Hannes Androsch: Vom SP-Kronprinzen zum Industriekapitän
Hannes Androsch ist im 87. Lebensjahr überraschend verstorben. Sein öffentliches Leben führte ihn vom Finanzminister über eine lange Wirtschaftskarriere hin zu einer lauten Stimme für mehr Forschung und Bildung im Land.
Neben seinen Firmen fand er Zeit, sich unter anderem als Aufsichtsratschef des Austrian Institute of Technology (AIT) und als Forschungsrats-Chef einzubringen. Unter anderem war er Initiator des Bildungsvolksbegehrens 2011.
Androsch galt als aufgehender Stern der heimischen Politik, als ihn 1970 Bruno Kreisky mit 32 Jahren zum (bis dahin) jüngsten Finanzminister in der zweiten Republik machte. 1976 wurde Androsch Vizekanzler und galt als solcher lange als Kronprinz des "Sonnenkönigs" der österreichischen Politik.
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Doch das persönliche Verhältnis zwischen Kreisky und Androsch verschlechterte sich nach und nach - was Androsch auf krankheitsbedingte Persönlichkeitsveränderungen Kreiskys schiebt. Der Bundeskanzler wiederum sah seine Position durch den populären und viel jüngeren Androsch bedroht. Androsch bestritt Ambitionen auf das Bundeskanzleramt. Sein einziges Traumziel sei der Posten an der Spitze der Nationalbank gewesen, betonte er immer.
Politischer Eklat 1981
1981 kam es zum endgültigen Eklat, und Androsch schied aus der Regierung aus, nachdem die SPÖ ein "Zehn Punkte-Programm" beschlossen hatte, das die Unvereinbarkeit einer Steuerkanzlei Consultatio mit dem Amt eines Finanzministers beinhaltete.
Erst nach dem Ende der Ära Kreisky, kam es 1984 zu einer Anklage wegen privater Schwarzgeldkonten, nach mehr als zehn Jahren Prozessen wurde Androsch rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Androsch bezeichnet die Causa gegen ihn von allem Anfang an als Beispiel für eine "politische Justiz".
Bereits kurz nach seinem Ausscheiden aus der Regierung, wurde Androsch Generaldirektor der schwarzen Reichshälfte zugezählten Creditanstalt. Anfang 1988 musste er nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen falscher Zeugenaussage aus der Bank ausscheiden. Erst danach startete er seine Karriere als Industrieller.
Androsch brachte AT&S an die Börse
1994 kaufte er mit dem Management die marode staatliche Leiterplattenfirma AT&S und brachte sie später an die Börse. Der Kaufpreis war mit 90 Mio. Schilling (rund 6,5 Mio. Euro) auch nach damaligen Verhältnissen vergleichsweise niedrig, der Handyboom hatte damals noch nicht eingesetzt. Weitere Unternehmensbeteiligungen folgten, bekannt ist etwa seine Übernahme der Salinen, die er und der befreundete RLB-OÖ-Chef Ludwig Scharinger dem Staat abkauften, und Androsch den Titel "Salzbaron von Altaussee" einbrachte. Andere Akquisitionsversuche - etwa der DDSG-Personenschifffahrt, von Semperit-Reifen und Lenzing - scheiterten.
Androsch nahm sich nie ein Blatt vor den Mund und richtete auch der Politik bis zuletzt gerne seinen Unmut aus. Im Zuge der Coronapandemie etwa sagte er, "Die Corona-Hilfsmaßnahmen sind weitgehend glanzvoll gescheitert", die handelnden Politiker in Österreich seien "Ankündigungshelden".
Der am 18. April 1938 geborene Androsch erfuhr seine Sozialisation im "roten" Floridsdorf, 1953 wurde er Obmann der Sozialistischen Mittelschüler, neun Jahre später des VSStÖ. Nach einem Diplomstudium an der Hochschule für Welthandel begann Androsch als Steuerberater seine "erste Karriere". Ab 1963 fängt er für den Parlamentsklub der SPÖ zu arbeiten an, 1967 zieht er, noch nicht dreißigjährig, in den Nationalrat ein.
Androsch war verheiratet und hat drei Kinder.