Nicht nur ein Ruderer schlägt im Radsport hohe Wellen
Rainer Kepplinger ist im Finale der Ergometer-Liga Favorit, Ex-Doper Bernhard Kohl verärgert Profis.
Ein heimischer Top-Ruderer schlägt derzeit mit seinen Leistungen auf dem Rennrad beziehungsweise dem Ergometer hohe Wellen. Rainer Kepplinger, U23-WM-Dritter im Leichtgewichts-Einer, gewann in der eCycling League Austria, der virtuell ausgetragenen Meisterschaft, alle drei Rennen, an denen er bisher teilnahm, und ließ dabei einige hochkarätige heimische Straßenfahrer hinter sich. Heute steigt das Finale, Kepplinger hat gute Chancen auf den Gesamtsieg.
"Vielen Radsportlern schmeckt es nicht gerade, dass er so erfolgreich ist", sagt Oberösterreichs Rad-Verbandspräsident Paul Resch. Doch Ruderer haben eine hohe maximale Sauerstoffaufnahme und sind harte Intervalle im Training gewöhnt. Genau deswegen kommt Kepplinger der Rennmodus, der mehr ein einstündiges Einzelzeitfahren denn ein offenes Radrennen ist, entgegen. Zudem sitzt er für einen Ruderer enorm viel im Sattel. "Ich komme im Jahr gut und gerne auf meine 18.000 Kilometer", sagt der 24-jährige Waldinger.
Kepplingers Hauptfokus liegt nach ersten Gesprächen mit dem neuen Ruder-Nationaltrainer Robert Sens zwar auf einem Platz im Zweier für Olympia 2021 in Tokio. Doch danach könnte der Waldinger tatsächlich ganz auf Radsport umsatteln. "Ich spiele mit diesem Gedanken, momentan ist aber noch nichts spruchreif." Derzeit trifft er für die regionale Amateur-Mannschaft RC Bike Next125 Hackl in die Pedale, doch es gibt bereits Angebote von heimischen Continental-Mannschaften wie Hrinkow Steyr.
Kritik an gestrigem ORF-Gast
Dass gestern in einer ORF-Diskussion im Fernsehen der frühere Dopingsünder Bernhard Kohl zum Thema "Radsport in der Sackgasse" als Studiogast auftreten durfte, stieß zahlreichen Fahrern sauer auf. "Der hat den heimischen Radsport in eine andere Galaxie gebeamt mit seinem Fehlverhalten, und nun gibt man ihm wieder eine Plattform. Unfassbar", sagte etwa ein heimischer Top-Profi im OÖN-Gespräch. Gleichzeitig sei auch der Verband in der Coronakrise in die Pflicht zu nehmen. "Ich habe das Gefühl, dass dort wenig Bestreben da ist, für 2020 noch irgendwelche Sachen auf die Beine zu stellen, obwohl es vielleicht möglich wäre."
Wohin geht die Reise noch?
Doch wo genau für den Radsport national wie international die Reise hingeht, weiß keiner so wirklich. Beim Weltverband UCI werden große Pläne gewälzt, doch ob heuer im Herbst tatsächlich noch Tour, Giro, Vuelta, WM und die großen Klassiker auf der Straße ausgefahren werden können, bezweifeln selbst die größten Optimisten.
Vor allem weil das Coronavirus auch für fitte Radprofis gefährlich sein kann. Fernando Gaviria, einer der ersten erkrankten Top-Fahrer, wandte sich in einer Videobotschaft an die Öffentlichkeit. "Das Coronavirus ist viel schwerwiegender, als wir es uns alle vorgestellt hatten", sagte der zweifache Tour-Etappengewinner. "Ich habe mehrere Tage in Angst gelebt."
Das heutige Ergometer-Finale ist ab 10 Uhr im Livestream auf e-cycling-austria.at mitverfolgbar.
Zit.: "Vielen Radsportlern schmeckt es nicht gerade, dass er so erfolgreich ist"... Das glaube ich jetzt so nicht. Ein Radsportler weiß schließlich, dass zum erfolgreichen Fahren mit dem Rennrad oder Mountainbike im Wettkampf noch viel mehr Dinge gehören, als bloß über einen längeren Zeitraum 500 Watt treten zu können. Das ist sicher ein talentierter Bursche. Er soll und darf zeigen, was er drauf hat. Und wenn er im Rennen auf der Straße oder im Gelände besteht - umso besser. Und was den Herrn Kohl betrifft - gute Wahl. Der hat zum Thema "Radsport in der Sackgasse" sicher was zu sagen. Warum sollte man ihn nicht zu Wort kommen lassen?