Brutaler Überfall auf Rieder Ehepaar 2013: Fünf Jahre Zusatzfreiheitsstrafe verhängt
RIED. Um 19 Uhr verkündete Richterin Leonie Paischer nach einem langen Prozesstag in Ried das Urteil: fünf Jahre Zusatzfreiheitsstrafe, unter Bedachtnahme auf ein rechtskräftiges Urteil aus Belgien, wo der Angeklagte bereits zu vier Jahren unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Somit ergibt sich eine Gesamtstrafe von neun Jahren.
Die Tat in der Nacht auf den 11. Juni 2013 machte österreichweit Schlagzeilen. Mehrere Täter überfielen ein Rieder Ehepaar mit Waffengewalt und erbeuteten Wertgegenstände im Gesamtwert von 775.000 Euro. Gegen Mitternacht zerrten Räuber den damals 73-Jährigen und seine 64-jährige Frau unter Vorhalt einer Pistole und eines Messers aus dem Bett. Dann zwangen sie das Ehepaar, Tresore zu öffnen, wo die Täter unter anderem Goldbarren, Schmuck und Bargeld vorfanden.
Drei Männer wurden in der Vergangenheit zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, am Freitag muss sich ein 38-Jähriger Ire mit kosovarischen Wurzeln vor einem Schöffensenat in Ried verantworten. Belastet wird er vor allem durch eine detaillierte Funkdatenauswertung. So soll sein Handy zur Tatzeit in unmittelbarer Nähe zur Villa der Opfer eingeloggt gewesen sein. Bei dem Raub wurden Telefone mit vier fortlaufenden Nummern von Handy-Wertkarten verwendet. „Ich weiß nichts von diesem Überfall, in Österreich war ich bisher nur auf der Durchreise“, sagte der Angeklagte zu Beginn des Prozesses. Sein Anwalt Michael Lanzinger sagte, dass die vorgebrachten Beweismittel nicht viel Wert seien.
Die belastenden Aussagen eines Mannes gegenüber der Polizei wies der Beschuldigte, der bereits seit rund eineinhalb Jahren in Untersuchungshaft (zuerst in Irland, seit Sommer 2022 in Österreich) zurück. Das seien alles Lügen und Racheaktionen, da es Streit, unter anderem um ein Auto, gegeben habe. "Dass wäre aber schon eine überzogene Racheaktion, wenn man sie mit so einem Überfall in Verbindung bringen würde", sagte die vorsitzende Richterin des Schöffensenats, Leonie Paischer. Laut Verteidiger Lanzinger habe der Belastungszeuge, der jedoch nicht zum Prozess erschienen war und sich mittlerweile offenbar in Pforzheim, Deutschland, aufhalten soll, seine Aussage bei einem Notar im Kosovo widerrufen haben. Lanzinger gab nach Rücksprache mit seinem Mandanten, wie auch Staatsanwalt Zimmer, grünes Licht für eine Verlesung der Zeugenaussagen.
Belastet wird der Angeklagte durch die Auswertung von Handydaten. Er habe mit der Tat nichts zu tun, auch sei er nie mit einem Handy in der Nähe des Tatorts eingeloggt gewesen. Er sei nur durch Österreich durchgefahren, Halt habe er hier nie gemacht.
Dass er in Belgien zu vier Jahren unbedingter Haft wegen Beteiligung bei einer Home-Invasion verurteilt wurde, kommentierte der Angeklagte, der in Irland zwei Pizzerien besitzt und ein monatliches Einkommen von 10.000 bis 15.000 Euro angab, so: „Ich wurde zu Unrecht verurteilt, ich habe damit nichts zu tun.
Die beiden 2020 zu mehrjährigen Hafstrafen verurteilten Männer, die ihre Gefängnisstrafe in der Justizanstalt Ried absitzen, wurden am späten Vormittag als Zeugen befragt. Lange dauerte die Befragung durch die vorsitzende Richterin Leonie Paischer nicht. Das Duo gab an, den Beschuldigten nicht zu kennen.
Ein auf die Analyse von Daten spezialisierter Beamter des Landeskriminalamts sagte im Zeugenstand, dass der Beschuldigte über sein Mobiltelefon mit den bereits verurteilten Tätern in Kontakt gestanden war. Der Beamte hatte die sehr komplexen Ermittlungen zu den Rufdaten zum bereits dritten Mal bei einer Hauptverhandlung erklärt und erläutert. Auf Nachfrage der Richterin und Schöffen, wie er sich das erkläre, antwortete der 38-Jährige wiederholt mit: "Da kann ich ihnen nicht helfen." Er habe mit der Tat nichts zu tun, für die Auswertung der Funkzellen könne er sich nicht erklären.
"Der Chefinspektor hat die Handyauswertung sehr nachvollziehbar dargestellt. Die Aussagen des Angeklagten sind mehr als unglaubwürdig. Er sagt, dass er bisher nur durch Österreich durchgefahren sei, gleichzeitig tauchen Fotos aus einem Lokal in Österreich auf", sagte Staatsanwalt Franz-Joseph Zimmer in seinem Schlussplädoyer. Seine Rufnummer sei zum Tatzeitpunkt beim Tatort eingeloggt gewesen.
Unter dem Motto "im Zweifel für den Angeklagten" legte der Verteidiger sein Plädoyer an. Die Vorwürfe seien reine Spekulation. "Beweise gibt es keine. Mein Mandant ist wegen widersprüchlichen Aussagen eines Mannes, der sich wie eine Fahne im Wind dreht, und eines Datenabgleiches von drei Kontakten angeklagt", sagte Lanzinger. Das sei zu wenig, "daher fordere ich einen Freispruch."
Schuldspruch: Keine Zweifel beim Schöffensenat
Kurz vor 19 Uhr verkündete Richterin Paischer das Urteil des Schöffensenats. Der Angeklagte ist schuldig wegen des Verbrechens des schweren Raubes und das Vergehen der Freiheitsentziehung. Der Schöffensenat verurteilte den Angeklagten zu fünf Jahren Zusatzfreiheitsstrafe. Grund: Eine Bedachtnahme auf ein rechtskräftiges Urteil aus Belgien, wo der Angeklagte bereits zu vier Jahren unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt wurde "Das Gericht ist überzeugt davon, dass Sie bei der Tat dabei waren", sagte Paischer. Für das Gericht stehe ohne Zweifel fest, dass die irische Nummer durch die Rufdatenauswertung eindeutig auf ihn zuzuordnen sei. Wesentlich seien auch die belastenden und glaubwürdigen Angaben des Zeugen gewesen. Erschwerend sei der Umstand, dass der Beschuldigte bereits zwei einschlägige Vorstrafen wegen Vermögensdelikten habe. "Das ist eines der schwersten Verbrechen, das man begehen kann", sagte Paischer.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Angeklagte meldete Berufung an, Staatsanwalt Zimmer meldete ebenfalls Berufung wegen der Strafhöhe an.