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Van der Bellen: "Man fragt sich, wie das alles in eine Legislaturperiode gepasst hat"

Von Lucian Mayringer, 02. Oktober 2024, 19:10 Uhr
Van der Bellen
"Wir sehen uns, im Zweifel bald" – Alexander Van der Bellen bei der Angelobung der Übergangsregierung Bild: (APA/HANS KLAUS TECHT)

WIEN. Der Bundespräsident setzt die Übergangsregierung ein und führt erste Einzelgespräche.

Der dritte Tag nach der Nationalratswahl stand gestern im Zeichen staatlicher Routine: Das schwarz-grüne Kabinett von Karl Nehammer (VP) trat vollzählig bei Alexander Van der Bellen im Maria-Theresien-Zimmer in der Hofburg an, um zunächst aller Ämter enthoben zu werden. Nach kurzem Austausch hinter der Tapetentür mit Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) betraute der Bundespräsident die eben enthobene Regierung mit der Fortführung der Amtsgeschäfte, bis es eine neue Koalition gibt.

Bewegte Jahre

Und weil das dauern kann, bleibt so die Bundesverwaltung weiter handlungsfähig. Im Beisein zahlreicher Journalisten blickte Van der Bellen kurz zurück auf die bewegten fünf Jahre mit Pandemie, Terrorismus, Krieg, Teuerung und zuletzt Hitzesommer und Hochwasser. "Man fragt sich, wie das alles in eine Legislaturperiode gepasst hat", zollte das Staatsoberhaupt den Anwesenden Respekt für das Durchhaltevermögen.

Bei der folgenden Angelobung fehlte nur Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne), die in ihren Job als Kabinettsdirektorin zu Van der Bellen zurückkehrt. Außenminister Alexander Schallenberg (VP) übernahm als dienstältestes Regierungsmitglied Koglers Aufgaben als Vizekanzler, weil dieses Amt in einer Übergangsregierung nicht vorgesehen ist.

Auch sonst folgte alles dem gewohnten Gang, bis hin zu Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (VP), die wieder als Einzige den Amtseid um ein "so wahr mir Gott helfe" ergänzte. In Erwartung einer langwierigen Koalitionssuche wandte sich Van der Bellen zum Abschluss an die Journalisten und sagte lächelnd: "Wir sehen uns, im Zweifel bald."

Tatsächlich steht am Freitag, um 13 Uhr, der nächste Fixpunkt fest, wenn Herbert Kickl (FP) als Chef der nun stimmenstärksten Partei zum Vier-Augen-Gespräch in der Hofburg ist. Dem damit verspäteten Auftakt dieser Runde soll dem Vernehmen nach eine nicht ganz einfache Terminisierung vorausgegangen sein. Am Montag werden jedenfalls nacheinander Nehammer und SP-Chef Andreas Babler beim Bundespräsidenten sein. Der Präsident will alle Gespräche "in der nötigen Ruhe und Tiefe führen."

Obwohl noch nicht festgelegt, dürfte dieser Reigen mit Beate Meinl-Reisinger (Neos) und Kogler zur Wochenmitte abgeschlossen sein. Das bringt Zeit, zumal am darauffolgenden Sonntag in Vorarlberg noch eine Landtagswahl über die Bühne geht.

Danach soll die Phase der Sondierungen beginnen, in denen die Parteien untereinander, diesmal in Fünferteams, die inhaltlichen und atmosphärischen Voraussetzungen für Koalitionsverhandlungen ausloten sollen. Nehammer hat zuletzt Van der Bellen aufgefordert, dabei der Logik des Ersten zu folgen und Kickl mit den ersten Sondierungen zu beauftragen. Was dieser auch selbstständig anstoßen könnte (siehe Kasten). Ob das frühestens in der nächsten Woche der Fall sein wird, ließ Van der Bellen unangesprochen.

Nehammers Auftrag

Obzwar Nehammer wie auch Babler und Meinl-Reisinger eine Koalition mit Kickl weiter ausschließen, sieht der Kanzler auch bei der Regierungsbildung das Staatsoberhaupt in der Pflicht. Der Auftrag dafür müsse aus der Hofburg kommen und ebenfalls an den Chef der stimmenstärksten Partei ergehen.

Ob er dem – realistischerweise frühestens in einigen Wochen – nachkommen wird, ließ Van der Bellen erst recht offen. Weshalb es bei allgemeinen Feststellungen blieb: Ihm sei bei einer Regierungsbildung wichtig, dass die Grundpfeiler der liberalen Demokratie – Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Menschen- und Minderheitenrechte, unabhängige Medien und die EU-Mitgliedschaft – respektiert werden. Er finde darin einige Gemeinsamkeiten mit dem Bundespräsidenten, so eine erste Reaktion des FP-Obmannes.

Von Sondierungsgesprächen zur Regierungsbildung

Die zentrale Rolle des Bundespräsidenten bei der Regierungsbildung ist auf gesetzlich verankerte Aufgaben und auf unverbindliche „Usancen“ gestützt. So kann er gemäß Verfassung einen Bundeskanzler oder eine -kanzlerin ernennen. Alexander Van der Bellen kann dies freihändig tun. Die übrigen Regierungsmitglieder ernennt er auf Vorschlag des Kanzlers.

Das Staatsoberhaupt kann einzelne Minister ablehnen – was bisher einmalig in zwei Fällen im Jahr 2000 passiert ist. Wieder entlassen kann er die ganze Regierung oder nur den Kanzler.
Kein Gesetz, aber in der Praxis üblich ist, dass der Bundespräsident jemanden mit der Regierungsbildung beauftragt, üblicherweise den Chef der im Nationalrat stimmenstärksten Partei.

Gesetzlich nicht geregelt sind die Sondierungsgespräche, die 2000 von Bundespräsident Thomas Klestil als Abtastphase eingeführt worden sind. Demnach können diese auch vom Bundespräsidenten angeregt werden, oder der Chef einer Partei, womöglich wieder jener der stimmenstärksten, lädt dazu ein.

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Autor
Lucian Mayringer
Redakteur Innenpolitik
Lucian Mayringer

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17  Kommentare
17  Kommentare
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sagenhaft (2.383 Kommentare)
am 03.10.2024 12:06

Von der Kulturstaatssekretaerin zur Kabinettsdirektorin zurueckgekehrt. Ist das Postenschacher?

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StevieRayVaughan (5.508 Kommentare)
am 03.10.2024 16:35

"Als Kabinettsdirektorin (2017–2020) hatte sich Mayer karenzieren lassen, ihre SPÖ-Mitgliedschaft ruhend gestellt und nach Ulrike Lunaceks Rücktritt auf einem Ticket der Grünen seit Mai 2020 die Funktion der Kunst- und Kulturstaatssekretärin übernommen."

Wenn man auf seinen karenzierten Posten zurückkehrt, ist das also "Postenschacher"? Sagenhaft...

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LiBerta1 (4.369 Kommentare)
am 03.10.2024 09:19

Pandemie, Terrorismus, Krieg, Teuerung und zuletzt Hitzesommer und Hochwasser

Pandemie wurde von den Politikern aufgebauscht.
Terrorismus haben wir der fehlenden Sorgfalt beim Schutz der Grenzen zu verdanken.
In die Kriege sollten wir uns nicht einmischen, wir sind neutral.
Hitzesommer ist naturgegeben.
Hochwasser gab es immer schon, die Versiegelung und die fehlenden Überschwemmungsgebiete machen das Problem spürbar schlimmer.

Der Terrorismus ist hausgemacht. Die anderen 4 Punkte sind von uns nicht zu beeinflussen. Die Politik reagierte darauf mehr schlecht als recht.

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richie (1.548 Kommentare)
am 03.10.2024 09:37

Schön, dass alles sooo einfach ist.
Für Sie.

In echt sind die Dinge gaaanz leicht komplexer.
Aber so manchem erschließt sich das halt leider nicht ...

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sagenhaft (2.383 Kommentare)
am 03.10.2024 12:09

ja und bemerkenswert ist es dass sich Vanderbellen Gedanken um die Vergangenheit macht und nicht um die Zukunft

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Coolrunnings (2.697 Kommentare)
am 03.10.2024 19:28

Der hat auch schon viel mehr Zeit in der Vergangenheit verbracht, als er in seiner Zukunft verbringen wird......ist einfach Naturgesetz und da kann sich auch ein VdB nicht entziehen.
Wir sollten Ihm also nachsehen, dass er etwas in der Vergangenheit lebt....ist so bei älteren Menschen, und vollkommen natürlich.

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richie (1.548 Kommentare)
am 03.10.2024 09:05

Der BP spricht diese Sache zum Glück sehr bewusst aus.

Sicher ist nicht alles so gelaufen, wie sich das jeder vorstellen würde.
Ein altes Sprichwort: "Allen Menschen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann".

Und durch das laute Heulen von Kickl und seinen Kumpanen wurde vermittelt, dass ALLES schlecht war in den letzten 5 Jahren - und seine Anhänger haben gefressen, was ihnen vorgeschmissen wurde.
Hat sich leider auch bei der Wahl niedergeschlagen.

Ich möchte mir gar nicht vorstellen müssen, wie Österreich heute ausschauen würde, wenn Kickl samt seinen Freunderln die Verantwortung gehabt hätten ...

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zlachers (9.205 Kommentare)
am 02.10.2024 20:54

Seit 29.September verstehe ich nur noch Bahnhof.
Wer ist jetzt in der übergangs-Regierung dabei?
Wieso wird Nehammer von allen Pflichten entbunden.
Was hat der Bundespräsident überhaupt mit Kickl zu bereden?

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soistes (3.664 Kommentare)
am 03.10.2024 08:56

Ganz einfach. Ungefähr wie in einem Verein.
Nach einer Wahl tritt der alte Vorstand zurück , und der der Neue wird angelobt. Kann natürlich je nach Stimmen auch der Alte sein.
Dadurch, dass noch keine neue Regierung feststeht, wird die derzeit Zurückgetretene vom BP bis zur Fixierung einer neuen Regierung weiter mit den Staatsgeschäften betraut.

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LASimon (15.297 Kommentare)
am 03.10.2024 09:00

Es muss zu jedem Zeitpunkt eine Regierung geben. Der Bundespräsident könnte natürlich auch eine Übergangsregierung ("Experten-/Beamtenkabinett") einsetzen. Wesentliche Beschlüsse kann eine Übergangsregierung mangels Mehrheit im Nationalrat nicht fassen, sie wird sich daher auf das Verwalten beschränken dürfen/müssen.

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sagenhaft (2.383 Kommentare)
am 03.10.2024 12:12

Der jetzigen Bundesregierung fehlt auch die Mehrheit im Parlament, wozu braucht man so eine Uebergangsregierung dann ueberhaupt? Die Beamten arbeiten sowieso weiter

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tim29tim (3.579 Kommentare)
am 02.10.2024 20:54

Nach all den Aktionen in der Vergangenheit würde eine FPÖ-Kanzlerschaft zu großen internationalen Problemen für Österreich führen.

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zlachers (9.205 Kommentare)
am 02.10.2024 21:02

JA! Der ( kickl ) wird’s hoffentlich eh nicht werden, mit ihn geht doch aus sehr triftigen Gründen überhaupt Niemand zam.

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Coolrunnings (2.697 Kommentare)
am 03.10.2024 19:30

Hat Ihnen das Ihr Blutsbruder Karli-Flex erzählt ? Oder woher haben Sie siese Weisheiten ?...und bitte kommen Sie mir nicht mit Deutschland und der Bild-Zeitung.

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Flachmann (7.666 Kommentare)
am 02.10.2024 20:34

Wenn man sich diese Truppe so anschaut weiss man warum Österreich Schlussslicht in Europa ist.
Die Durchsetzungskraft vom Karli war beeindruckend!

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zlachers (9.205 Kommentare)
am 02.10.2024 20:57

Was heißt dass? (von Karli) Ich komm überhaupt nicht mehr mit, was das los ist.
Bleibt er jetzt doch BK?

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LASimon (15.297 Kommentare)
am 03.10.2024 09:01

Anders als in Deutschland hat der Bundeskanzler in Österreich keine "Richtlinienkompetenz". Er kann daher seinen Regierungskollegen nichts auftragen und ist Erster unter Gleichen.

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