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Jürgen, der Mann mit den 1000 Schutzengeln

Von Valentin Berghammer, 05. Jänner 2023, 06:00 Uhr
Jürgen Mayr-Steffeldemel
„Ans Sterben habe ich nie gedacht“: Jürgen Mayr-Steffeldemel Bild: vabe

SCHARDENBERG. Eine Eisenstange durchbohrte den Oberkörper von Jürgen Mayr-Steffeldemel – Mit Glück überlebte er den Arbeitsunfall.

Der Feierabend an einem Mittwoch im Oktober stand kurz bevor. In einer Neubausiedlung im bayerischen Thyrnau arbeiteten Jürgen Mayr-Steffeldemel und seine Kollegen an der Errichtung einer Gartenanlage. Die Mitarbeiter eines Baggerbetriebs trafen bereits die Vorbereitungen für den nächsten Tag. Mayr-Steffeldemel musste nur mehr den Schalengreifer an den Kran montieren. Anschließend klettert er über die Bordwand auf eine kleine Plattform, rund zwei Meter ist der Höhenunterschied zum Boden. Als der 39-Jährige mit dem linken Fuß den ersten Schritt auf die Abstiegshilfe macht, "war es, als hätte sie mir jemand plötzlich weggezogen", erzählt Mayr-Steffeldemel, der daraufhin stürzte – auf eine 1,2 Meter lange Eisenstange.

Im ersten Moment habe er jedoch nicht realisiert, dass ihn die Stange von der rechten Hüfte schräg aufwärts durchbohrt habe. "Mit dem Ellbogen und der Hüfte bin ich auf dem Pflaster aufgelegen. Ich habe zuerst geschaut, ob ich mir etwas gebrochen habe. Als ich aber die Beine anziehen wollte und das nicht ging, habe ich gemerkt, dass etwas nicht stimmt."

Während der Schardenberger von seinem unfassbaren Unfall erzählt, sitzt er bereits wieder gesund daheim am Esstisch. Auf den ersten Blick macht Mayr-Steffeldemel nicht den Eindruck, dass er dem Tod zwei Monate zuvor nur wenige Millimeter entronnen war.

Rettungskette funktionierte

Die Eisenstange bahnte sich ihren Weg durch Leber und Zwerchfell, zwischen den beiden Lungenflügeln hindurch und nur knapp am Herz vorbei. Was ihm zugute kam: Eine reibungslos funktionierende Rettungskette und die vorbildhafte Mithilfe seiner Arbeitskollegen. "Wäre ich alleine gewesen, wäre ich mit Sicherheit auf der Stange liegend erstickt", sagt Mayr-Steffeldemel. Der Junior-Chef, der mit ihm auf der Baustelle gearbeitet hat, ist ausgebildeter Rettungssanitäter. Gemeinsam mit seinen Kollegen verwendete er ein Stück Holz als Unterkeil, um den Verletzten in eine stabile Rückenlage zu bringen. Die Stange schnitten sie mit einer Akkuflex ab.

In der Zwischenzeit hatte bereits ein Nachbar, der den Unfallhergang genau beobachtet hatte, die Rettung verständigt. Mit dem Krankenwagen ging es in das Klinikum Passau. Im Hubschrauber, der ebenfalls vor Ort war, hatte Mayr-Steffeldemel samt Eisenstange keinen Platz. Nur eine halbe Stunde nach dem Unglück kam der Patient im Klinikum an. "Damit ich in den Computertomographen passe, musste erneut ein Teil der Eisenstange abgeschnitten werden", erzählt Mayr-Steffeldemel. Nach dem CT-Scan schnitten die Ärzte den Patienten frontal auf, innere Blutungen hatte er glücklicherweise keine. Anschließend öffnete das Operationsteam die Stelle an der Haut, unter der das Ende der Stange zu spüren war. Vorsichtig wurde sie schließlich von oben aus dem Körper gezogen. Nach eineinhalb Stunden war die Operation erfolgreich beendet.

Reibungslose Heilung

Ob ihm der Kampf ums Überleben bewusst war? "Ans Sterben habe ich nie gedacht. Außerdem ist alles Schlag auf Schlag gegangen, da hast du keine Gelegenheit, mit diesem Gedanken zu spielen", sagt Mayr-Steffeldemel. Der Blutdruck war über die gesamte Zeit hinweg konstant, "ich war immer bei mir und habe mich mit allen unterhalten." Aber natürlich sei ihm bewusst, dass er großes Glück hatte – auch nach der Operation.

Nach nur neun Tagen auf der Intensivstation und sieben weiteren Tagen auf der Normalstation durfte der Schardenberger wieder heim zu seiner Familie. Die Heilung verläuft nahezu reibungslos. Im Jänner startet er eine Reha in Graz, im Frühjahr möchte er "wieder angreifen" – als Bauarbeiter. "Ich mag meinen Beruf, die Arbeit mit Maschinen und an der frischen Luft. Etwas Anderes zu machen war für mich nie ein Thema." Auch wenn mit der Zeit der Alltag wieder zurückkehre, diesen einen Tag im Oktober hat Jürgen Mayer-Steffeldemel nach wie vor im Hinterkopf und das wird auch so bleiben. "Ich schätze das Leben seit meinem Unfall definitiv wieder mehr."

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Autor
Valentin Berghammer
Redaktion Innviertel
Valentin Berghammer

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