend. Noch am Abend sollen Gremien zur Nachfolge tagen, zeitnah soll ein Name genannt werden. "Wir sind vorbereitet", sagte Esken. Vorerst könnte ein Generalsekretär kommissarisch ins Amt kommen, gewählt werden könnte er dann auf dem ohnehin geplanten außerordentlichen Parteitag im Sommer, auf dem auch der SPD-Kanzlerkandidat gekürt werden soll.

Gesucht wird nun ein Sozialdemokrat, der aus dem Stegreif nicht nur die Organisation eines schwierigen Bundestagswahlkampfs übernehmen kann, sondern der zugleich auch dem Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz Paroli bieten kann. Ohne Anlaufzeit müsste er zum Beispiel Debatten zur Industriepolitik, zur Rente und Migration bestehen können. Das spricht für eine erfahrene Politikerin oder einen erfahrenen Politiker.

Weitere Schwächung für Ampel? 

Für die Ampel aus SPD, Grünen und FDP könnte Kühnerts Rückzug eine weitere Schwächung bedeuten. Denn nun suchen nicht nur die Grünen nach der Rücktrittsankündigung des gesamten Vorstands neue Führungspersönlichkeiten, sondern auch die Sozialdemokraten. Anders als bei den Grünen liegt das aber nicht an den schlechten Wahlergebnissen - auch wenn Kühnert nach der SPD-Schlappe bei der Europawahl in der Kritik stand.

Der scheidende Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour wünschte Kühnert im Namen seiner Partei vollständige Genesung und bedankte sich für die "vertrauensvolle Zusammenarbeit" in den vergangenen drei Jahren.

Kein einfaches Erbe

Kühnerts Rolle in der SPD wird nicht einfach zu übernehmen sein. Der junge Berliner ist seit 2021 Generalsekretär der Sozialdemokraten und zog im selben Jahr in den Bundestag ein. Zuvor galt er jahrelang als oberster Querulant der SPD. Er war das Gesicht der No-GroKo-Kampagne von 2018, wollte als Juso-Chef eine Regierung aus Union und SPD verhindern. Bei der Wahl zum SPD-Vorsitz 2019 unterstütze er das linke Duo aus Esken und ihrem Mitbewerber Norbert Walter-Borjans - zusammen gewannen sie. Kühnert wurde daraufhin zum Parteivize gewählt.

Meinungsstark ist er seitdem geblieben. Kühnert tritt für die SPD in zahlreichen Talkshows an, äußert sich dort inzwischen aber bedachter und, so scheint es, schluckte für den Erfolg seiner Partei auch einiges runter. "Er hat entscheidend dazu beigetragen, dass es Stabilität in der SPD gab und er hat entscheidend dazu beigetragen, dass unsere Partei sich weiterentwickelt hat in den letzten Jahren", betonte Klingbeil.

Respekt auch von politischen Gegnern 

Auch auf den Parteichef könnten durch Kühnerts Rückzug neue Aufgaben zukommen. Denn er war der Kopf des erfolgreichen Wahlkampfs vor der vergangenen Bundestagswahl. "Meine feste Überzeugung ist es, dass man Erfolg organisieren kann", sagte Klingbeil nun. Das könnte darauf hindeuten, dass er selbst eine aktivere Rolle in der Strategieplanung einnehmen könnte.

Auch politische Gegner zollten Kühnert nach seiner Entscheidung öffentlich Respekt. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte der "Rheinischen Post": "Ich habe Kevin Kühnert als verdammt ehrlichen Kollegen kennengelernt. Die Zusammenarbeit war trotz politischer Differenzen immer verlässlich und vertrauensvoll." Doch Gesundheit müsse immer vorgehen.

Der Artikel wurde zuletzt um 19:07 Uhr aktualisiert. 

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9  Kommentare
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cornusmas (336 Kommentare)
am 07.10.2024 20:24

Schlimm, wie sich so mancher Poster freut, wenn jemand gesundheitliche Probleme hat.

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fai1 (6.389 Kommentare)
am 07.10.2024 20:42

bei den Troubles in der Ampel hätte ich auch mentale Probleme.

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Hanspeter (528 Kommentare)
am 07.10.2024 19:53

Wie bei den Grünen. Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.

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soistes (3.654 Kommentare)
am 07.10.2024 18:58

Mit 35 schon keine Nerven mehr? Schwächlich.

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NedDeppat (15.375 Kommentare)
am 07.10.2024 19:46

Besser als die aktuellen Umfragewerte oder das Abschneiden bei den letzten Wahlen anzugeben,... für Sozialismus würd ich auch nicht meine Gesundheit aufs Spiel setzen.

Baldige Besserung sei gewünscht. ;)

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maierei (1.525 Kommentare)
am 07.10.2024 17:15

Sehr gut!!! Nun bröckelt auch die rote Phalanx

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her (8.102 Kommentare)
am 07.10.2024 16:45

Die 🚥 schafft sich ab

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Blitzer60 (1.322 Kommentare)
am 07.10.2024 16:14

Sehr schade, war ein Politiker mit Verstand.

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u25 (5.523 Kommentare)
am 07.10.2024 15:32

höchste Zeit

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