Reifeltshammer und Ziegl: Geballte Erfahrung bei USV Neuhofen im Innkreis
NEUHOFEN. 681 Profi-Spiele haben die Ried-Legenden Thomas Reifelts-hammer und Marcel Ziegl in den Beinen. Seit Sommer sind die beiden gemeinsam bei Landesligist Neuhofen als Trainer aktiv. Die OÖN trafen das Duo am Sportplatz der Innviertler zum großen Doppel-Interview.
OÖN: An Neuhofen habt ihr beide spezielle Erinnerungen – eine wichtige Station in eurer Karriere, oder?
Thomas Reifeltshammer: In meinem Fall ist es wohl noch spezieller als bei Marcel. Es ist mein Heimatverein, hier bin ich als kleiner Bub erstmals dem Ball nachgelaufen. Und auch beim letzten Schritt zum Profi hat Neuhofen eine spezielle Rolle gespielt. Ich war in der Rieder Akademie eigentlich schon gescheitert, bin wieder zurück zu meinem Heimatverein. Dann ist die Kooperation zwischen Neuhofen und den Rieder Amateuren gekommen. Wäre aus der nichts geworden, wäre ich wohl nicht mehr zu den Amateuren – und somit zu Ried – gekommen. Eigentlich hatte ich den Traum vom Profi schon aufgegeben und einen anderen Werdegang im Kopf.
Marcel Ziegl: Ich habe die Rieder Akademie durchlaufen, habe auch hin und wieder bei der Spielgemeinschaft in Neuhofen gespielt. So habe ich auch den Reifi kennengelernt. Irgendwie waren wir in den darauffolgenden Jahren immer die, die bei der SV Ried immer geblieben sind. Es hat sich eine tolle Freundschaft entwickelt.
Ihr habt in eurer Karriere nie den Verein gewechselt. Bereut Ihr das im Nachhinein?
Thomas Reifeltshammer: Ich habe immer realistisch die Entscheidung so getroffen: Was ist für mich das Beste? Da ist eigentlich immer die Antwort Ried gewesen.
Marcel Ziegl: Für mich wäre es 2015 einmal konkret gewesen, habe da meinen Vertrag nicht verlängert, um es mir offenzuhalten und vielleicht den nächsten Schritt zu machen. Dann kam aber mein erster Kreuzbandriss. Zwei Tage nach meiner OP hat mich der damalige Ried-Manager Stefan Reiter angerufen und mir gesagt: "Nur dass du es weißt: Von unserer Seite steht das Angebot nach wie vor. Wir werden trotz der Verletzung von den Zahlen her nichts ändern, wir wollen, dass du bleibst." Ab dem Zeitpunkt war es ähnlich wie bei "Didi": Man hatte es ab und zu im Kopf und ist es immer wieder durchgegangen, in Wahrheit ist am Ende aber immer herausgekommen, dass man nicht weg will und dass Ried am besten gepasst hat.
Die SV Ried ist euer Herzensverein – euer Abgang verlief trotzdem nicht ganz konfliktfrei. Wie blickt ihr einige Monate später darauf zurück?
Thomas Reifeltshammer: Auch wenn es jetzt doch schon länger her ist, habe ich emotional gesehen mit dem Abgang noch nicht abgeschlossen. Das habe ich mir in der Form nicht so vorgestellt und tut mir immer noch weh. Ich finde auch, man darf bei einem Abschied nicht immer nur den Zeitraum sehen, wo vielleicht nicht alles gepasst hat. Wie das dann abgelaufen ist, da war ich schon extrem enttäuscht.
Marcel Ziegl: Es hat viele Gespräche in viele Richtungen gegeben. Man muss für sich selbst herausfinden, was man wirklich weitermachen will und in welche Richtung es gehen soll. Ich für mich habe nach meinem Karriereende noch nicht gewusst, ob es der richtige Schritt ist. Ich und Reifi sind durch und durch Rieder. Ich war einfach der Meinung: Gewisse Sachen gehören geändert, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass die Bereitschaft dazu da war, etwas zu ändern. Und da habe ich gewusst: Für mich hätte das irgendwann nicht mehr gepasst. Ich hatte trotzdem einen überragenden Abschied, den mir auch der Verein ermöglicht hat. Deswegen gibt es von mir da auch kein böses Blut. Ich stehe mit der Mannschaft und den handelnden Personen in einem guten Verhältnis, es war keine Entscheidung in die Richtung, dass die Tür für immer zu ist.
Thomas, was muss bei dir passieren, dass die Tür noch einmal aufgeht?
Thomas Reifeltshammer: Bei mir kommt noch hinzu, dass ich mich nach meinem Abgang kritisch über einige Themen im Klub geäußert habe. Das ist bei gewissen Personen natürlich nicht gut angekommen. Das habe ich aber auch aus einem Grund gemacht, weil ich in meiner damaligen Rolle schon gemerkt habe, dass man gewisse Strukturen im Verein ändern muss. Und diese sind im Nachhinein nachweislich geändert worden. Dahingehend zum Beispiel, dass es weniger Einfluss des Präsidiums auf den sportlichen Bereich gibt. Der Beweis dafür ist, dass es auch zwei Geschäftsführer gibt, wobei jener im Sport-Bereich auch selber Entscheidungen treffen und Verträge unterschreiben darf. Das sehe ich als Bestätigung, dass ich dahingehend einen Anstoß gegeben habe, dass sich gewisse Prozesse im Verein ändern. Mittlerweile sehe ich es relativ nüchtern, habe wenig Kontakt zu handelnden Personen. Ich war seitdem auch nicht mehr im Stadion, weil ich bewusst Abstand gewinnen wollte. Ich bin nach wie vor Fan und auch Mitglied, das wird sich auch nicht ändern. Was passieren muss, dass bei mir die Tür noch einmal aufgeht, weiß ich aktuell nicht…
Ihr habt beide vorerst die Blase "Profi-Fußball" einmal verlassen. Wie muss man sich das vorstellen?
Marcel Ziegl: Es war ähnlich wie in der Sommerpause, wenn man in den Urlaub geht – nur eben dauerhaft. Für mich war es voll komisch, blöd gesagt waren es Kleinigkeiten, wie zum Beispiel, dass man sich abends kurzfristig mit einem Freund auf zwei oder drei Bier trifft. Normal als Fußballer hatte man immer das Denken, dass man auf einen bewussten Lebensstil achten muss. Solche Sachen sind dann komplett weggefallen. Das genieße ich bis heute. Ein gewisser Druck, der berufsbedingt ist und den man sich auch selbst macht, ist abgefallen. Aber natürlich tut es mir auch weh, nicht mehr Fußball spielen zu können.
Ist es denn möglich, euch beide noch einmal auf dem Platz zu sehen?
Thomas Reifetlshammer: Da müsste viel passieren ...
Marcel Ziegl: Gib mir ein neues Knie und ich stehe am Wochenende wieder auf dem Platz (schmunzelt). Nein, ernsthaft: Da müsste ich schon über ein Jahr keine Beschwerden haben, dass das noch einmal spruchreif werden würde. Auch die Ärzte haben mir nahegelegt, es bleiben zu lassen. Das Spielerthema haben wir auf die Seite gelegt, jetzt ist die Trainerthematik spruchreif geworden, zumal ich aktuell ja auch die B-Lizenz mache.
Ihr habt lange vom Fußball gelebt – was macht ihr aktuell?
Marcel Ziegl: Bei mir wird mit dem neuen Jahr ein neuer Lebensabschnitt starten. Es wird ein bisschen mit Fußball zu tun haben, aber nicht mehr in der Form, wie es davor war. Darauf bereite ich mich gerade vor und freue mich schon sehr darauf.
Thomas Reifeltshammer: Ich bin seit Februar Lehrer in der Mittelschule Ampflwang, unterrichte Turnen, Englisch und Mathematik. Ich wollte mich einfach einmal unabhängig machen vom Fußball. Mir war wichtig, eine Basis zu haben, auch für meine Familie. Und trotzdem habe ich mit diesem Job jederzeit die Möglichkeit, im Fußball etwas zu machen.
Wie aktuell im Amateurfußball. Was sind die großen Unterschiede zum Profifußball?
Marcel Ziegl: Grundsätzlich einmal ist der Tagesablauf eines Profis auf Fußballausgerichtet. m Unterhaus ist es so, dass jeder einen Job hat – und das mehr oder weniger seine Freizeitbeschäftigung ist. Das sind schon zwei Welten.
Thomas Reifeltshammer: Im Profibereich unterschreibt der Spieler einen Vertrag. Blöd gesagt kann der Verein sagen: Du machst, was wir wollen. Im Amateurbereich ist das etwas anderes: Da muss man ein gewisses Gefühl entwickeln, wie professionell man das angeht. Auf der anderen Seite sind alle aber auch ehrgeizig und wollen auch erfolgreich sein. Das richtige Maß zu finden, ist die größte Challenge.
Wie sehen die Ziele mit Neuhofen in dieser Saison in der Landesliga West aus?
Marcel Ziegl: In erster Linie sind wir aufgestiegen und wollen auch in der Liga bleiben. Was in unseren Köpfen so drinnen ist, ist ein einstelliger Tabellenplatz. Das ist ambitioniert, aber auch realistisch.
Thomas Reifeltshammer: Für uns ist es vor allem aber auch das Ziel, positives Feedback zu bekommen. Wenn man einmal getrennte Wege geht und der Spieler sagt: Bei diesem Trainer habe ich etwas gelernt und etwas mitgenommen – das ist die größte Auszeichnung als Trainer.
Positives Feedback ist ein gutes Stichwort: Was schätzt ihr am jeweils anderen?
Thomas Reifeltshammer: Ich bin sicher emotionaler als der Maci. Er behält hingegen lang die Ruhe. Wenn ich emotional reagiere, brauche ich nur ein Gespräch mit ihm und bin wieder ruhig.
Marcel Ziegl: Unabhängig ob auf dem Platz oder privat, wir sind auf einer Wellenlänge. Wir denken in vielen Richtungen ähnlich. Was ich als unglaubliche Stärke von "Didi" sehe: eine Meinung haben, diese vertreten – aber auch offen sein für etwas anderes. In diesem Hinblick ergänzen wir uns sehr gut. Es gibt keinen Tag, wo der eine vom anderen nicht etwas lernt.
Hoffentlich werden die Beiden auch als Funktionäre zum Profifußball zurückkehren.