Wolfgang Kindl: "Das hat mir noch gefehlt"
PEKING/YANQING. Silber: Tiroler rodelte bei seinen vierten Spielen zu seiner ersten Medaille.
Neunter in Vancouver 2010, Neunter in Sotschi 2014, Neunter in Peyongchang – Wolfgang Kindls Olympia-Ausbeute las sich recht monoton. Bis gestern. Dann raste der Rodler im Eiskanal von Yanqing zu Silber. Nur 0,16 Sekunden fehlten dem Tiroler auf Goldgewinner Johannes Ludwig (D), Bronze ging an den Südtiroler Dominik Fischnaller (+0,951). Die weiteren Österreicher – Nico (12.) und David Gleirscher (15.) – hatten mit der Entscheidung nichts zu tun.
"Ich müsste mich jetzt bei so vielen bedanken", sagte ein zu Tränen gerührter Kindl, der mit diesem olympischen Happy End nicht mehr gerechnet hatte. Nach zwei Weltmeistertiteln 2017 auf seiner Hausbahn in Igls hatte er gebremst von einem Bandscheibenvorfall den Anschluss an die Spitze verloren. "Ich habe oft daran gedacht, aufzuhören", schilderte der 33-Jährige.
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Galerie ansehenDas war auch der Verbandsspitze nicht entgangen. "Wolfgang hat zwei, drei harte Jahre hinter sich", sagte ÖRV-Präsident Markus Prock, der selbst zwei Olympia-Silberne zu Hause hängen hat. Umso mehr freut es den 57-Jährigen, dass es für Kindl nun doch noch geklappt hat.
"Das hat mir noch gefehlt", sagte Kindl freudestrahlend, der mit einer Körpergröße von 1,66 Metern keine guten Voraussetzungen für das Rennrodeln mitbringt. Ludwig (1,87) und Fischnaller (1,83) überragen ihn um gut einen Kopf. Die geringere Reichweite ist speziell beim Start von Nachteil.
Sich selbst isoliert
Grüße richtete Kindl seiner Frau Elena aus, die die Sternstunde zu Hause in Nattern vor dem Fernseher erlebte. Seine Gattin, die selbst im Nachwuchs Rennrodlerin war, hatte er schon Wochen nicht mehr gesehen. Denn um vor den Spielen keine Corona-Infektion zu riskieren, hatten sich Österreichs Rodler in Ferienwohnungen in Selbstisolation begeben. Ein Opfer, das sich schon nach dem ersten Bewerb ausgezahlt hat.
Österreichs 23. Rodelmedaille
In der Olympia-Historie zählen die Kunstbahnrodler zu den verlässlichsten rot-weiß-roten Medaillensammlern. Mittlerweile halten sie bei sechs Goldenen, neun Silbernen und acht Bronzenen. Seit 1992 haben die ÖRV-Asse bei allen Spielen angeschrieben.
In Peking könnten noch weitere dazukommen. "Wir haben die ganze Saison gezeigt, dass wir überall vorne mitfahren können", verwies Kindl auf Madeleine Egle sowie den Doppelsitzer Thomas Steu/Lorenz Koller und die Staffel, bei der er selbst mit dabei sein wird.
Auch von Verbandsseite sind zwei Podestplätze als Ziel ausgegeben worden. Dank Kindl ist aber nicht nur die halbe Miete bereits geschafft, sondern "fällt jetzt der Druck für den Rest des Teams weg", so Prock. Ab heute (12.40 live in ORF 1) geht es für die Damen los.