"Grüne ließen sich über den Tisch ziehen": Pressestimmen zu Türkis-Grün
WIEN. Die neu formierte türkis-grüne Bundesregierung wird auch in internationalen Zeitungen zahlreich kommentiert.
>>> "Frankfurter Rundschau":
"Österreich hat wieder eine gewählte Regierung. Zum ersten Mal eine schwarz-grüne. Zum ersten Mal mit mehr Frauen als Männern. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat das neue Kabinett vereidigt. Es ist eine Regierung, auf die Europa gespannt blickt. Sie könnte eine Blaupause für ähnliche europäische Modelle auch jenseits der Alpen werden. Hart in der Migrationsfrage. Hart bei Klimaschutzmaßnahmen. Wobei der alte neue Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht müde wird zu betonen: 'Ich bilde keine Koalition für den Rest der Welt, sondern für Österreich. Und ich bilde schon gar keine Koalition für die internationale Presse.'"
>>> "taz" (Berlin):
"Weniger 'grauslich' als die Vorgängerregierung zu sein, muss reichen, befand die Grünen-Basis und stimmte beim Bundeskongress mit 93 Prozent für die Koalition. Das zeigt einmal mehr, dass rechte Grauslichkeiten normal geworden sind. Keine Minister mit Neonazi-Vergangenheit - und schon ist alles gut. Aber: Kein Rassismus ist nicht automatisch links. Ganz abgesehen davon, dass ein diskriminierendes Kopftuchverbot an Schulen im Abkommen steht. Im Umweltbereich ist der türkis-grüne Plan wohl ambitionierter als das, worauf sich eine mögliche Große Koalition geeinigt hätte. Manche Details, allen voran die Gegenfinanzierung der Maßnahmen, die auch eine 'CO2-Bepreisung' enthalten, sind vage. Zuversichtlich setzt man auf die Kompetenz des grünen Teams, sich in der Regierungsarbeit durchzusetzen. Man kann nur hoffen, dass Sebastian Kurz die Grünen nicht nur als Feigenblatt benutzt, weil das Thema Klimawandel gerade in ist."
>>> "Hamburger Abendblatt":
"So drängt sich beim Studium des Wiener Koalitionsvertrages der Eindruck auf, dass sich die österreichischen Grünen an entscheidender Stelle von Kurz über den Tisch haben ziehen lassen. Sie setzten zwar Steuersenkungen und Klimaschutzprojekte durch. Im Vertrag von ÖVP und Grünen findet sich jedoch eine Hintertür, die es Kurz erlauben würde, in der Flüchtlings- und Migrationspolitik wieder mit der rechtspopulistischen FPÖ gemeinsame Sache zu machen. Der Passus gilt nur für Ausnahmesituationen, etwa vergleichbar mit der Flüchtlingskrise 2015. (...) Bemerkenswert ist die Wiener Verabredung ohnehin. In Österreich wie in Deutschland galt als ungeschriebenes Gesetz, dass Koalitionspartner bei Uneinigkeit einen Kompromiss finden oder ein Thema ruhen lassen müssen. (...) Politik und Gesellschaft in Österreich sind konservativer geprägt (als in Deutschland, Anm.). Kanzler Kurz regierte bis zum Bruch und den Neuwahlen mit der skandalträchtigen FPÖ. Dazu kommt, dass die aus dem außerparlamentarischen Nichts kommenden österreichischen Grünen mit rund 14 Prozent nicht das Gewicht hatten, um Kurz alles zu diktieren."
>>> "Bonner Generalanzeiger":
"So stark wie heute waren die (deutschen) Grünen in ihrer 40-jährigen Geschichte noch nie. Unter den Parteichefs Robert Habeck und Annalena Baerbock haben sie sich zur robusten 20-Prozent-Partei gemausert, die sich anschickt, mit der Union 2021 um das Kanzleramt zu konkurrieren. In Österreich dagegen sind die Grünen von solcher Stärke noch weit entfernt. Nun haben sie dem Konservativen Sebastian Kurz zu seiner zweiten Kanzlerschaft verholfen, um die rechte FPÖ aus der Regierung rauszuhalten. Auch in Deutschland könnte bald ein schwarz-grünes Bündnis regieren, doch als Blaupause für Deutschland taugt das österreichische Beispiel trotzdem nicht. Schon der Größenunterschied zwischen der österreichischen Schwesterpartei und den kraftstrotzenden deutschen Grünen führt zu einem erheblich größeren Gestaltungsanspruch der Grünen in Deutschland. Dass sie den Konservativen - wie in Österreich - freie Hand in einem für sie zentralen Feld wie der Migrations- und Asylpolitik geben, schließen sie zu Recht aus. Die Grünen wären ja auch mit dem Klammerbeutel gepudert, würden sie an dieser Stelle nicht klare Kante zeigen."
>>> "Rhein-Zeitung" (Koblenz):
"Eben noch mit der FPÖ, jetzt mit den Grünen: Der immer smart wirkende und um keine Antwort verlegene Sebastian Kurz ist rein politisch gesehen ein Fähnchen im Wind. Es ist kaum verwunderlich, dass im mit politischen Lichtgestalten nicht gerade reich gesegneten Deutschland einige neidisch nach Österreich schauen. Doch es dürfte zweifelhaft sein, ob eine charismatische Fassade, hinter der die Beliebigkeit blüht, in Deutschland beim Wähler verfangen würde. Die Grünen, ohne die hierzulande künftig nach derzeitigem Stand kein Regieren in Berlin mehr möglich sein wird, dürften dies zu verhindern wissen. Genau genommen sind Robert Habeck und Annalena Baerbock das deutsche Gegenkonzept zum Modell Kurz. Lichtgestalten mit Substanz."
>>> "Nürnberger Nachrichten":
"Ob das Regierungsbündnis als Blaupause für die deutsche Politik taugt, darf doch bezweifelt werden. Die neue Wiener Koalition ist alles andere als eine politische Liebesehe. Eher ist sie eine aus der Not geborene Vernunftslösung. Für die Not hat die 'soffene Gschicht' von Ex-FPÖ-Chef Strache gesorgt. Ohne die Ibiza-Affäre würde Kurz immer noch frei von Skrupeln mit der reichlich unappetitlichen Rechtspartei regieren. Weder wünscht man der deutschen Politik solche Skandale, noch solche bis zur Rückgratlosigkeit wendige Kanzler."
>>> "Dnevnik" (Ljubljana):
"Die neue Regierungskoalition in Österreich ist ohne zu übertreiben ein einziger Widerspruch: Die beiden Parteien haben eine ganz unterschiedliche Wählerbasis und in so manchem gegensätzliche, im Grunde unvereinbare Positionen. (...) Die neue Koalition ist etwas Ähnliches wie die berühmte Katze des österreichischen Physiker Erwin Schrödinger. Wenn seine Katze gleichzeitig lebendig und tot sein konnte, dann ist die Kurz-Kogler-Regierung gleichzeitig links und rechts. Nicht links und nicht rechts, auch nicht etwas dazwischen, sondern beides gleichzeitig, eine Quanten-Regierung. (...)
Alleine die Tatsache, dass die Grünen erstmals in der Regierung sind, hat für sie, für Österreich und für Europa noch keine Bedeutung. Eigentlich haben sie mit ihrer größten Leistung, damit, dass sie mit dem Einzug in die Regierung die Rückkehr der Freiheitlichen an die Macht verhinderten, vor allem Kurz genützt. Die neue österreichische Koalition ist bis jetzt auf der ganzen Linie ein Erfolg nur für den alten-neuen Kanzler."
>>> "Neue Zürcher Zeitung":
"Das Murren an der Basis und aus der Grünen Jugend war in den vergangenen Tagen unüberhörbar gewesen; die Partei muss sich dieser Tage in atemberaubendem Tempo nicht nur an eine neue Rolle gewöhnen, sondern sich auch inhaltlich und organisatorisch neu erfinden. Die Grünen werden gerade schneller erwachsen, als dies manchen lieb ist. (...)
Die Grünen sind klar der schwächere Partner. Sie haben zwar viele ihrer Projekte im Koalitionsvertrag verankert. Doch die entscheidenden Ministerien, besonders die Finanzen, kontrolliert die ÖVP. Wollen sie nicht zur Seite gedrückt werden, brauchen die Grünen weiterhin Verhandlungsgeschick und eine gesunde Streitkultur - sowohl innerhalb der Partei als auch innerhalb der Koalition. Falsche Illusionen haben sie diesbezüglich keine."
>>> "Lidove noviny" (Prag):
"Dass die Grünen die Klima-Neutralität schon zum Jahr 2040 durchgesetzt haben, sieht radikal aus. Aber in einem Land mit so vielen Energie-Quellen von den Alpen-Flüssen ist das kein großer Bruch. Und zum Ablehnen der Atomenergie braucht Österreich die Grünen nicht. Vor zwanzig Jahren hat ein breites politisches Spektrum die Demonstrationen gegen Temelin unterstützt, besonders die Freiheitlichen von Haider. Zusammengefasst: Keine Revolution findet statt und Österreich wird die Linie der Regierung der ÖVP und Grünen fahren, die es bereits in Oberösterreich trainiert hat".
>>> "Berlingske" (Kopenhagen):
"Deutschland könnte das nächste Land sein, wo Konservative und Grüne eine Regierung bilden. In Deutschland deuten Meinungsumfragen auf die Möglichkeit einer absoluten Mehrheit für CDU und Grüne hin. Und Dänemark? Im Lichte der österreichischen Wahl bedauert man sehr das Fehlen einer dänischen Grün-Partei. Die 'Alternative' hat versagt und befindet sich in einem Schmerzensnirvana. Die roten Parteien trachten danach das grüne Thema zu pachten und ihre Antworten auf Klimaherausforderungen als die einzig Richtigen zu patentieren. Deswegen ist Österreich wichtig. Österreich verwirklicht die Idee, dass grüne Klima-Ambitionen mit dem konservativen Ansatz zur Wirtschaftspolitik, nämlich, dass Märkte, Konsumenten und Unternehmen die Erreichung der Klimaziele sicherstellen sollen. Und nicht Planwirtschaft, sozialdemokratische Industriepolitik und Steuerschrauben. Die Wahl zwischen rot-grünen und blau-grünen Klimalösungen ist einfach."
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In diesen Fall, bin ich froh, daß sich die grünen ueber den Tisch ziehen ließen. Waere nicht auszudenken, wenn die mehr Macht haetten. Dann ginge es oestereich bald so wie den Griechen damals. Das der pleitegeier ueber Österreich kreist. Ausserdem musste man die einheimischen mit einer Lupe suchen, weil ihnen die fremden Lehrlinge noch zu wenig sind.
Die oppositionellen Sprengmeister arbeiten schon wieder hetzerisch, um die Regierung Kurz zu torpedieren. Mit Unterstützung aus dem Ausland, denn der erfolgreiche Kurz ist für viele Alteingesessene und Veränderungsverweigerer ein rotes Tuch.
Der Frust von SPÖ und FPÖ ist zudem maximal, keine gute Perspektive der Partei, drohende massive Wahlverluste, hohe Schulden bei noch geringeren Einnahmen und keine Aussicht auf Regierungsbeteiligung in den nächsten Jahren.
Die österreichische Regierung ist eine Regierung für Österreich.
In anderen Ländern kann und wird die Großwetterlage eine ganz andere sein. Politisch und im Realleben.
Sogesehen ist ein Vergleich unangebracht.
Beim Lesen der Auslandskommentare kann man zu der Erkenntnis kommen es sind keine Journalisten die die Artikel verfassten, sondern Märchenerzähler.
Jetzt ist das der internationalen Presse auch wieder nicht recht. Eigentlich müssten uns doch alle wieder lieb haben, oder???
Meckereien verkaufen sich besser als Zustimmung.