Schönborn darf in Pension: Erzbischof geht nach fast 30 Jahren
WIEN. Er darf nun also doch. Kardinal Christoph Schönborn, seit 29 Jahren Wiener Erzbischof, hatte Anfang 2020 dem Papst seinen Rücktritt angeboten - und wurde dann lange nicht erhört.
Der Vatikan verlängerte Schönborns Amtszeit auf unbestimmte Dauer, rund um seinen 80. Geburtstag im Jänner kommenden Jahres wird diese nun aber wohl endgültig vorbei sein. In den vergangenen drei Jahrzehnten begleiteten Schönborn immer wieder Krisen seiner Kirche. Schönborn gilt in Kirchenkreisen als weltoffen und intellektuell. Seine fast verschämte Art, Glaubenswahrheiten zu verkünden, beeindruckt selbst liberale Kritiker des aus adeligem Hause stammenden Dominikaners, dessen Stammbaum mit mehr als einem Dutzend Bischöfen und Kardinälen aufwarten kann. Beim kritischen Kirchenvolk hatte es Schönborn hingegen schwerer. Er griff "heiße Eisen" oft zögerlich an und reagierte dann im vertrackten Kirchensprech.
- Lesen Sie auch: Kardinal Schönborn zieht sich als Wiener Erzbischof zurück
Geharnischter Hirtenbrief
Letztlich fielen Schönborn aber doch noch - zumindest für hohe Kleriker - deutliche Worte ein. In der Causa um den schlussendlich verhinderten Linzer Weihbischof Gerhard Maria Wagner war es etwa ein geharnischter Hirtenbrief der Österreichischen Bischofskonferenz, deren Vorsitzender Schönborn ist. Bemerkenswert war auch ein offenes Gespräch mit einer ehemaligen Nonne über Missbrauch in der Kirche, bei dem Schönborn einräumte, selbst Opfer geworden zu sein.
Nach dem Tod von Johannes Paul II. firmierte Schönborn im "Papst-Toto" ganz oben. Der immer elegant auftretende Kardinal ist nicht nur einer der profiliertesten Fürsprecher des interreligiösen Dialogs, er hat sich auch die innere Erneuerung des Katholizismus auf seine Fahnen geschrieben. Diesbezüglich prägend für den mit 18 Jahren in ein westfälisches Kloster eingetretenen Dominikaner erwies sich der französische Theologe Yves Congar. Dieser machte Schönborn während seines - mit Auszeichnung abgeschlossenen - Doktoratsstudiums in Paris mit französischen Erneuerungsbewegungen bekannt, die nach einem neuen Platz für die Kirche in einer säkularen Welt suchten.
Begeisterung für Erneuerungsbewegungen
Der Sohn einer alleinerziehenden Mutter hat seine Begeisterung für Erneuerungsbewegungen wie das "Neokatechumenat" bis heute nicht verloren. Beobachter sehen darin die Strategie, die katholische Kirche auf einen "gesunden harten Kern" tief Gläubiger zu konzentrieren, statt die große Masse von "Taufscheinchristen" mit Konzessionen an den "Zeitgeist" bei der Stange zu halten. In diesem Licht ist auch die Sympathie Schönborns für das orthodoxe Judentum zu sehen. So bezeichnete er es als "lebenswichtig" für die Zukunft der Kirche, die Bibel "im Lichte ihrer jüdischen Auslegung" zu studieren. Bei einer Jerusalem-Reise der österreichischen Bischöfe, aber auch bei anderen Anlässen fand Schönborn immer wieder deutliche Worte zum Holocaust, was ihm Lob vonseiten der jüdischen Gemeinde einbrachte.
Aber auch gegenüber dem Islam betätigte sich Schönborn als "Eisbrecher". Als erster Kardinal traf er 2001 im Iran mit der religiösen und weltlichen Führung des islamischen "Gottesstaates" zusammen. Nach den Terrorattacken gegen die französische Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" kritisierte er sogar die seiner Meinung nach "verächtlich machenden und vulgären Karikaturen" darin. Weniger ins Bild passten seine Worte zu einem "dritten islamischen Versuch der Eroberung Europas". Nach heftigen Reaktionen und mit Verweis auf den "Missionsauftrag des Islam" sprach er von einem "Missverständnis".
- Aus dem Archiv: Schönborn im Vatikan: "Es ist immer zu spät"
Freundlich im Ton, hart in der Sache
In gesellschaftspolitischen Bereichen marschiert der Wiener Erzbischof die Vatikan-Linie treu mit, zum Beispiel bei der Ablehnung von Abtreibungen. Kirchenkritikern, die etwa die Abschaffung des Zölibats und die Priesterweihe für Frauen fordern, begegnet Schönborn zwar freundlich im Ton, aber hart in der Sache. Den Wechsel von Papst Benedikt XVI. zum liberalen Franziskus vollzog Schönborn ebenfalls mit: Im Rahmen der Familiensynode des Vatikans äußerte sich Schönborn für seine Verhältnisse überraschend offen zu homosexuellen Partnerschaften.
Gute Verbindungen hat der am 22. Jänner 1945 im böhmischen Skalsko geborene Schönborn in den Vatikan. Beobachter sagten ihm ein Naheverhältnis zum ehemaligen Papst Benedikt XVI. seit dessen Jahren als Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation nach. Anfang der 1970er-Jahre absolvierte Schönborn ein Studienjahr bei ihm an der Universität Regensburg. 1981 berief Josef Ratzinger den begabten Dominikaner, der Französisch, Spanisch, Englisch und Italienisch spricht, in die internationale Theologenkommission des Vatikan und machte ihn zum Redakteur des Weltkatechismus (1992), der die Glaubenslehre der katholischen Kirche festschreibt. Ein Höhepunkt in Schönborns bisheriger Amtszeit war der Besuch des damaligen Heiligen Vaters 2007 in Österreich.
Äußerst konfliktscheu
Den österreichischen Katholiken ist der nach der Vertreibung seiner Familie in Vorarlberg aufgewachsene Schönborn vor allem als Krisenmanager bekannt. Seit 1991 Wiener Weihbischof, verdankte er seinen größten Karrieresprung der schwersten Kirchenkrise Österreichs. Nachdem sein Vorgänger Hans Hermann Groer wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs von Zöglingen abtreten musste, wurde Schönborn im September 1995 Wiener Erzbischof. Als solcher betrieb er auch die Demontage des streitbaren St. Pöltner Bischofs Kurt Krenn, der im Herbst 2004 über eine Sexaffäre an seinem Priesterseminar stolperte. Dabei gilt Schönborn - seit 1998 Kardinal - als äußerst konfliktscheu. So entließ er im Jahr 1999 seinen Generalvikar Helmut Schüller, indem er ihm kurzerhand den "Blauen Brief" unter der Tür durchschob.
Bereits bei der Amazonien-Synode im Oktober 2019 reichte Schönborn seinen Rücktritt ein, da er im Jänner darauf mit 75 das Pensionsalter für Bischöfe erreichen würde. Trotzdem blieb er als Wiener Erzbischof im Amt, und das auf unbestimmte Zeit. Erst vergangene Woche war Schönborn zum Start der Beratungen der Weltbischofssynode nach Rom gereist. Dort plädierte er etwa, Kirchenvertretern aus dem "Globalen Süden" zuzuhören und betonte den Stellenwert der Inklusion. Eine berufliche Entlastung brachte für ihn die Übergabe des Vorsitzes der Bischofskonferenz im Juni. Sein Nachfolger wurde Salzburgs Erzbischof Franz Lackner, von dem nicht ausgeschlossen wird, dass er dem Kardinal auch in der Erzdiözese Wien folgt.
Politisch äußerte sich Schönborn zuletzt häufiger. Er rief auf, zur Nationalratswahl zu gehen, eine Wahlempfehlung gab er aber doch nicht ab. In der Tageszeitung "Heute" hat Schönborn eine Kolumne, dort hielt er unlängst ein Plädoyer für die "politische Vielfalt". Sein Privatleben hält Schönborn hingegen streng unter Verschluss. Der Kardinal, der seine Kindheit in Schruns in Vorarlberg verbrachte, ist leidenschaftlicher Jasser - ein Kartenspiel zu dem er des Öfteren ehemalige Landsleute in Wien trifft. Sein Bruder ist der Schauspieler Michael Schönborn.
Auch wenn ich nicht katholisch bin und mich der Bischof nichts angeht - dass er uns einen Bischof Wagner in Linz mit-erspart hat, ist nicht hoch genug anzurechnen. Der hätte die lokale katholische Kirche zurück ins Mittelalter geführt und durch ihre Verbindungen zur ÖVP auch in der Lokalpolitik Rückschritte verursacht.
Nicht, dass die OÖVP als besonders fortschrittliche Partei verschrien wäre, wie diese junge Oberösterreicherin in Wien immer wieder erkennen lässt.
Seine Anbiederung an den Islam ist ein großer Fehler.
Dadurch fühlen sich Christen vernachlässigt und Islamisten in ihrem Missionierungswahn bestärkt.