Heute beendet Van der Bellen erste Runde der "Geheimgespräche"
WIEN. Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger und Grünen-Sprecher Werner Kogler kommen noch in die Hofburg, danach wird eine Erklärung des Bundespräsidenten erwartet
WIEN. Hinter der berühmten mit Ananasdamast verkleideten Tapetentür in der Hofburg lotet Bundespräsident Alexander Van der Bellen seit Freitag die Koalitionsoptionen aus. Den Auftakt machte FP-Chef Herbert Kickl, der den Anspruch auf das Kanzleramt stellte. Am Montag folgten Bundeskanzler und VP-Chef Karl Nehammer sowie SP-Vorsitzender Andreas Babler. Heute empfängt Van der Bellen noch Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger und im Anschluss Grünen-Sprecher Werner Kogler.
Allerfrühestens für Dienstagabend wird erwartet, dass Van der Bellen die Öffentlichkeit über diese erste Gesprächsrunde hinter der Tapetentür informieren wird. Ob er dann bereits einer Partei einen Auftrag zur Regierungsbildung erteilt, ist fraglich. Er könnte auch erklären, dass er zuerst weitere Gespräche zwischen den Parteien abwarten will. In die Überlegungen hineinspielen dürfte auch, dass am kommenden Sonntag in Vorarlberg gewählt wird. Gerade deshalb hofft die Volkspartei darauf, dass das Staatsoberhaupt Wahlsieger Kickl rasch den Auftrag erteilt, damit sich dieser nicht zum Opfer stilisieren könne.
Das Gespräch mit Nehammer dauerte gestern in etwa gleich lange wie jenes mit Kickl. Nach rund eineinhalb Stunden erklärte der VP-Obmann, dass das Gespräch "vertrauensvoll" gewesen sei. Eine ausführlichere Stellungnahme sei erst nach dem Abschluss des Gesprächsreigens geplant, ließ Nehammer wissen.
Verdeckte Karten
Van der Bellen ließ sich nicht in die Karten schauen. Den in der Hofburg wartenden Journalisten erklärte er, dass die Gespräche bisher "super" verlaufen würden.
Auch Babler übte sich in Diskretion. Er verkündete im Anschluss an den Vieraugentermin in der Hofburg, dass das Gespräch "sehr vertrauensvoll" gewesen sei. Man habe sich über die politische Lage in Österreich ausgetauscht.
Im Schnitt erging der Regierungsbildungsauftrag binnen zehn Tagen nach der Wahl. Dieses Mal hatte das Staatsoberhaupt bereits in der Wahlnacht deutlich gemacht, dass es angesichts der schwierigen Ausgangslage dauern könnte, bis Kompromisse gefunden würden. Die FPÖ ist stimmenstärkste Partei, doch dürfte der Anspruch Kickls, Kanzler zu werden, die Partnersuche erschweren. ÖVP und SPÖ haben gemeinsam nur eine hauchdünne Mehrheit, weshalb eine dritte Partei als Partner nötig wäre.
Zeitlich gibt die Verfassung dem Bundespräsidenten keinen Rahmen vor. Theoretisch könnte ihn nur das Parlament zum Handeln zwingen. Der neue Nationalrat konstituiert sich am 24. Oktober. Dann könnte eine Mehrheit im Nationalrat der Regierung das Misstrauen aussprechen, Van der Bellen wäre gezwungen, eine neue einzusetzen. Davon ist freilich nicht auszugehen.
Nehammer trifft Babler
Heute findet auch ein Gespräch zwischen Nehammer und Babler statt. Die beiden kennen einander aus der Zeit, als Nehammer Innenminister war und wegen des Asyl-Erstaufnahmezentrums mit dem Traiskirchner Bürgermeister in Kontakt stand. Man wolle einander besser kennenlernen, nachdem man sich im Wahlkampf als Kontrahenten gegenübergestanden sei, hieß es gestern. Von wem die Initiative zum Gespräch ausgegangen ist, wurde in jeder Partei anders dargestellt. Auch mit Meinl-Reisinger will Babler demnächst ein Gespräch führen, mit Kogler soll noch ein Termin vereinbart werden.
In den Parteizentralen von VP und SP hielt man sich bedeckt: Der Bundespräsident sei am Zug. Zudem müsse man abwarten, was Wahlsieger Kickl plane.
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