Rangnick gegen Nagelsmann: Meister gegen Zauberlehrling
WIEN. Im Fußball-Testspiel am Dienstag zwischen Österreich und Deutschland werden die TV-Kameras wohl öfter als sonst in Richtung Trainerbänke schwingen.
Das Teamchef-Duell zwischen Ralf Rangnick und Julian Nagelsmann entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, immerhin kreuzten sich die Wege der beiden schon mehrere Male. Der ÖFB-Coach gilt als Förderer und Lehrmeister des deutschen Bundestrainers.
Wie Rangnick bei der jüngsten Kaderbekanntgabe erzählte, wurde er 2006 als damaliger Hoffenheim-Trainer bei einem Nachwuchsmatch auf Nagelsmann aufmerksam. Man blieb in Kontakt, tauschte sich regelmäßig aus, und die gegenseitige Wertschätzung wuchs, während Rangnick aus der TSG einen Bundesliga-Club formte und Nagelsmann weitere Erfahrungen im Jugendbereich sammelte.
Kontakt seit 2006
Der mittlerweile 65-Jährige zog 2011 zu Schalke weiter und stieg 2012 bei Red Bull ein. Nagelsmann arbeitete sich unterdessen bei Hoffenheim nach oben. Bei seiner Beförderung zu den Profis im Februar 2016 war er als damals 28-Jähriger der jüngste hauptamtliche Chefcoach in der Geschichte der deutschen Bundesliga. Nagelsmann übernahm die TSG als Tabellenvorletzter, der Klassenerhalt gelang eine Runde vor Schluss. Es folgten die Tabellen-Endränge vier und drei und damit die Champions-League-Teilnahme - Nagelsmann war 2018 endgültig zum deutschen Trainer-Jungstar aufgestiegen.
Das machte ihn für den damaligen Leipzig-Sportdirektor Rangnick interessant. Nagelsmann unterschrieb bei RB beginnend mit der Saison 2019/20, in der dazwischenliegenden Spielzeit übernahm Rangnick nach der Trennung von Ralph Hasenhüttl auch das Traineramt bei den Sachsen. In dieser Saison trafen Rangnick und Nagelsmann zweimal in der Liga und ein Mal im DFB-Pokal aufeinander. Der ÖFB-Teamchef gewann zweimal, eine Partie endete unentschieden.
"Es hätte weder mir noch Julian allzu großen Spaß gemacht"
Ebenfalls in dieser Saison kamen Gerüchte auf, wonach es um das Verhältnis der beiden nicht mehr allzu gut bestellt sei. Nagelsmann und Rangnick dementierten, dennoch zog sich Letzterer nach dem Amtsantritt von Nagelsmann in Leipzig als Sportdirektor zurück. "Es hätte weder mir noch Julian allzu großen Spaß gemacht", sagte Rangnick damals. Seiner Meinung nach wäre jede Geste möglicherweise falsch interpretiert worden.
Nagelsmann setzte seine Erfolge auch in Leipzig fort und führte die Sachsen 2020 bis ins Champions-League-Semifinale. Ein Jahr später reagierten die Bayern auf den Wechsel von Hansi Flick zum DFB und kauften Nagelsmann um 20 Millionen Euro aus seinem Vertrag heraus - noch nie war für einen Trainer eine derart hohe Ablöse bezahlt worden. Richtig rund lief es für Nagelsmann beim Rekordchampion aber nie, auch wenn 2022 der Meistertitel herausschaute, und so kam es im vergangenem März unter großem Getöse zur Freistellung.
Ähnliche Vorstellung von Fußball
Ein halbes Jahr später folgte Nagelsmann wieder Flick nach, nun als deutscher Teamchef. Rangnick begrüßte diese Entscheidung. Zwei Jahre zuvor hatte sich Nagelsmann nach dem Abschied von Jogi Löw für Rangnick als DFB-Coach stark gemacht. Öffentlich sprach man ausschließlich in höchsten Tönen voneinander. "Wir haben ähnliche Vorstellungen von Fußball", sagte Rangnick vor einigen Jahren.
Davon konnten sich einige aktuelle ÖFB-Teamspieler bereits ein Bild machen. Marcel Sabitzer, Florian Grillitsch, Stefan Posch, Konrad Laimer und Christoph Baumgartner spielten ebenso unter der Anleitung von Nagelsmann wie auch Stefan Ilsanker, Hannes Wolf oder Robert Zulj.