Nord Stream 1: Putin stellt Gasliefermenge infrage
MOSKAU. Die Kapazitäten könnten weiter reduziert werden, es gebe aber noch "eine fertige Trasse – Nord Stream 2".
Am Tag vor dem planmäßigen Ende der Nord-Stream-1-Wartung schürte Russlands Präsident Wladimir Putin gestern Zweifel am Umfang künftiger Gaslieferungen. Die Kapazitäten könnten weiter reduziert werden, weil die Wartung bestimmter Bestandteile nur langsam vorankomme. Gazprom hatte die Kapazität bereits vor der am 11. Juli begonnenen und auf zehn Tage ausgelegten Pause auf 40 Prozent gedrosselt und dies auf die Wartung einer Turbine zurückgeführt.
Putin deutete an, dass seiner Meinung nach die Verantwortung für reduzierte Kapazitäten nicht beim russischen Staatskonzern Gazprom liege. Es gebe bei Nord Stream 1 fünf von Siemens Energy betriebene Pumpmodule, sagte Putin nach seinem Besuch im Iran vor Journalisten. Eine weitere Einheit sei außer Betrieb, weil die Innenauskleidung bröckle. "Es gibt dort zwei funktionierende Maschinen, sie pumpen 60 Millionen Kubikmeter pro Tag … Wenn eine nicht zurückkommt, gibt es eine, das macht 30 Millionen Kubikmeter. Hat Gazprom damit etwas zu tun?"
Der Konzern sei auch nicht für die Reduzierung von Transitkapazitäten durch die Ukraine verantwortlich und bereit, seine Exportverpflichtungen zu erfüllen. Gleichzeitig bot der Kremlchef süffisant an: "Wir haben noch eine fertige Trasse – das ist Nord Stream 2. Die können wir in Betrieb nehmen."
Die Regierungsfraktionen in Berlin sehen in den Äußerungen Wladimir Putins einen "plumpen Erpressungsversuch". Man habe in den vergangenen Wochen stets darauf verwiesen, dass eine Inbetriebnahme von Nord Stream 2 nicht möglich wäre, weil die Pipeline nicht genehmigt sei, hieß es gestern. Am 22. Februar, noch vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, hatte die deutsche Bundesregierung die umstrittene Pipeline auf Eis gelegt und ein Zertifizierungsverfahren gestoppt.