Neuer Ansatz zur Entwicklung von Therapien bei Borreliose
WIEN. Keine Infektionskrankheit kommt in Europa so häufig vor wie die durch Zecken übertragene Lyme-Borreliose.
In Österreich wird mit bis zu 70.000 Neuerkrankungen jährlich gerechnet. In einigen Fällen müssen Betroffene der bakteriellen Infektion mit langfristigen gesundheitlichen Problemen rechnen. Ein Forschungsteam der Medizinischen Universität Wien erzielte nach eigenen Angaben nun große Fortschritte im Verständnis des Infektionsmechanismus.
Mit dem Wissen könne der Weg zur Entwicklung zielgerichteter Therapien vorangetrieben werden, die nicht auf Antibiotika beruhen, hieß es in einer Aussendung der MedUni Wien am Mittwoch. Publiziert wurde die Studie aktuell im "International Journal of Molecular Sciences".
Das wissenschaftliche Team um Margarida Ruivo und Michiel Wijnveld vom Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der MedUni Wien beschäftigte sich im Rahmen der Studie mit dem Restriktions-Modifikations-System (RMS) der Borreliose auslösenden Bakterien (Borrelien), hieß es in der Aussendung. RMS bezeichnet den Schutzmechanismus der Borrelien, der eine entscheidende Rolle bei der Abwehr von fremdem Erbgut (DNA) spielt und als primitives Immunsystem dieser Erreger bezeichnet werden kann. "Unser Ziel war es, das RMS von Borrelia afzelii und Borrelia garinii, den Haupterregern der Lyme-Borreliose in Europa, zu charakterisieren und seine Bedeutung für das Überleben dieser Bakterien während der Infektion des Wirts, also zum Beispiel des Menschen, zu verstehen", sagte Studienleiter Wijnveld.
Neue Methode
Um das RMS näher zu beleuchten, nutzten die Forscherinnen und Forscher eine neue Methode, bei der sie die DNA der Borrelien veränderten und analysierten. "Nach weiterer Forschung könnte diese Methode den Weg ebnen, um unsere Abhängigkeit von Antibiotika zu verringern und die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen zu verhindern", so Wijnveld.
Die Borrelien werden durch den Biss infizierter Zecken auf den Menschen übertragen. Jüngste Studien derselben Forschungsgruppe an der MedUni Wien zeigten laut Aussendung, dass jede vierte Zecke in Österreich Borrelien in sich trägt. Aktuell wird so schnell als möglich nach einer Diagnose mit der Behandlung mit Antibiotika begonnen. Ein zu später Behandlungsstart kann zu schwerwiegenden Komplikationen wie Herz- und Gelenkentzündungen, neurologischen Komplikationen und anhaltenden Symptomen nach der Behandlung führen. Eine Impfung gegen Borreliose gibt es aktuell nicht. Entgegen der immer noch weit verbreiteten Meinung schützt eine Impfung gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) nicht vor Lyme-Borreliose.