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Moria: Regierung schickt Hilfspaket und streitet weiter über Flüchtlingskurs

14. September 2020, 00:04 Uhr
Moria: Regierung schickt Hilfspaket und streitet weiter über Flüchtlingskurs
Nach den Bränden im Lager auf Lesbos schlafen Tausende unter freiem Himmel. Bild: Reuters

WIEN/LESBOS. Kanzler Kurz hält das Hereinholen von obdachlosen Kindern für falsche Symbolik.

Ein "Soforthilfepaket" als österreichischer Beitrag zur Linderung der Not im zu Wochenbeginn großteils abgebrannten Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos: Zu diesem Kompromiss hat sich am Wochenende die türkis-grüne Regierung durchgerungen. In der Frage, ob man wie andere EU-Länder von den Tausenden Obdachlosen zumindest einige Kinder ins Land holen soll, blieben die Fronten zwischen Kanzler Sebastian Kurz (VP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) aber verhärtet.

Er wolle nicht, dass sich die Flüchtlingskrise von 2015 wiederhole, argumentierte Kurz in einem Facebook-Video. Damals habe Europa nach den "schrecklichen Bildern am Bahnhof in Budapest" die Grenzen geöffnet. Danach hätten sich letztlich eine Million auf den Weg gemacht, Schlepper hätten Unsummen verdient und im Mittelmeer seien unzählige Menschen ertrunken.

Deshalb wolle er in der EU eine ganzheitliche Lösung und keine "Symbolpolitik", so Kurz mit einem Seitenhieb auf die deutsch-französische Initiative zur Aufnahme von Kindern. Der Nachsatz des Kanzlers: Österreich habe heuer bereits 3700 Kinder aufgenommen.

Kogler blieb bei seinem abweichenden Standpunkt: Man werde sich mit den Kirchen, Hilfsorganisationen und vielen Bürgermeistern weiter für eine Lösung "im europäischen Geist" einsetzen. Und zu einer Solidaritätsaktion gehöre es auch, Menschen in Österreich aufzunehmen. In der Sache blieb dem Vizekanzler nur der Verweis auf das Hilfspaket: In den nächsten Wochen sollen 400 voll ausgestattete Unterkünfte für 2000 Personen nach Griechenland gebracht werden. Weiters werden ein Arzt und zehn Sanitäter zur Verfügung gestellt. Generell werde der Auslandskatastrophenfonds von 25 auf 50 Millionen Euro verdoppelt.

Die Kritik der Opposition richtete sich durchwegs an Kurz. "Leben zu retten ist niemals Symbolpolitik" sagte SP-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner. Für Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger schürt der Kanzler "Ängste", wenn er vor 2015 warnt. FP-Klubchef Herbert Kickl sieht Kurz "im Hinterzimmer mit seinen CDU-Freunden" vor der Aufgabe der restriktiven Asylpolitik.

Die Verzweiflung wächst „Sie trinken Abwasser“

Die Lage der Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos ist nach den Bränden im Lager Moria weiterhin katastrophal. Tausende Menschen campieren seit Tagen unter freiem Himmel. „Die Versorgungslage ist so, dass man denkt: Das ist nicht Europa. Wir haben gesehen, dass die Leute das Abwasser trinken“, berichten Reporter.
Die Stimmung ist extrem aggressiv. Auf der griechischen Insel kam es am Wochenende immer wieder zu Ausschreitungen. Die Polizei setzte Tränengas gegen eine Gruppe von Migranten ein, die nach dem Brand des Lagers Moria ihren Unmut über ihre verzweifelte Lage zeigten.

  • Video: Wie die griechische Regierung mit der Flüchtlingskrise umgeht, berichtet Ernst Gelegs vom ORF.

Unterdessen arbeiten die griechischen Behörden an einem provisorischen Zeltlager. „Alle Menschen müssen dorthin gehen. Nur so werden wir sie richtig versorgen können“, erklärte der stellvertretende Migrationsminister Giorgos Koumoutsakos.
Etwa 300 Migranten zogen in das neue Lager ein. Viele wollen aber nicht in das neue Lager und sehen nun die Chance, ihre Abreise durchzusetzen. „Wir wollen nach Deutschland – nicht ins Lager“, sagten sie. Bei spontanen kleinen Demonstrationen riefen Migranten laut „Freiheit, Freiheit“.

Es könnte Wochen dauern, bis alle Menschen wieder ein Dach über dem Kopf bekommen. Die Behörden suchen nach weiteren Orten, wo Zeltlager eingerichtet werden können.

Denn nur zehn europäische Staaten haben sich derzeit zur Aufnahme von insgesamt 400 unbegleiteten Minderjährigen bereit erklärt, von ihnen wollen allein Deutschland und Frankreich je 100 bis 150 übernehmen. Zur Gruppe zählen auch Staaten, die bisher eine harte Linie in der Flüchtlingsfrage vertraten wie die Niederlande, Kroatien oder Slowenien.

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