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Das Technik-Gen, das Nicht-aufgeben-Gen und das vierte Kind

Von Dietmar Mascher, 14. Oktober 2020, 00:04 Uhr
Erich und Aya Maria Thallner
Mit der Leidenschaft von Jungunternehmern: Erich und Aya Maria Thallner Bild: Volker Weihbold

SANKT FLORIAN AM INN. Pegasus für das Lebenswerk: Aya Maria und Erich Thallner haben mit EVG im Innviertel einen internationalen Hightech-Betrieb geschaffen.

"Ich habe ein Technik-Gen", sagt Erich Thallner und beginnt, von seiner Kindheit zu erzählen. Von der Elektronik, die ihn schon als kleinen Buben begeisterte. Von seinem Lieblingsfach Physik, seinem Physiklehrer, der im Zweiten Weltkrieg die Steuerung von Raketen mitentwickelte. Und vom "Mailüfterl". So hieß der erste Computer, der in Österreich entwickelt wurde und an dem er als Student der TU Wien mitbauen durfte.

Das Technik-Gen hat viel mit dem "Never-Give-Up"-Gen zu tun, das Aya Maria Thallner zu haben nicht nur behauptet, sondern auch unter Beweis gestellt hat. "Es gab viele Hindernisse. Aber wir wollten es wissen und haben nie aufgegeben", sagt sie heute.

40-Jahr-Jubiläum

Das Ehepaar Thallner hat vor 40 Jahren ein Unternehmen gegründet, das schon bald zu den besten seiner Branche weltweit gehörte und das sie heute als ihr viertes Kind bezeichnen. Die EV Group oder EVG hat einen Exportanteil von 98 bis 99 Prozent, beschäftigt 1150 Leute (davon 780 am Stammsitz im Bezirk Schärding) und setzt mehr als 200 Millionen Euro um.

Wobei kaum ein Durchschnittsbürger EVG kennt. "EVG steht nirgendwo drauf, ist aber fast überall drin", sagen die Thallners. Tatsächlich: kaum ein Auto oder Handy, in dem nicht Technologie aus dem Hause EVG steckt.

Begonnen hat alles bei einem Gespräch unter Studienkollegen. "Mein Kollege arbeitete in der Elektronikindustrie, wollte Produkte herstellen, hatte aber keine Geräte dafür. Es ging darum, Wafer von zwei Seiten zu justieren und zu strukturieren", erzählt Erich Thallner.

Wafer sind dünne Scheiben aus Halbleitermaterial, auf denen Schaltungen aufgebracht werden. "Als nach der Idee für das entsprechende Gerät der nächste Auftrag kam, habe ich gewusst, dass ich eine Firma gründen muss. Wir haben nicht gegründet, weil wir ein Produkt hatten, das wir verkaufen wollten. Wir haben bis heute Lösungen für unsere Kunden entwickelt, nachdem wir ihnen zugehört haben und dann ihren Bedürfnissen entsprechende Lösungen entwickelt ", sagt der 78-jährige Thallner. Das sei bis heute so.

Die gemeinsame Entwicklung schweiße zusammen und verschaffe auch einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz. Und werden Kunden aus ähnlichen Branchen betreut, würden sich die jeweiligen Teams nie überschneiden. Dass das Unternehmen heute im Innviertel an der Grenze zu Bayern steht, war an sich nicht vorgesehen. Erich Thallner stammt aus Amstetten, seine Frau aus Wien. "Eigentlich hätten wir in die USA gehen sollen. Dort hat sich die Innovation abgespielt", sagt Erich Thallner.

Und Thallners Ideen wurden in den USA auch geschätzt. Als Jungunternehmer bekam er einen Termin in der Entwicklungsabteilung von General Motors. "Als wir 20 Entwicklern gegenübersaßen, waren wir zwar nervös. Aber wir haben zugehört und hatten für den Bedarf nach Geräten für die Herstellung elektronisch-mechanischer Crash-Sensoren Verständnis", erzählt der Unternehmer.

Der Entwicklungschef habe gesagt "Erich, I trust you. Do it!" Und Erich tat es. "Jedes Mal, wenn ich nach Österreich zurückkam, war ich ein wenig traurig, weil hier nur wenige unsere Ideen nachvollziehen konnten", erinnert sich der Unternehmer. Und dass Österreich und Europa in der IT- und Elektronikbranche hinter den risikofreudigen Amerikanern und den detailbesessenen Asiaten nachhinkt, habe mit einer gewissen Saturiertheit und Zaghaftigkeit zu tun.

Aber die drei Kinder waren bereits auf der Welt, gingen zur Schule. Aufgrund familiärer Bindungen entscheiden die Thallners, ihr Unternehmen in St. Florian am Inn zu gründen. "In Braunau gab es tolle junge Fachkräfte aus der HTL. Viele von denen, die heute noch bei uns arbeiten", sagt Aya Maria Thallner, die im Unternehmen nicht nur die Finanzen überhatte, sondern auch die Personalentwicklung. EVG ist als Arbeitgeber nicht nur wegen der interessanten Aufgaben attraktiv. Frau Thallner hat etwa den Betriebskindergarten bauen lassen, in dem die Kinder der Beschäftigten betreut werden. Vor allem Frauen soll damit die Rückkehr in den Job nach der Karenz erleichtert werden.

Der Spezialist für Halbleiter und Mikrochips hat in den vergangenen Jahren auch in der Medizintechnologie bemerkenswerte Lösungen etwa im Bereich der DNA-Analyse mitentwickelt. Auch wenn es um Covid-19-Testungen geht, ist EVG-Technologie mit im Spiel. Ebenso bei Lab-on-Chips, also Diagnosemöglichkeiten, die auf Mikrochips aufgebracht werden

Die Tochter und die beiden Söhne der Thallners arbeiten mittlerweile in der Firma. "Wir haben die Kinder nicht dazu gedrängt. Sie haben zuerst in anderen Betrieben gearbeitet und sind dann erst bei EVG eingestiegen", sagt Aya Maria Thallner. Die Eltern haben sich aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen. Aber wenn sie über ihr Technik- und ihr "Nicht-aufgeben"-Gen reden, spürt man noch immer die Leidenschaft von Jungunternehmern.

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Autor
Dietmar Mascher
Stellvertretender Chefredakteur, Leiter Wirtschaftsredaktion
Dietmar Mascher
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2  Kommentare
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azways (6.249 Kommentare)
am 14.10.2020 10:37

Interessant, dass Hr. Dipl.Ing Thallner "auslässt", dass er jahrelang bis 1989 - also 9 Jahre parallel zur EVG - in Schärding als Ziviltechniker für Vermessungswesen tätig war.

Warum wohl ?

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haettiwari (128 Kommentare)
am 14.10.2020 05:49

ehemalige EVG-Mitarbeiter sprechen da nicht so euphorisch über den Betrieb.

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