Lebensmittel-Importe steigen deutlich stärker als Exporte
WIEN/BERLIN. Defizit mehr als vervierfacht – Kassenschlager Würste, Speck, Käse
Bei Lebensmitteln ist Österreichs Außenhandelssaldo zwar traditionell negativ, aber im Vorjahr ging es sogar in Richtung Rekorddefizit. Von Jänner bis September 2024 betrug der Saldo minus 1,25 Milliarden Euro, mehr als vier Mal so viel wie im Jahr davor.
Über diese Zahlen informierte die Agrarmarkt Austria Marketing (AMA) am Donnerstag in Berlin, einen Tag vor dem Beginn der internationalen Agrarmesse „Grüne Woche“. Die Zahlen für das Gesamtjahr liegen noch nicht vor.
Österreichs Agrarexporte stiegen laut vorläufigen Daten der Statistik Austria von Jänner bis September um 0,4 Prozent auf 12,65 Milliarden Euro. Die Importe legten um 7,9 Prozent auf 13,9 Milliarden zu. Zieht man nur die Mengen heran, stiegen die Exporte um sieben, die Importe um 10,8 Prozent.
Die Gründe für das höhere Außenhandelsdefizit sind unter anderem die gestiegenen Preise beispielsweise für Olivenöl, Kaffee, Zitrusfrüchte und Gewürze, die als fertige Produkte oder Rohstoffe/Halbfabrikate nach Österreich kommen. Gleichzeitig griffen wegen der hohen Inflation mehr Konsumenten im In- und Ausland zu billigeren nicht-österreichischen Produkten, etwa zu Eigenmarken im Handel. Dabei sind die im Export erzielten Preise 2024 wieder durchwegs etwas gesunken.
„Österreich hat vor allem wegen hoher Personal- und Energiekosten deutlich an Wettbewerbsfähigkeit verloren, das merken auch die Lebensmittelexporteure“, sagte Josef Domschitz, stellvertretender Geschäftsführer des Fachverbands der Lebensmittelindustrie in der Wirtschaftskammer.
Der Anteil der Agrarexporte an den gesamten Ausfuhren Österreichs ist 2024 aber angesichts der Rezession von 8,3 auf 8,8 Prozent gestiegen. 1995 waren es 4,2 Prozent gewesen. „Diese Entwicklungen zeigen, dass sich der Agrarsektor als stabiler Anker der Exportwirtschaft in turbulenten Zeiten erweist“, sagte AMA-Marketing-Geschäftsführerin Christina Mutenthaler-Sipek. Aber man müsse sich anstrengen, weitere Nischen suchen und Märkte bearbeiten.
Österreichs mit Abstand wichtigster Markt bleibt Deutschland. Trotz der dort schlechten Konjunktur stiegen die Exporte um 3,6 Prozent auf 4,95 Milliarden Euro. „Dank der hohen Qualität unserer Produkte“, sagte Mutenthaler-Sipek. Elementar sei auch der Umstieg auf die Schiene „Tierhaltung plus“ im Milchbereich gewesen. An zweiter Stelle ist Italien (minus 3,1 Prozent auf 1,31 Milliarden), an dritter Ungarn (minus 0,5 Prozent auf 474 Millionen). Starke Zuwächse gab es in Polen und Rumänien, einen Einbruch in den USA. Letzteres liegt an der Verlagerung der Red-Bull-Abfüllung in die USA und ist ein Mitgrund für das Defizit.
Österreichs Essens-Verkaufsschlager in Deutschland sind Fleischzubereitungen (Würste, Speck, Schinken), die um 16,2 Prozent auf 419 Millionen Euro zulegten. Auch weil der Rückgang an Tierbeständen in Deutschland zu regionalen Versorgungsengpässen führte, sagte AMA-Exportmarketingleiterin Julia Göschelbauer. An zweiter Stelle ist Käse (minus 2,3 Prozent auf 372 Millionen).