Mixtapes und Doc Martens
Es gab einmal eine Zeit, in der man mit Mixtapes Mädchen beeindrucken konnte, für manche Platten hunderte Kilometer fuhr, Bands wie "The Pixies" als Underground firmierten und ein Paar Doc Martens als Inbegriff der Unangepasstheit galt.
So lange ist das noch nicht her. Zumindest fühlt es sich so an, wenn man heute zu den Mitt- bis Endvierzigern zählt – einer Generation, der auch Autor Christian Moser-Sollmann angehört.
Sein "Ohne WHAM! und ABBA" ist ein sehr unterhaltsamer Coming-of-Age-Roman, der im Osttirol der frühen 1990er-Jahre spielt. Im Mittelpunkt steht der 17-jährige Romed Ragger, der eine Mission hat – nämlich im Maturajahr seine Jungmännlichkeit zu verlieren. Musik und gelinde Weltschmerzpose sind dabei – zumindest im Fall Romed Raggers und seiner beiden erfahreneren Kumpel – auch nur eine sympathische Methode, um beim anderen Geschlecht zu punkten.
Doch das mit dem Ende der Jungmännlichkeit will für Ragger trotz vielversprechender Ansätze zunächst gar nicht klappen. So liest sich der erste Teil des Romans wie ein Schelmenstück darüber, woran es stets scheitert.
Bis es im zweiten Teil mit der Erkenntnis, dass man es auch im Zivildienst mit bornierten und sadistischen Vorgesetzten zu tun haben kann, ernster wird. (Spoiler-Alarm: Am Ende findet Ragger nicht nur Sex, sondern auch Liebe).
"Ohne WHAM! und ABBA" ist eine erfrischende Rückbesinnung auf die Jahre von Matura, Zivildienst und Studienbeginn – einer Zeit der Weichenstellung und Partys, an die man sich ein Leben lang erinnert. Es ist ein Roman über die Jugend in einer Kleinstadt – stets begleitet vom trügerischen Gefühl, gerade Weltbewegendes anderswo zu verpassen. Und es ist eine Geschichte, wie Musik zur Identitätsfindung beitragen kann.
Moser-Sollmanns Roman ist höchst unterhaltsam, streckenweise in die Tiefe gehend, manchmal vielleicht ein bisschen zu altklug. Aber auch das gehört wohl zu diesem Lebensabschnitt, speziell wenn man 30 Jahre später darüber schreibt. (mst)