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Sieben Oscars für "Everything Everywhere All At Once": Triumph des Anti-Nationalismus

Von Nora Bruckmüller, 13. März 2023, 04:37 Uhr
Michelle Yeoh
Bild: FREDERIC J. BROWN (AFP)

Alles überall und auf einmal – so lautet der Titel von „Everything Everywhere All At Once“ auf Deutsch, jenes Films, der aus elf Nominierungen sieben Academy Awards machte. Die Tiroler Cutterin Monika Willi ging leer. Dank vier Oscars für "Im Westen nichts Neues" und "Navalny" war es doch ein guter Abend für die Österreicher.

"Everything Everywhere All At Once" holte den Academy Award für den besten Film, die beste Hauptdarstellerin (Michelle Yeoh), die beste Regie (Daniel Scheinarts und Daniel Kwan, „The Daniels“), das beste Originaldrehbuch, für den besten Nebendarsteller (Ke Huy Quan), die beste Nebendarstellerin (Jamie Lee Curtis) und den besten Schnitt.

So bemerkenswert wie dieser Siegeszug ist die Hauptfigur des Films – eine chinesische Migrantin der ersten Generation, die in den USA einen Waschsalon betreibt. Eine Figur, die filmgeschichtlich oft auf den zwangsweise witzigen Nebenschauplatz reduziert wurde, durchaus mit einem heute als rassistisch erkannten Unterton versehen.

Evelyn Wang, verkörpert von Michelle Yeoh, ist nicht der „junge“ weibliche Prototyp des amerikanischen Films –  Yeoh ist 60 und sagte allen Frauen bei ihrer Oscar-Rede, dass sie sich nie einreden lassen sollten, je für etwas zu alt zu sein.

Das Leben hat sich in diesem Film in Evelyns (ungeschminktes) Gesicht geschrieben. Ein Dienst an alle Frauen dieser Welt, die nicht einfach verschwinden können, wenn sie nicht mehr dem landläufigen Schönheitsideal entsprechen, das der Jugendwahn prägt. 

Das Leben, das sich ins Gesicht von Evelyn geschrieben hat, erzählt von einer weltumspannenden Geschichte, dem Zurechtkommen zwischen zwei Kulturen und der Migration, was die Regisseure und Drehbuchautoren in einen wilden Ritt Evelyns durch verschiedenste Universen übersetzt haben, bei dem sie sich selbst finden muss, damit ihre Familie und ihr Leben Balance finden. 

Schätzungen der UN zufolge gibt es weltweit mehr als 280 Millionen internationale Migranten und Migrantinnen. In Österreich lebten 2019 (nach Informationen des Bundeskanzleramts) rund 2,07 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, das entspricht einem Anteil von knapp einem Viertel der Gesamtbevölkerung. In Wien war der Anteil mit Migrationshintergrund mit knapp 46 Prozent fast doppelt so hoch.

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Die Academy setzt mit der Kür von "Everything Everywhere All At Once" eine vor mehr als fünf Jahren entstandene Tradition fort, den Fokus beim Oscar für den besten Film auf Geschichten jenseits hauptsächlich männlicher, weißer, heterosexueller und dem Leistungsprinzip entsprechender Protagonisten zu legen. Ein Überblick:

„Coda“ (2022, Gehörlosen-Drama)
„Nomadland“ (2021, eine ökonomisch ins Außenseitertum gezwungene Frau)
„Parasite“ (2020, südkoreanische Klassenparabel)
„Green Book“ (2019, Freundschaftsdrama über einen Afroamerikaner und einen Italo-Migranten)
„Shape of Water (2018, Fantasy-Ode an das Außenseitertum)
„Moonlight“ (2017, afroamerikanisches Identitätsdrama)

Aus Sicht von Form und Inszenierung ist „Everything Everywhere All At Once“ der unkonventionellste, aufregendste, risikofreudigste Film aus dieser Liste seit „Shape of Water“ des Mexikaners Guillermo del Toro, der mit „Pinocchio“ (Netflix) gerade den Oscar für den Animationsfilm holte. Das ist eine Anerkennung für die Filmkunst, mit der man zufrieden sein kann.

Betrachtet man „Everything Everywhere All At Once“ als Plädoyer für gesellschaftliche Empathie und wechselseitiges kulturelles Verständnis, entspricht das auch der Funktion seines Mediums der Verbreitung, jener des Kinos.
Schade, dass der Kinostart in Österreich im Mai 2022 eher verpuffte.  

Wie es bei den Österreicherin lief

Die Tiroler Cutterin Monika Willi, die für das Dirigentinnen-Drama "Tár" nominiert war,  ging wie erwartet leer aus. Paul Rogers siegte in dieser Kategorie für "Everything Everywhere All At Once" (mehr oben) - er galt als großer Favorit in dieser Kategorie. 

Aus österreichischer Sicht und aus Perspektive des Streamings waren die 95. Oscars eine Nacht des Erfolgs. Die Netflix-Produktion "Im Westen nichts Neues", in dem der junge Burgtheater-Schauspieler Felix Kammerer die Hauptrolle spielt, holte vier Goldmänner - für den besten internationalen Film (Deutschland, Regie Edward Berger), beste Kamera, beste Musik (Volker Bertelsmann) und bestes Produktionsdesign. 

"Das war dein erster Film, und du hast uns auf deinen Schultern getragen, als ob es nichts wäre. Ohne dich wäre niemand von uns hier", sagte Berger zu Kammerer, der in Los Angeles dabei war. 

In der Kategorie Dokumentarfilm reüssierte "Navalny" über den russischen Oppositionellen Alexei Nawalny. Für den Film fungierte der aus Kitzbühel stammende Niki Waltl als „Director of Photography“. 

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Autorin
Nora Bruckmüller
Redakteurin Kultur
Nora Bruckmüller
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1  Kommentar
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susisorgenvoll (17.044 Kommentare)
am 13.03.2023 06:27

Warum hat man die Dolmetscher, welche die ganze Sendung im Einsatz waren, nicht genannt? Typisch ORF! Vermutlich weil sie keine Mitarbeiter des ORF, sondern Freiberufler sind! Sie haben ausgezeichnete Arbeit geleistet!

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