Staatssekretärin will Tourismusakzeptanz in Bevölkerung abfragen
WIEN. Regelmäßige große Umfragen sollen eine "Balance" im Tourismus bringen.
Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (VP) will künftig jährlich mehr als 10.000 Menschen befragen lassen, wie sie zum Tourismus stehen. Während in Tourismushochburgen wie im oberösterreichischen Hallstatt der Widerstand der Bevölkerung gegen die Besuchermassen wächst, wünscht man sich anderorts mehr Gäste. Diesem "unbalanced tourism" will Kraus-Winkler mit einer "Akzeptanz-Offensive" begegnen, wie sie bei einem Pressegespräch am Freitag ankündigte.
Die Einstellung der Bevölkerung zum Tourismus wird bereits seit dem Coronajahr 2020 empirisch erhoben, allerdings nur mit jeweils rund 2.500 Teilnehmenden. Generell sei die Akzeptanz unter den Befragten auf einem sehr hohen Niveau, sagte Kraus-Winkler. Aber die Umfragen zeigten auch: In besonders stark besuchten Destinationen wird es mit der Akzeptanz in der Bevölkerung herausfordernder.
Das beliebte Touristenziel Hallstatt im Salzkammergut geriet im vergangenen Jahr mehrfach in die Schlagzeilen. Im Mai wurde in dem 750-Einwohner-Ort kurzzeitig ein "Anti-Selfie-Zaun" errichtet, um Touristen vom Fotografieren am Seeufer abzuhalten. Im Sommer demonstrierten Einheimische gegen die Touristenmassen - an manchen Tagen sollen bis zu 10.000 Besucher durch das Dorf strömen, das ursprünglich für seine alpine Idylle bekannt war.
Die Großbefragung zur Tourismusakzeptanz soll künftig bundesweite aber auch regionale Situationsanalysen ermöglichen. Durch die novellierte "Tourismus-Nachfrage- und Akzeptanzstatistik"-Verordnung sei sichergestellt, dass die Messung auch für die Folgejahre fix verankert ist, so Kraus-Winkler. Die Erhebung soll von der Statistik Austria durchgeführt werden. Darüber hinaus will die Staatssekretärin den regionalen Entscheidungsträgern eine "Toolbox" mit internationalen Lösungsansätzen zum Umgang mit auftretenden Ungleichgewichten im Tourismus zur Verfügung stellen. Zusätzlich sei ein Förderungscall geplant, um betroffene Regionen bei der Entwicklung von Konzepten rund um ihre Herausforderungen zu begleiten. "Das Ziel ist in jedem Fall, einen möglichst ausbalancierten Tourismus in allen Regionen zu erreichen", sagte Kraus-Winkler.
"Negative Auswirkungen wie Verkehrsstaus oder überteuerte Wohnungspreise dürfen nicht mehr zu Lasten der Bevölkerung von touristisch geprägten Orten gehen", betonte auch die Grüne-Tourismussprecherin Barbara Neßler in einer Aussendung. "Hallstatt ist hier nur eines von vielen erschreckenden Beispielen in Österreich. Wir müssen Orte schaffen, die ein positives Miteinander ermöglichen, bei denen die Bevölkerung vom Tourismus profitiert - nicht andersrum."
Für 2024 plant Staatssekretärin Kraus-Winkler außerdem die Erstellung einer "Tourismus-Forschungslandkarte", die den Stand der Tourismusforschung in Österreich abbilden und die Vernetzung von Forschungseinrichtungen verbessern soll. Um mehr Investitionen in die grüne Transformation zu erreichen, soll der Zugang von Tourismusbetrieben zu geförderten Krediten erleichtert werden, indem die Untergrenze für geförderte Kredite gesenkt wird. Die Digitalisierung im Tourismus soll etwa durch die Förderung der gemeinsamen Nutzung von Daten über den sogenannten "Tourism Data Space" vorangetrieben werden. Zudem soll die "Awareness-Kampagne" rund um das Image der Tourismusberufe verlängert werden.
Markus Gratzer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung, forderte unterdessen mehr konkrete Maßnahmen - etwa die rasche Umsetzung des digitalen Meldewesens, die Abschaffung der Obergrenzen für Saisonniers, "zeitgemäße" Sachbezugsgrenzen für Mitarbeiterwohnungen, kürzere Abschreibungsdauern und Maßnahmen zu Stärkung des Eigenkapitals. "2024 hat schon begonnen, und die Befürchtung, dass sich in einem Wahljahr nicht mehr viel bewegen lässt, hat sich schon das eine oder andere Mal bewahrheitet", erinnerte Gratzer in einer Aussendung.
WKÖ-Bundesspartenobmann Robert Seeber appellierte gemeinsam mit Hotellerie-Obmann Hans Spreitzhofer an die türkis-grüne Bundesregierung, die noch offenen Punkte aus dem aktuellen Regierungsprogramm umzusetzen. Neben der Anpassung der Abschreibungsdauer an die Nutzungsdauer und der Senkung der Lohnnebenkosten forderten sie in einer Aussendung Erleichterungen bei der Betriebsübergabe und eine Registrierungspflicht für alle touristischen Vermieter.
Positiv fiel die Bilanz der Staatssekretärin für das Jahr 2023 aus. Der Sommer habe mit 80,9 Millionen Nächtigungen einen neuen Rekord gebracht. Auch die Buchungslage für den laufenden Winter sei vielversprechend. Für das Gesamtjahr rechnet Kraus-Winkler mit rund 150 Millionen Nächtigungen, wobei die Daten für Dezember noch ausständig sind. Damit würde das Vorkrisenniveau von 2019 erreicht werden.
Auch das Übernachtungsangebot für Österreich-Urlauber ist erneut gestiegen, teilte die Statistik Austria am Freitag mit. Die Zahl der Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen erhöhte sich im Tourismusjahr 2022/23 um 2,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 70.200, die Zahl der zur Verfügung gestellten Betten stieg um 1,9 Prozent auf 1,17 Millionen Betten. "Die Auswahl an Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen in Österreich war nie größer", ließ Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas wissen.
Keine Resonanz fand im vergangenen Jahr der Förderaufruf für Konzepte zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Diese wollte das Staatssekretariat mit bis zu 200.000 Euro pro Projekt fördern. Die Ausschreibung sei aber mangels Nachfrage zurückgezogen worden, berichtete Kraus-Winkler. "Es hat sich niemand drüber getraut." Auch das beste Konzept helfe nicht, wenn es dann nicht finanziert werden kann, so eine mögliche Erklärung der Staatssekretärin.
Im nahen Umfeld der Staatssekretärin gibt es nicht zufällig ein Institut, das mit dieser Umfrage beauftragt werden soll? - Ich frage für eine Freundin.
Neue Geldvernichtung