Die ÖVP auf Malta kennenlernen
Die ÖVP im Bezirk Vöcklabruck hat mich (und vermutlich auch andere Lokalredakteure) eingeladen, sie auf eine dreitägige Studienreise nach Malta zu begleiten. Nach einwöchigem Hadern sagte ich zu. Seither plagt mich ein schlechtes Gewissen.
Nicht weil ich mich von einer Partei einladen lasse. Ich bin froh über die Gelegenheit, führende Funktionäre aus den 52 Gemeinden des Bezirks besser kennenlernen zu dürfen. Das hilft mir bei meiner Arbeit. Darum sagte ich auch dankend zu.
Das Verhältnis zwischen Politikern und Journalisten ist ja die komplizierteste Beziehung, die man sich vorstellen kann. Aber auch die spannendste. Wir brauchen uns gegenseitig. Zugleich misstrauen und belauern wir einander. Freundschaften zwischen Politikern und Journalisten verbieten sich. Gegenseitiger Respekt ist aber schön und Wertschätzung noch schöner. Die Beziehung funktioniert nur dann gut, wenn Politiker sich daraus keinen unredlichen Vorteil erwarten und es akzeptieren, dass wir auch andere Meinungen als ihre wiedergeben. Und sie funktioniert nur dann gut, wenn wir Journalisten Vertrauen, das uns entgegengebracht wird, nicht für eine schnelle Titelzeile missbrauchen. Interviews werden spannend, wenn der Politiker sagt: "Was jetzt kommt, ist off the record." Denn auch wenn ich die Information dann für mich behalten muss, hilft sie mir, Zusammenhänge besser zu verstehen.
Trotzdem habe ich ein schlechtes Gewissen, der ÖVP-Einladung gefolgt zu sein. Weil ich vor 14 Jahren eigentlich beschlossen habe, in kein Flugzeug mehr zu steigen. Aus Sicht des Einzelnen ist Fliegen die effektivere Methode, die Klimakrise anzuheizen. Zur Erinnerung: Die Welt einigte sich darauf, die Erderwärmung bei einem Wert von 1,5 Grad Celsius zu deckeln (Deutschland erreichte im Vorjahr 1,47 Grad), und angeblich ist uns das allen total ernst. Dann dürften wir pro Kopf und Jahr aber nicht mehr als 2,5 Tonnen CO2-Emissionen verursachen. Alleine der Malta-Flug frisst ein Viertel dieses meines CO2-Jahresbudgets. Und ich muss heuer noch viel essen, mit dem Dienstwagen fahren, Konsumgüter kaufen und in einer gasbeheizten Redaktion sitzen. Nicht dass ich es in den vergangenen Jahren einmal geschafft hätte, an die 2,5-Tonnen-Grenze auch nur ansatzweise heranzukommen. Aber die drei Tage in Malta verhageln mir die diesjährige Bilanz komplett. Und die Verantwortung dafür trage ich, nicht die ÖVP.
Warum ich trotzdem zusagte? Weil ich zumindest nicht zum Spaß fliege, sondern aus beruflichen Gründen. Das Klima wird diesen Unterschied aber nicht bemerken.
An dieser Stelle schreiben abwechselnd Ulrika Rubasch und Edmund Brandner.