1280 Seiten in 420 Tagen: Das sind die Details des schriftlichen Buwog-Urteils
WIEN. Richterin Marion Hohenecker geht mit Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 13 weiteren Angeklagten im Buwog-Prozess hart ins Gericht.
Zweieinhalb Stunden hatte Richterin Marion Hohenecker am 4. Dezember 2020 im Wiener Straflandesgericht benötigt, um das mündliche Urteil im Buwog-Prozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 13 weitere Angeklagte vorzutragen. 420 Tage später gibt es seit gestern, Freitag, das schriftliche – und nicht rechtskräftige – Urteil in dem Verfahren.
Es umfasst 1280 Seiten und war von den Beschuldigten, ihren Verteidigern und Prozessbeobachtern lange erwartet worden. Den OÖN liegt die PDF-Version vor.
Wie berichtet, gab es im Buwog-Prozess in erster Instanz acht Verurteilungen und sechs Freisprüche. Hohenecker sah Korruption beim Verkauf der Bundeswohnungen und Schmiergeldzahlungen im Jahr 2004 als erwiesen an.
Grasser fasste acht Jahre Haft aus, sein Trauzeuge Walter Meischberger sieben und Ex-Lobbyist Peter Hochegger sechs. Zu drei Jahren Haft wurde der ehemalige Vorstandsdirektor der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, Georg Starzer, verurteilt, zu zwei Jahren Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics und der Anwalt Georg Toifl. 20 Monate Freiheitsstrafe erhielt der Schweizer Vermögensverwalter Norbert Wicki, ein Jahr der frühere Telekom-Vorstand Rudolf Fischer. Freisprüche gab es für die fünf Angeklagten im Komplex um den Linzer Terminal Tower und Ex-Immofinanz-Manager Christian Thornton.
Der mitangeklagte Makler Ernst Karl Plech wurde im Laufe des Verfahrens aus gesundheitlichen Gründen für verhandlungsunfähig befunden, Ex-RLB-OÖ-Generaldirektor Ludwig Scharinger, ebenfalls angeklagt, verstarb im Jänner 2019. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
"Freunde und Berufskollegen"
In dem umfangreichen schriftlichen Urteil umfasst allein die Beweiswürdigung 900 der 1280 Seiten. 45 Seiten entfallen auf die Aufzählung der Schuld- und Freisprüche. Zum Tathergang hält Richterin Hohenecker fest: "Im Jahr 2000 kamen Grasser, Meischberger, Hochegger und Plech überein, aus dem Umstand der Regierungsbeteiligung der FPÖ, aber insbesondere aus der Ministertätigkeit von Grasser, privaten Profit zu schlagen." Zwischen dem Quartett habe es nicht nur ein "freundschaftliches Verhältnis, sondern auch eine berufliche Zusammenarbeit" gegeben, heißt es.
Grasser sei schuldig, seine Befugnisse über fremdes Vermögen wissentlich missbraucht zu haben. Er habe dadurch der Republik einen Vermögensschaden von 9,6 Millionen Euro und in der Anklage Terminal Tower Linz in Höhe von 200.000 Euro verursacht. Meischberger habe Grasser "psychischen Rückhalt" geboten und sich um die "Errichtung eines der Verschleierung dienenden Vertragswerks zur diskreten Abwicklung der Provisionszahlungen bemüht", so Hohenecker.
Dass Ex-Lobbyist Hochegger zu Prozessbeginn ein Teilgeständnis ablegte, sei kein Milderungsgrund gewesen. "Der Senat stützte seine Feststellungen auf die bereits erwähnten unbedenklichen Urkunden und zitierten Zeugenaussagen; nicht jedoch auf taktische Einlassungen, die der jeweiligen Beweislage angepasst waren."
Kritik von Grasser-Anwalt
Bei den Verteidigern, die bereits gegen das mündliche Urteil Berufung eingelegt hatten, fielen die Reaktionen auf die schriftliche Version gemischt aus. Grasser-Anwalt Manfred Ainedter kündigte an, eine Fristverlängerung zu beantragen. Er kritisierte das "seltsame Versteckspiel mit der Zustellung", das "passt zum Verfahren".
Starzers Anwalt Oliver Plöckinger geht ebenfalls von einer Fristverlängerung aus. Eine Nichtigkeitsbeschwerde ist im Normalfall binnen vier Wochen ab Zustellung des schriftlichen Urteils einzubringen. Im Falle extremen Verfahrensumfangs habe das Gericht diese Frist auf Antrag zu verlängern, heißt es. Es sei fair, den Anwälten nun wie der Richterin "ebenfalls genug Zeit einzuräumen", sagt Plöckinger.
Bei einem Einschreiten der Anwälte wäre der Oberste Gerichtshof am Zug. Sollte dieser das Urteil kippen, heißt es zurück an den Start – in die erste Instanz. (rom)
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Nun sein Anwalt meinte,
noch ist nicht aller Tage Abend,
die Seifenoper geht weiter🤡
Vor 30 Jahren der "Sunnyboy" - jetzt nicht wiederzuerkennen! Erst hoch geflogen, jetzt tief gestürzt
Vorbild von SK?
Grasser ist schuldig.
Die ÖVP hat kein Problem mit Korruption.
Der Österreicher anscheinend auch nicht.
Große Anerkennung für die enorme Leistung der Richterin Marion Hohenecker.
Mumpitz
Verteidigungsstrategie: Verzögerung bis zur Haftunfähigkeit?
Das ist wohl die Taktik der Richterin, die sich in eine andere Abteilung abgesetzt hat.
Vorher hat sic mit mehr als 1200 Seiten versucht die Strafverteidiger zuzutexten.
Tötet den Sheriff und lasst die Gauner laufen?