Odyssee einer Grantlerin
Als Teil der "Herzkino"-Reihe zeigt das ZDF am Sonntag den Fernsehfilm "Nelly und das Weihnachtswunder" (Buch: Norbert Eberlein, Regie: Katja Benrath). Hauptdarstellerin Anna Schudt (50) sprach mit den OÖN über ihre Figur, Einsamkeit und das ungesunde Zurückstellen der eigenen Bedürfnisse.
Frust, Diebstahl und eine Suche
Darum geht’s: Die Paketbotin Nelly (Schudt) versucht, dem Weihnachtsfest aus dem Weg zu gehen. Kaum hat sie am Heiligen Abend ihren Zweitjob an der Kasse einer Tankstelle angetreten, kommt es zu einem Diebstahl: Sonny (Rafael Gareisen) klaut nicht nur zwei Flaschen Whisky, sondern braust auch noch mit einem Oldtimer aus der Werkstatt davon, während Nelly von einem kleinen Buben (Joah Lion Goetze) abgelenkt ist. Da Nelly die beiden für Komplizen hält, packt sie den Kleinen und bricht zur Verfolgung auf – mit Erfolg. Sonny entpuppt sich als äußerst freundlicher, gescheiterter junger Mann, der das Auto und den Whisky gestohlen hat, um damit zu Weihnachten vor seinen Eltern darüber hinwegzutäuschen, dass er pleite ist. Nelly und Sonny beschließen, nach den Eltern des unbekannten Buben zu suchen. Es beginnt eine Irrfahrt, die alle Beteiligten nachhaltig verändert.
Schudts erste Gedanken, als sie das Drehbuch las: "Ich mochte es sehr, dass in einem Weihnachtsfilm die Hauptfigur ausschließlich schlecht gelaunt ist. Denn die Frau schreit nach Erlösung." Nellys Frust sei "sehr berechtigt", sagt Schudt, denn: "Sie hat 13 Jahre lang ihre Mutter gepflegt, hat dadurch ihr eigenes Leben und ihre Bedürfnisse komplett zurückgestellt." Nachdem sie ihre Mutter verloren habe, müsse sie sich nun orientieren und überlegen, wie sie mit ihrem ungelebten Leben umgehen könne. "Dafür hat sie noch keine Idee und bleibt erst mal in ihrer misslaunigen Grube hocken." Als sie sich gezwungenermaßen auf den "Roadtrip to Christmas" begeben müsse, komme sie ihrer eigenen Erlösung tatsächlich näher.
Zerrissene Figuren zu spielen, "die aber eine ganz klare Psychologie haben" – wie eben Nelly, mache ihr immer große Freude, sagt Schudt. "Man weiß bei Nelly, dass das keine bösartige Grantlerin, kein Grinch sein kann. Sie ist einfach abgeschnitten von ihren eigenen Bedürfnissen." Sie habe sich eine harte Schale zugelegt, um ihre Trauer über ihren Verlust und ihr ungelebtes Leben nicht spüren zu müssen.
Inwiefern steht Nellys Einsamkeit stellvertretend für die Gefühlslage vieler in unserer Zeit? "Die gesamte Suche nach Zusammengehörigkeit, nach Familie und Zuhause ist und bleibt ein großes Thema", sagt Schudt. Aber: "Nicht nur in unserer Gesellschaft, sondern es ist ein Thema des Menschen", so Schudt.
Sie selbst mag Weihnachten übrigens gerne. "Man darf es aber nicht mit zu vielen Erwartungen überladen. Dann geht es schief."
"Nelly und das Weihnachtswunder" ist am 22. 12. (20.15 Uhr) auf ZDF zu sehen.