Lia Pale beendet ihre Winterreise
Vor zehn Jahren begann die Winterreise in ihrer Heimat Wels. Nun findet sie in Vöcklabruck ihren Abschluss. Für Lia Pale, die bürgerlich Julia Pallanch heißt, schließt sich ein Kreis.
"Gone Too Far" hieß das Debütalbum, über das sie im OÖN-Gespräch 2013 sagte: "Man findet Grenzen nur heraus, indem man geht." Bei ihr war es ein Auslandsjahr in Schweden, das in ihr eine besondere Idee reifen ließ. Franz Schuberts "Winterreise" wollte sie weiterdenken, interpretieren, aufbereiten für eine neue Generation. Zum Ausdruck gebracht in "Gone Too Far".
In der Zwischenzeit hat Lia Pale nicht nur immer wieder einmal ihren Lebensmittelpunkt verändert - aktuell ist sie in Amsterdam zu Hause. Es sind aus der Zusammenarbeit mit Mathias Rüegg sechs Alben entstanden. Schubert, Schumann, Brahms, alle in bester Jazz-Tradition so interpretiert, dass etwas Eigenes, etwas Unverwechselbares daraus entstanden ist. Mit der Band, mit der sie so viel live gespielt hat, ist sie zusammen gewachsen, man kennt sich in- und auswendig, sagt die Sängerin.
Nun ist diese Reise zu Ende. Am 10. Februar feiern Lia Pale und Mathias Rüegg mit ihrer Band die Lieder aus den drei besonderen Alben. Noch einmal wird die gebürtige Welserin ihre begnadete Stimme einsetzen, um klar zu machen, dass Klassik nicht unbedingt den klassischen Ansatz braucht, um Menschen zu erreichen. Das Konzert im Stadtsaal Vöcklabruck beginnt um 19.30 Uhr.
Leben aus dem Koffer
Ja, sie spüre schon die heimatlichen Gefilde, sagt die 37-Jährige. Und sie hat längst erkannt, dass ihr Reisen durch die Welt dazu geführt, dass sie Heimat automatisch nicht nur dort findet, wo man aufgewachsen ist. "Ich lebe nur aus dem Koffer", sagt sie. Man kann das leichte Bedauern darüber heraushören. Denn: "Es gibt schon Phasen, wo ich müde bin."
Jetzt, da sich ein künstlerisches Kapitel schließt und ihr noch nicht klar ist, wohin die kreative Reise nun gehen wird, ist schon auch ein Wunsch in ihr stärker als noch vor zehn Jahren. "Es ist jetzt an der Zeit, dass ich irgendwo meine Koffer auspacke, irgendwo ankomme", erklärt Lia Pale. "Dieses Gefühl möchte ich haben."
Die Erfolge der vergangenen Jahre, die Anerkennung, der Applaus, all das hat ihr eigenes Vertrauen in ihre Gabe, ihr Können, ihren Ausdruck gestärkt. "Man muss niemandem erklären, wer man ist", sagt sie. Und kennt dennoch auch die Angst davor, dass man nicht schafft, was man sich vorgenommen hat. Die "inneren Erwartungen" können schon auch Druck aufbauen, wenngleich die Momente auf der Bühne, wo man die Verbindung mit dem Publikum spürt, eine klare Bestätigung dafür sind, dass man auf dem richtigen Weg ist. "Wenn ich ein Lied singe und es bei jemandem resoniert, dann ist es das, worum es geht. Das befreit auch."
"Licht und Schatten"
Geht etwas zu Ende, dann ist das gleichbedeutend mit einem Neuanfang. Das weiß Lia Pale. Und doch weiß sie nicht, wie es nach der Reise durch die Klassik weitergeht. Das erzeuge eine gewisse Grundnervosität, die wahrscheinlich für eine selbständige Künstlerin ganz normal ist, aber "wenn sich die Angst zu sehr ausbreitet, dann kann ich nicht machen, was ich will". Also versucht die Oberösterreicherin die Angst beiseite zu schieben. "Ich bin trainiert darin, das Ungewisse auszuschalten." Denn auch das hat sie in den vergangenen zehn Jahren gelernt. Die Freiheit, sich ausleben zu können, ist ein Abenteuer, auf das man sich einlassen kann. "Es gibt Licht und Schatten", sagt sie. Und in ihrer Stimme schwingt die Überzeugung, dass sie künstlerisch wieder Licht finden wird. Welches Licht, das wird sich zeigen. Und irgendwann werden es alle wieder hören können.
Infos: www.liapalemusic.com