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Jede fünfte Mutter leidet nach Geburt unter psychischen Problemen

Von OÖN/APA, 14. April 2023, 12:09 Uhr
Für viele Frauen und Männer können mit der Geburt ihres Kindes auch psychische Probleme beginnen. Bild: colourbox.de

Das Risiko für eine psychische Erkrankung ist bei Frauen in keiner Lebensphase so hoch wie rund um die Geburt eines Kindes.

Bis zu jede fünfte Mutter und jeder zehnte Vater leiden während der Schwangerschaft und im ersten Jahr nach der Geburt (peripartale Phase) unter psychischen Problemen wie Depressionen oder Angststörungen. Das zeigt eine neue Studie des Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA). Bei Prävention und Versorgung gebe es in Österreich großen Aufholbedarf. 

Komplikationen bei Geburt, erhöhtes Suizidrisiko

Die Forschenden warnen vor "unmittelbaren und langfristigen potenziell schwerwiegenden Auswirkungen auf Mutter, Vater und insbesondere das Kind".  Unmittelbare Folgen können beispielsweise Komplikationen in der Schwangerschaft oder bei der Geburt, Einschränkungen im Beziehungsaufbau zwischen Eltern und Baby, Verhaltens- oder emotionale Probleme des Kindes bis hin zu einem erhöhten Risiko für Suizid des Elternteils oder für Säuglingssterblichkeit sein. Langfristig haben die Kinder ein höheres Risiko für psychische und körperliche Erkrankungen und ihre gesunde Entwicklung kann erheblich beeinträchtigt sein. 

Forscher schlagen Alarm: Keine nationale Strategie

Trotzdem gebe es in Österreich bisher weder eine nationale Strategie noch ein nationales Versorgungsmodell für peripartale psychische Gesundheit, betonte das AIHTA. Die vorhandenen Angebote zeigen zudem große regionale Unterschiede, die häufig unkoordiniert und nicht bundesländerübergreifend verfügbar sind. Das AIHTA analysierte in zwei Studien, wie andere ausgewählte Länder (Großbritannien, Irland, Kanada und Australien) mit dem Bedarf nach Versorgungsstrukturen umgehen.

In allen dabei untersuchten internationalen Dokumenten wird die frühzeitige Identifizierung von Menschen mit peripartalen psychischen Erkrankungen als essenziell ausgewiesen. "Ein Screening von Müttern auf diese Erkrankungen wird einhellig empfohlen, idealerweise zu mehreren Zeitpunkten, zum Beispiel zu Beginn und später in der Schwangerschaft sowie sechs bis zwölf Wochen nach der Geburt bzw. mindestens einmal im ersten Jahr nach der Geburt", berichtete Inanna Reinsperger, Public-Health-Forscherin am AIHTA.

Nicht im Mutter-Kind-Pass vorgesehen

"Die österreichische Angebotsstruktur weicht allerdings erheblich von den internationalen Empfehlungen ab", erläuterte die stellvertretende AIHTA-Leiterin Ingrid Zechmeister-Koss. "Im 'Mutter-Kind-Pass', dem nationalen Screening-Programm für die Schwangerschaft und die ersten fünf Lebensjahre des Kindes, ist ein routinemäßiges Screening auf psychische Probleme bisher nicht vorgesehen, obwohl Komponenten zur psychischen Gesundheit zukünftig integriert werden sollen. Für schwerwiegende, insbesondere akute peripartale psychische Probleme existieren generell wenig spezialisierte Angebote", betonte Zechmeister-Koss.

Die Bestandsaufnahme zum vorhandenen Präventions-, Früherkennungs- und Versorgungsangebot in Österreich habe ergeben, dass Inhalt und Kapazität dieser Angebote höchst unterschiedlich sind und keine nationalen Qualitätsstandards und Leitlinien zu Versorgungspfaden existieren. Die stationären Kapazitäten für Mutter-Kind-Betten liegen außerdem deutlich unter den international empfohlenen Bedarfszahlen und fehlen in einigen Bundesländern gänzlich, hielt das AIHTA fest.

"Bei manchen Angeboten in Österreich ist unklar, inwieweit deren Nutzen belegt ist. Auch über deren Kosten-Effektivität oder die Auswirkung struktureller Determinanten für die psychische Gesundheit, wie etwa familien- und reproduktionspolitische Maßnahmen, gibt es so gut wie kein Wissen. Im Gegensatz zu anderen Ländern fehlt es dazu in Österreich an Forschung. Die Unterstützung von Eltern mit peripartalen psychischen Problemen hat trotz ihrer Häufigkeit eine niedrige gesundheits- und sozialpolitische Priorität", sagte Jean Paul von der Medizinischen Universität Innsbruck, wo ein übergeordnetes Projekt zur Verbesserung der peripartalen psychischen Gesundheit in Tirol geleitet wird.

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7  Kommentare
7  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
PippilottaOma (1.219 Kommentare)
am 15.04.2023 10:07

Was ist eigentlich aus der Mutter-Kind-Station im Neuromed-Campus des Kepler Universitätsklinikums geworden ?
Aus Kostengründen eingestampft ?

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PippilottaOma (1.219 Kommentare)
am 15.04.2023 09:53

Eine 1:1 - Betreuung von Gebärenden wäre ein guter Schritt in die richtige Richtung.
1 Hebamme für 1 Gebärende - zumindest für den hochsensiblen Zeitraum der Geburt.

Vor- und Nachbetreuung durch Hebammen sind laut ÖGK auch Versicherungsleistungen, auf die jede Schwangere und Wöchnerin Anspruch hat.
Leider sieht es in der Realität so aus, dass es einen massiven Hebammenmangel gibt.
Speziell Kassen-Hebammen sind rar - die Frage nach dem WARUM darf nicht gestellt werden.
Bei einem Kassentarif von 46€ BRUTTO ! für einen Hausbesuch darf davon ausgegangen werden, dass für psychische Belange neben den körperlichen Untersuchungen nicht sehr viel Zeit bleibt.
Aber es geht ja "NUR" um Frauen und Kinder - eine SCHANDE !

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despina15 (10.099 Kommentare)
am 15.04.2023 07:42

Es gibt keine Großfamilie mehr,
wenn eine Gebärende zu Hause
war, sie wurde aufgefangen von
der ganzen Familie, heute sind sie
alleine in ihrer Wohnung, überfordert,
keine Begleitung!

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filibustern (705 Kommentare)
am 14.04.2023 13:55

Irgendwie scheint es nicht mehr zeitgemäß zu sein, dass Menschen mit Problemen selber fertig werden. Ja es scheint sogar nicht mehr zeitgemäß zu sein, dass sie versuchen, mit ihren Problemen selbst fertig zu werden.

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XAddict (39 Kommentare)
am 14.04.2023 14:11

Wie genau meinst du das mit „mit Problemen selber fertigwerden“? So wie die traumatisierten Kriegsrückkehrer, die in den 50ern und 60ern Frauen und Kinder gedroschen haben? Die Alkoholiker? Die, die an ihren schwierigen Lebensumständen zerbrachen aber egal, man ging ja jeden Sonntag in die Kirche und „…was sagatn denn da de Leut“?
Schön, falls dein Leben und deine psychische Gesundheit es zulassen, ohne professionelle Hilfe auszukommen, aber genau so Meinungen wie deine sind mit ein Teil des Problems, aber ganz sicher nicht Teil der Lösung.

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filibustern (705 Kommentare)
am 15.04.2023 06:34

Puh, nicht alles, was von ganz weit hergeholt ist, ist auch ein Argument. Und einen traumatisierten Kriegsheimkehrer mit einer gerade entbundenen Mutter in einem Wohlfahrtsstaat mit einer medizinischen Topversorgung zu vergleichen, das scheint mir äußerst weit hergeholt. Aber gut gemeint hast du deinen Post sicher!

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XAddict (39 Kommentare)
am 15.04.2023 10:30

Ich vergleiche nicht traumatisierte Kriegsheimkehrer mit frisch entbundenen Müttern sondern finde nur, dass Ihre verklärte, möchtegern-hartgesottene „selber mit Problemen fertigwerden“-These BS ist. Früher wurden nämlich die Menschen genausowenig mit den Problemen fertig.

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