Warum Burn-out keine Berufskrankheit ist, aber Schwerhörigkeit schon
VÖCKLABRUCK. Versicherungsschutz im Homeoffice und arbeitsbedingte Gesundheitsschäden: AK-Experten beantworteten in Vöcklabruck alle Fragen des Publikums
Müssen Arbeitnehmer erst am zweiten Tag des Krankenstands eine ärztliche Bestätigung liefern? Bin ich verpflichtet, während der Krankheit mit meinem Chef zu kommunizieren? Rund um das Thema Gesundheit am Arbeitsplatz ranken sich zahlreiche Mythen. Am Dienstagabend klärten Experten bei "Achtung, Falle", einer Kooperation der Arbeiterkammer Oberösterreich mit den OÖN, in Vöcklabruck über die Rechtslage auf.
Was sind die richtigen Schritte für einen Arbeitnehmer, wenn er krank ist?
Sarah Falkensteiner: Zuerst sollte der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mitteilen, dass er krank ist. Daraus entstehen Rechtsansprüche, wie zum Beispiel die Entgeltfortzahlung. Als Nächstes wäre es wichtig, eine Krankenstandsbestätigung beim Arzt einzuholen. Diese kann der Arbeitgeber jederzeit einfordern.
Wann gilt ein Unfall als Arbeitsunfall?
Alexandra Holzer: Die Antwort klingt ein wenig theoretisch. Der Unfall muss in einem zeitlichen, örtlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen, wegen der der Verunfallte versichert ist. Da gibt es ganz einfache Beispiele: Ein Tischler schneidet sich bei der Holzarbeit in die Hand. Dann gibt es auch Fälle, die in einem inneren Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen, wie zum Beispiel Wegunfälle. Da verrichtet man die Tätigkeit nicht direkt, aber der Unfall passiert, weil man die Arbeit aufsucht.
Warum ist es überhaupt wichtig, ob der Arbeitnehmer einen Freizeit- oder einen Arbeitsunfall hatte?
Sarah Falkensteiner: Weil sich daraus andere Rechtsansprüche ergeben, etwa bei den Entgeltfortzahlungen. Bei einem Arbeitsunfall besteht Anspruch auf eine Fortzahlung für bis zu acht Wochen, nach 15 Dienstjahren bis zu zehn. Bei einem Freizeitunfall hat der Arbeitnehmer Anspruch auf sechs Wochen volle Entgeltfortzahlung, danach vier Wochen halbes Entgelt – diese Ansprüche steigen mit den Dienstjahren. Außerdem gibt es einen anderen Durchrechnungszeitraum: Bei einem Arbeitsunfall besteht der Anspruch pro Unfall. Hätte ich also zwei Arbeitsunfälle in einem Jahr, hätte ich jeweils acht beziehungsweise zehn Wochen Anspruch. Bei Freizeitunfällen werden die Krankenstände eines ganzen Jahres zusammengerechnet.
Was gilt in Österreich als Berufskrankheit?
Roland Spreitzer: Es gibt eine klar definierte Liste mit 53 Berufskrankheiten. Nur die Leiden, die auf dieser Liste stehen, können überhaupt als Berufskrankheit anerkannt werden. Im Einzelfall muss dann noch zweifelsfrei festgestellt werden, dass die Erkrankung tatsächlich durch die Arbeit verursacht wurde.
Immer mehr Menschen leiden an Burn-out – ist das auch eine Berufskrankheit?
Roland Spreitzer: Nein, obwohl das kritisch zu hinterfragen wäre. Aber für eine Berufskrankheit braucht es immer eine monokausale Begründung, also eine klare Ursache – bei der Lärmschwerhörigkeit, der häufigsten Berufskrankheit, kann das zum Beispiel Maschinenlärm sein. Das wird bei psychischen Krankheiten wie Burn-out nur schwer nachweisbar sein.
Was ist eigentlich eine Arbeitsplatzevaluierung?
Alexandra Holzer: Das ist ein Evaluierungsprozess, der für den Arbeitgeber verpflichtend ist. Dabei werden in fünf Stufen Verbesserungspotenziale im Hinblick auf die Arbeitssicherheit in einem Betrieb festgestellt. In weiterer Folge sind die Verbesserungen dann umzusetzen. Das umfasst nicht nur die physische Sicherheit, sondern auch psychische Belastungsfaktoren wie Stress und Unternehmensklima müssen einbezogen werden. Wenn es Neuerungen im Betrieb gibt, müssen auch diese evaluiert werden.
Wohin sollte sich ein Arbeitnehmer wenden, wenn er das Gefühl hat, etwas im Unternehmen belastet ihn?
Roland Spreitzer: Im ersten Schritt an den Betriebsrat, sofern einer vorhanden ist. Wenn das Unternehmensklima passt, kann man Probleme natürlich auch mit den Führungskräften besprechen. Sollte das nicht helfen, sind die nächsten Anlaufstellen die Gewerkschaften, die Arbeiterkammer oder die Unfallversicherung. Ultima Ratio wäre die Behörde, also die Arbeitsinspektion.
Stangl: „Es braucht ein betriebliches Gesundheitsmanagement“
Bei „Achtung, Falle“ am Dienstag in Vöcklabruck forderte Andreas Stangl, Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich, eine Reihe von Maßnahmen, um die Arbeitsplatzbedingungen künftig weiter zu verbessern. Es habe sich bereits viel getan, jetzt sei aber ein „ganzheitlich ausgerichtetes betriebliches Gesundheitsmanagement“ notwendig. Es müssten sowohl körperliche als auch psychische Belastungen am Arbeitsplatz erkannt und reduziert werden.
Zudem bräuchten die Arbeitnehmer ausreichend Zeit, um sich auszukurieren – dazu brauche es auch ausreichend Personal in den Unternehmen und gesunde Arbeitszeiten. „Langfristig heißt das: eine kürzere Vollzeit-Arbeitszeit mit Ausgleich bei Lohn und Personal.“ Für belastende Arbeitszeiten brauche es mehr Freizeitoptionen.
Das sei auch im Sinne der Arbeitgeber: „Denn wer gute Arbeitsbedingungen bietet, kann verdiente Mitarbeiter halten und neue gewinnen“, sagte Andreas Stangl.
Die Experten der Arbeiterkammer stehen jederzeit für Beratungen bei allen Fragen zu Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zur Verfügung. Kontakt: Tel.: 050/6906-2317 Mail: arbeitsbedingungen@akooe.at
Nächster Infoabend
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