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Helmut Schüller: „Wir konnten unsere Basis mehr als erwartet verbreitern“

Von Heinz Niederleitner, 09. Mai 2012, 00:04 Uhr
Helmut Schüller auf Tour
Helmut Schüller Bild: OON

Helmut Schüller kann zufrieden sein: Seine Pfarrer-Initiative ist in Deutschland zum großen Thema geworden. Wie es international mit ihr weitergehen soll, erklärt er im OÖNachrichten-Interview.

OÖN: Sie werden während des deutschen Katholikentags in Mannheim sein. Warum ist es dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken so wichtig, dass sie nicht auf einer offiziellen, sondern „nur“ bei einer alternativen Veranstaltung auftreten?

Schüller: Ich vermute, das ist Nervosität: Man fühlt einen Druck – seitens der Bischofskonferenz oder auch Roms, das weiß ich nicht. Offensichtlich will man sich keinen Unmut zuziehen. Das ist verwunderlich, wenn man bedenkt, dass ein „Zentralkomitee“ doch eine selbstbewusste Vertretung der Katholiken sein könnte und wenigstens eine Diskussionsveranstaltung aushalten müsste.

OÖN: Das einflussreiche Magazin „Der Spiegel“ berichtet über die Distanzierung des Komitees. Nützen oder schaden Ihnen Vorfälle wie dieser oder das Auftrittsverbot durch den Hildesheimer Bischof?

Schüller: Durch diese Taktik wird das genaue Gegenteil des Erwünschten erreicht: Es wird Interesse an uns geweckt. Das Echo zeigt, dass es eine Resonanz gibt: Wenn unsere Vorstellungen so abseitig wären, dann würde sich niemand darum kümmern. Die Medien reagieren nicht nur auf Sensationen, sondern sie spüren auch, dass es Widerhall an der Kirchenbasis gibt.

OÖN: Sie haben 2012 zum „Jahr der Internationalisierung“ der Pfarrer-Initiative erklärt. Dass Sie Kontakte nach Deutschland und Irland haben, ist bekannt. Wohin „internationalisieren“ sie noch?

Schüller: Zum Beispiel in Belgien. In Frankreich gibt es einen Kreis von Priestern, der von Anfang an Solidarität und Sympathie für uns bekundet hat. Wir haben Kontakte nach Australien. Einen Dauerkontakt gibt es zur US-amerikanischen Association of Catholic Priests: Im Juni wird eines unserer Vorstandsmitglieder in den USA ein Referat halten. Einzelne Kontakte haben wir zu Priestern auf fast allen Kontinenten. Es fällt uns gar nicht leicht, das offensiv zu betreiben, weil wir unsere Arbeit als Pfarrer normal weitermachen und uns nur in der Zeit engagieren, die uns bleibt. Aber heuer ist uns einiges zu Hilfe gekommen: Die Papstpredigt am Gründonnerstag oder auch manche offene Abwehrhaltung: Das hat uns Aufmerksamkeit gebracht. So konnten wir 2012 – mehr als wir erwartet haben – unsere Basis verbreitern.

OÖN: Hand aufs Herz: Wird Ihnen das organisatorische Rückgrat Ihrer Pfarrer-Initiative nicht zu klein?

Schüller: Im jetzigen Stadium geht es kaum mehr, alles nebenher zu machen. Aber wir wollen nichts „verapparatisieren“ und nicht die Zentrale für immer mehr Gruppen sein. Unsere Strategie ist, dass sich die Dinge dezentral weiterentwickeln. Die Kunst dabei ist, die Kommunikation aufrecht zu erhalten, wenn Gruppen in den einzelnen Ländern ihre eigene Arbeit machen. Es würde weltkirchlich der Eindruck nicht stimmen, dass alles von Österreich gesteuert wird. Hierzulande müssen wir den Kontakt mit unseren Sympathisanten flinker gestalten.

OÖN: Die Pfarrer-Initiative hat heuer den Herbert-Haag-Preis erhalten. Wollen Sie das Preisgeld von 10.000 Euro für den Ausbau der Organisation nutzen?

Schüller: Wir wissen nicht, was passiert: Vielleicht müssen wir Mitgliedern für einige Zeit aushelfen, wenn jemand suspendiert werden sollte. Daher lassen wir das Geld auf einer Missionsbank arbeiten, wo es in Form von Mikrokrediten etwas Gutes tut.

OÖN: Aussagen aus dem Vatikan machen Ihnen keine große Hoffnung. Warum wollen Sie weiter per Brief mit dem Papst direkt Kontakt aufnehmen?

Schüller: Der Papst hat Fragen gestellt, die wir beantworten wollen. Wir denken, das wäre für seine Information gut, weil er über uns sicher sehr einseitig informiert wird. Wenn uns der Kontakt nicht gewährt wird, werden wir nicht aufhören, unsere Arbeit weiterzumachen. Wir wollen nicht in eine Bettlerposition hinein. Aber der Papst weiß natürlich, dass wir einen Brief schreiben wollen.

OÖN: Der Papst fordert die Änderung der Wandlungsworte („für viele“ statt „für alle“) im deutschen Messbuch. Sie haben schon einmal angedeutet, dass die Änderung des Messbuchs für Sie ein Thema werden könnte ...

Schüller: Wir haben den Verdacht, dass da etwas durchgedrückt werden soll, um bestimmte Kreise zufriedenzustellen. Vor allem verstehen wir nicht, was der Zweck ist. Man wird damit nur das fördern, was man verhindern will: Nämlich, dass Priester, die diese Änderung nicht mittragen können, eigene Wege gehen. Wir sehen, dass die Diskussion in Irland, wo es schon ein neues Messbuch gibt, Verärgerung und fast Verzweiflung bei Pfarrern ausgelöst hat. Soweit ich informiert bin, wurde der erste Entwurf des neuen deutschen Messbuchs von den Bischöfen zurückgewiesen – und das will etwas heißen.

 

Die Pfarrer-Initiative

 

405 Mitglieder (Priester und Diakone) hat die Pfarrer-Initiative laut eigenen Angaben auf ihrer Homepage (Stand 14. April 2012). Dazu kommen 73 unterstützende Priester und Diakone sowie 2307 Laien, die die Gruppe ebenso unterstützen.
Ungehorsam
„Priesterrebell“: Mit dem „Aufruf zum Ungehorsam“ versetzte die Initiative die römisch-katholische Kirche in Aufregung. Die Verfasser kündigen z. B. an, wiederverheirateten Geschiedenen die Kommunion zu reichen oder sich für die Frauenweihe auszusprechen. Der Papst hat den „Ungehorsam“ vor Ostern angesprochen. Österreichs Bischöfe halten Kontakt zu den Initiativen-Vertretern. Deutsche Bischöfe grenzen sich scharf ab: Zum Beispiel durfte Schüller in der Diözese Hildesheim nicht auftreten. Das Magazin „Der Spiegel“ schreibt dazu in seiner aktuellen Ausgabe, dass „katholische Kirchenobere“ in Deutschland den „Priesterrebellen aus Österreich“ fürchten würden.
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2  Kommentare
2  Kommentare
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gegenstrom (16.154 Kommentare)
am 09.05.2012 07:21

Man kann der Initiative nur gratulieren und viel Erfolg wünschen.
Es ist inzwischen soweit, dass diese "Aufmüpfigen" nicht mehr bestraft werden können, weil damit die Mehrheit der Gläubigen verloren ginge.
Eines soll auch die Hierarchie zur Kenntnis nehmen: Die Kirche ist für die Menschen da und nicht die Menschen für die Kirche!

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stop (83 Kommentare)
am 09.05.2012 11:25

der Krieg ist für Rom verloren, aber sie werden sicher noch einige Schlachten schlagen, bis sie es kapieren/akzeptieren. Leider befürchte ich, dass es ohne "Opfer" auf Seiten der Priesterinitiative nicht gehen wird. Ich rechne damit, dass Schüller dieses Opfer sein wird - in welcher Form auch immer.
Doch Schüller steht für die vielen Menschen, die der gegenwärtigen Situation zum Opfer fallen (ausgebrannte, bzw. unter dem Zölibat leidende Priester, ausgeschlossene Wiederverheiratete, Gemeinden ohne Eucharistie,...)
Schpller und die PI sind ein Zeichen dafür die Opferrolle aufzugeben und die Dinge selber in die Hand zu nehmen!

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