Lobautunnel und Schnellstraßen: Regierungsstreit um gestoppte Straßenbauprojekte
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WIEN. Die Koalitionspartner trugen ihre Auseinandersetzung am Montag medienöffentlich aus.
Die Wahl zum Nationalrat am 29. September wirft ihre Schatten voraus: Bei einer Pressekonferenz der Volkspartei zum Thema Infrastruktur-Ausbau, kritisierte Bundeskanzler Karl Nehammer (VP) seinen grünen Koalitionspartner. Dem von Leonore Gewessler geführten Ministerium warf der Kanzler „dogmatisch gesteuerte Politik“ vor: So wären Projekte nicht wie im Gesetz vorgesehen umgesetzt worden, sondern durch lange Prüfungen verzögert bzw. untersagt worden.
Gemeint sind unter anderem der gestoppte Bau des Wiener Lobautunnels unterhalb des Nationalparks Donau-Auen, die Traisental Schnellstraße (S34) sowie die Marchfeld Schnellstraße (S8) in Niederösterreich.
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Sollte er die nächste Regierung anführen, werde er die Fertigstellung der Projekte forcieren, kündigte Nehammer an. „Infrastruktur ist der Schlüssel für einen wettbewerbsfähigen Standort“, sagte er. Pendler und auch den Individualverkehr werde es auch nach dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs weiterhin geben.
Bis zum Jahr 2030 werden insgesamt 44,5 Milliarden Euro in Infrastruktur investiert: Zehn Milliarden in Energie, elf Milliarden in Straßenbauprojekte und 21 Milliarden Euro in den Schienenausbau. Der Rest entfalle auf den Ausbau von Breitbandinfrastruktur. Laut VP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger umfasse das heimische Netz an Autobahnen und Schnellstraßen derzeit 2250 Kilometer.
Friedrich Zibuschka vom Institut für Verkehrswesen an der Wiener Universität für Bodenkultur plädierte dafür, die Entlastungseffekte von Straßenbauprojekten miteinzubeziehen: So würden durch die zahlreichen Staus auf der Wiener Tangente jährlich 75.000 Tonnen an CO2 ausgeschüttet.
Reaktion der Grünen
Für die Grünen rückte am Montag Generalsekretärin Olga Voglauer aus. „Zu einer guten Infrastruktur gehören unter bestimmten Voraussetzungen auch Straßen, etwa wenn es darum geht, besonders überlastete Ortskerne zu entlasten“, teilte sie per Aussendung mit. Es brauche aber keine „Milliardengräber und Betonsünden“. Der VP warf Voglauer vor, Naturschutzgebiete mit Autobahnen zerstören zu wollen.
Das Klimaministerium reagierte auf OÖN-Anfrage: „Die Infrastruktur, die wir heute bauen, bestimmt wie unser Land morgen aussieht. [...] Dabei ist auch klar: Nicht jede Idee aus der Vergangenheit passt noch zu unserer Zukunft. Eine Autobahn, die einzigartige Naturschutzgebiete für immer zerstört, kann nicht mehr die beste Lösung sein. Mehr Straßen führen zu mehr Verkehr. Jahrzehntelang wurde mit weiteren Autobahnen immer noch mehr Stau erzeugt."
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Klimaministerin Gewessler hatte am Montag am Rande einer Pressekonferenz Stellung genommen: "Ein weiter wie bisher geht sich nicht aus, wenn man Umwelt und Klima schützen will", sagte sie. Jahrzehnte lang sei zubetoniert worden, darunter oft auch wichtige landwirtschaftliche Flächen. Dies alles für "noch eine Straße und noch mehr Verkehr".