Pop-Art-Künstler Claes Oldenburg ist tot
NEW YORK. Claes Oldenburg ist am Montag im Alter von 93 Jahren in New York gestorben.
Das sagte eine Sprecherin der Pace-Galerie, die den Künstler seit 1960 vertrat, der Deutschen Presse-Agentur in New York. Der Künstler habe sich zuletzt in seinem Studio im Stadtteil SoHo, wo er auch lebte, von einem Sturz erholt.
Gesundheitlich angeschlagen war er schon länger gewesen, nachdem er sich vor ein paar Jahren die Hüfte gebrochen hatte. Auch mit Hilfe eines Fahrradtrainingsgeräts zu Hause hatte er dagegen angekämpft und noch lange weiter gearbeitet. "Manche Tage sind wunderbar, andere sind schrecklich. So ist das eben", hatte er vor wenigen Jahren der "New York Times" gesagt.
Großer Vertreter neben Warhol und Lichtenstein
"Ich hatte die Ehre, eine großartige Freundschaft mit einem der radikalsten Künstler des 20. Jahrhunderts zu haben", wurde Galerie-Gründer Arne Glimcher zitiert. "Er hat das Wesen der Skulptur von hart zu weich verändert und sein Einfluss auf die Kunstwelt ist bis heute sichtbar."
Oldenburg hatte die vor allem auf Drucken und Gemälden stattfindende Pop-Art der 1960er zur Skulptur emporgehoben und Konsumobjekte auf humorvolle Weise in einen neuen Kontext gesetzt. Mit Andy Warhol und Roy Lichtenstein zählte er zu den größten Vertretern der Strömung.
Geboren wurde Claes Thure Oldenburg 1929 in Stockholm, einige Jahre später zog die Familie in die USA. Er studierte in Yale und versuchte sich als Reporter beim City News Bureau in Chicago, besuchte dann aber das Art Institute of Chicago und illustrierte für Magazine. Nach dem Umzug nach New York 1953, die amerikanische Staatsbürgerschaft in der Tasche, experimentierte er in ersten Schauen mit Pappmaché und Gips. "Sausage" hieß die erste seiner "soft sculptures" - weiche Objekte aus Stoff, die er mit Zeitungspapier oder Lumpen und Kleidungsfetzen stopfte.
Hemden in Gips
Den Raum aus der Welt des alltäglichen Konsums schuf Oldenburg gleich mit, als er ein Geschäft namens "The Store" in der Lower East Side anmietete. Er verkaufte Gips-Nachahmungen von so alltäglichen Dingen wie Schuhen, Hemden und Tortenstücken, die er in einem Hinterzimmer "massenhaft" herstellte. Dort wie mit den "soft sculptures" - Badewannen, Schreibmaschinen und Ventilatoren - blieb er nah am täglichen Leben des Publikums. Diese Arbeiten gelten heute als erste Skulpturen der Pop-Art.
In New York, wo Oldenburg neben Aufenthalten in Kalifornien und dem Loiretal in Frankreich bis zuletzt hauptsächlich lebte und arbeitete, war er auch Jim Dine und Allan Kaprow begegnet. Gemeinsam versuchten sie, das aus ihrer Sicht verkrustete Denken der Abstrakten Expressionisten aus der vorigen Generation zu durchbrechen. Auch Yoko Ono, Robert Rauschenberg, Jasper Johns und Andy Warhol lernte Oldenburg hier kennen. Die Vertreter von Pop-Art, Beat und Fluxus wussten nicht, was als nächstes folgen würde. Doch in einer Frage war man sich einig: Der Abstrakte Expressionismus, der auf abgehobene Weise das Innenleben des Künstlers abbilden sollte, war tot.
Der Löffel für Giganten
Mit zunehmender Bekanntheit wuchsen auch Oldenburgs Skulpturen. Der massive Lippenstift auf einem Kettenfahrzeug auf dem Yale-Campus und die gewaltige Wäscheklammer "Clothespin" in Philadelphia (beide 1976) waren erste Arbeiten unter freiem Himmel. 1977 heiratete er in zweiter Ehe die Kunsthistorikerin Coosje van Bruggen, mit der er bis zu ihrem Tod im Jahr 2009 eng zusammenarbeitete.
Oldenburg blieb in seinen Arbeiten nicht auf cooler Distanz wie Warhol oder Lichtenstein und brachte in gewisser Weise Gedankengänge von Surrealisten wie René Magritte und Salvador Dalí zu Ende: Er blies eigentlich kleine, alltägliche Dinge in Übergröße auf, setzte sie in eine Landschaft und damit in eine Umgebung, der sie völlig fremd waren. Die bekannteste dieser Arbeiten ist die mit Van Bruggen entwickelte "Spoonbridge and Cherry", ein Löffel für Giganten samt Kirsche, der heute zu den Symbolen der Stadt Minneapolis zählt.
Aber, merkte Oldenburg 2015 an, "eine kleine Skulptur kann genau so mächtig sein wie eine große". Und wie viele seiner Arbeiten konnte auch dieser Satz im sexuell-erotischen Kontext gedeutet werden. Die mal schlaffen, mal straffen Objekte Oldenburgs haben teils eine erotische Ausstrahlung, was in den Räumen der National Gallery of Art in Washington, der Tate Gallery in London oder dem Kunstmuseum Basel vielleicht nicht immer zur Geltung kommen mag.
Die Kunstwelt empfing ihn mit Begeisterung - auch in Österreich. Vor zehn Jahren widmete etwa das mumok in Wien dem Künstler die aufsehenerregende Schau "The Sixties", die Claes Oldenburg und Tochter Maartje Oldenburg besuchte.