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Ein Leben mit 140.000 Büchern

Von Helmut Atteneder, 26. November 2024, 00:04 Uhr
Ein Leben mit 140.000 Büchern
Friedrich Buchmayr hat sich 38 Jahre lang um rund 140.000 Bücher der St. Florianer Stiftsbibliothek gekümmert. (Weihbold) Bild: VOLKER WEIHBOLD

Am 31. Dezember wird Friedrich Buchmayr zum letzten Mal das graue Tor zu seinem Arbeitsplatz auf- und nach dem Eintreten sofort wieder zusperren. Er wird die Stufen hinaufgehen, seine Bürotür öffnen. Dort wird er noch einmal das einzigartige olfaktorische Element einatmen und den Blick über 140.000 Büchern schweifen lassen – das letzte Mal nach 38 Jahren als Bibliothekar des Stifts St. Florian. Zu Silvester, just an seinem 65. Geburtstag, ist Schluss.

"Natürlich wird es kein leichter Abschied. Man hängt an all den Büchern, aber mir ist hier so viel geschenkt worden, dass ich wirklich erfüllt aufhören kann", sagt der erste weltliche Bibliothekar des Stifts – zunächst an der Seite des legendären Chorherren Karl Rehberger, ab 2018 als Leiter. In den knapp vier Jahrzehnten mutierte der in Saxen aufgewachsene und in Linz lebende Vater von zwei Kindern vom andächtigen und ehrfürchtigen Novizen zum international renommierten Wissenschafter. Seine Entdeckungen, Bücher und Publikationen haben Gewicht.

Bahnbrechende Entdeckungen

Zu Friedrich Buchmayrs bahnbrechenden Entdeckungen in der Sammlung gehören zwei Fragmente der Florianer Riesenbibel, die ihm gemeinsam mit einem Mitarbeiter im Sommer 2018 beim Abstauben untergekommen sind. Ein Jahr lang wurde der Fund aus der Zeit um 1140 auf seine Echtheit überprüft und ist nun wissenschaftlich anerkannt. "Mir war es immer wichtig, alles genau auf seine Echtheit zu überprüfen und dann Experten vorzulegen", sagt Buchmayr.

So geschehen auch bei handschriftlichen Briefen von Anton Bruckner und Adalbert Stifter sowie einer Mozartbiografie aus dem Jahr 1806, die Buchmayr aufgestöbert hat.

Im September hat der promovierte Germanist mit wissenschaftlicher Kompetenz, einem guten Näschen und detektivischer Hartnäckigkeit noch einen spektakulären Treffer gelandet. In der Fragmentesammlung tauchte ein Textstreifen mit sechs Zeilen auf, der sich als bisher unerkannter Teil des berühmten Versromans "Iwein" von Hartmann von Aue aus dem 12. Jahrhundert entpuppte. Drei internationale Fachgermanisten bescheinigten die Echtheit des Fundes.

"Solche Entdeckungen gehören zum Schönsten, was ein Bibliothekar erleben kann. Das war sehr beglückend", sagt Buchmayr, der sich auch um das Strindberg-Museum in Saxen verdient gemacht hat.

Der unschätzbare Wert der Stiftsbibliothek hat auch Gauner angezogen. Etwa 20 Jahre ist es her, dass ein solcher in den Orden der Augustiner Chorherren eingetreten ist und literarisches Interesse vorgegaukelt hat. Nachdem er sich das Vertrauen der Ordensmänner erschlichen und einen Schlüssel zur Bibliothek ergaunert hatte, setzte er sich mit wertvollen Büchern ins Ausland ab.

Friedrich Buchmayr will in der Pension zunächst einmal Abstand gewinnen, um sich dann mit den zahlreichen Anfragen, die es bereits aus der Fachwelt gibt, auseinanderzusetzen: "Die Bücher werden mich nicht loslassen", sagt der Autor von mehreren Büchern, unter anderem zu Bruckner, Kafka und Frida Strindberg.

Drei Nachfolger

Buchmayrs Arbeit wird künftig gedrittelt: Stiftsorganist Klaus Sonnleitner kümmert sich um das Musikarchiv. Egbert Bernauer betreut die Bibliothek und Konstantin Putz das Archiv, beide in Teilzeit. Buchmayr weiß seine Arbeit in guten Händen: "Das ist eine brauchbare Lösung und es ist ja genug da, man nimmt sich hier bestimmt nichts weg."

Heute wird Friedrich Buchmayr mit einem Fest im Stift St. Florian offiziell verabschiedet.

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Autor
Helmut Atteneder
Redakteur Kultur
Helmut Atteneder
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