"Ein bisschen bleiben wir noch": Eine Kindheit so traurig wie schön
Wer bei diesem Film nichts fühlt, hat keine Seele, kein Herz.
Der neue Streich "Ein bisschen bleiben wir noch" des Wiener Regisseurs und Produzenten Arash T. Riahi hat zwei Stars, wie sie das Land, wohl die ganze Welt jetzt sehen sollte: die Geschwister Lilli (Rosa Zant) und Oskar (Leopold Pallua). Aus Tschetschenien geflohene Kinder, ohne Vater, die Mutter nach einem Suizidversuch in der Psychiatrie.
"Kommen wir jetzt ins Flüchtlingsheim?", fragt der Bruder, als sie versteckt vom Dach ihres Wiener Plattenbaus den Abtransport der fast Verbluteten beobachten. "Glaubst, ist die Mama jetzt tot?", fragt die Ältere.
Man spürt all ihre Unsicherheit und weiß genau: Sie haben Probleme, die viel zu schwer sind, ein großer Betrug an ihrer Kindheit. Sie kommen zu Pflegefamilien. Lilli zu einer arg verliebten Apothekerin (Simone Fuith), Oskar zu einem öko-alternativen Lehrerpaar (Alexandra Maria Nutz, der Freistädter Markus Zett). Alle diese Figuren tun Gutes, sooft sie zeigen, wie falsch Gutgemeintes ist. All das umhüllt die Last gegensätzlicher Empfindungen: Die Mutter soll gesund werden. Aber doch auch nicht, weil dann die Abschiebung droht. Riahi legt ein Werk vor, das sich wie ein Schlag ins Gesicht jener anfühlen muss, die Menschen zu Statistiken verkleinern.
Dennoch stellt die Arbeit nach dem Roman von Monika Helfer allen Traumata auch Wunderschönes entgegen. Weil ihre Stärke, die Perspektive der Kleinen als Absolute zu inszenieren, gekonnt eingesetzt wird. Und da Oskar so ein vifer, fantasievoller Kerl und Lilli ein sensibles, kluges Mädchen ist, schenkt ihr kindliches Erleben der Welt dem Film eine visuell herrlich verträumte Poesie. So bleiben diese toll gespielten Wesen nicht nur noch ein bisschen im Kopf, sondern wohl für immer.
"Ein bisschen bleiben wir noch": AT 2020, 115 Min., jetzt im Kino
OÖN Bewertung:
Der Trailer zum Film: