Krankheit – und der Glaube, der Berge versetzt
Wie Menschen den "unheilbaren" Krebs besiegten und wie sie die Situation für sich genutzt haben – darüber hat Thomas Hartl zwei Bücher geschrieben.
Schmerzen, soziale Isolation, Krebs, Angst. Der Wilheringer Thomas Hartl macht Krankheiten und krankheitsähnliche Zustände unserer Zeit in seinen Büchern zum Thema – auch, indem er Menschen erzählen lässt, wie sie damit umgegangen sind.
OÖNachrichten: Herr Hartl, woher kommt das Interesse an dem Thema Krankheit?
Thomas Hartl: (lacht) Das habe ich mich selber auch schon oft gefragt. Ich interessiere mich nicht für Krankheiten, worum es mir stets ging, war, wie man es schafft, wieder gesund zu werden. Den Weg zu finden und zu zeigen. Dann gibt es da noch ein Interesse an Psychologie. Die Psyche ist dabei ja ganz entscheidend.
Was hat die Menschen Ihrer Meinung nach gesund werden lassen, obwohl man ihnen gesagt hat, dass sie unheilbar an Krebs erkrankt sind?
Gemeinsam war ihnen allen ein unbändiger Wille zu kämpfen und auch der Glaube, dass sie es schaffen, gesund zu werden. Die meisten waren nicht nur passive Patienten, haben nicht nur die Schulmedizin in Anspruch genommen, sondern sich zusätzlich etwas gesucht, von dem sie glaubten, dass es ihnen gut tut, Kraft gibt oder eine mentale Stütze ist. Beim einen war es die Religion oder etwas Spirituelles, anderen hat Yoga oder Meditieren geholfen.
Welche Geschichte hat Sie besonders berührt?
Da gibt es viele. Da war etwa Edeltraud, sie hatte Eileiterkrebs und den Bauch voller Metastasen. Die Ärzte gaben ihr maximal sechs Monate, doch sie ging aus dem Krankenhaus und sagte: "Ich überlebe das." Sie hat überlebt und dann den Ärzten jedes Jahr eine Postkarte aus dem Urlaub geschickt.
Haben sich die Menschen in einer Art Selbstreflexion damit auseinandergesetzt, was sie krank gemacht hat?
Die Warum-Frage hat sich jeder gestellt. Es gab keinen, der sich nicht damit auseinandergesetzt hätte. Eine häufige Erklärung war, dass man nicht ausreichend auf sich geschaut hat, der Stress oder sogar Dauerstress, negative Erlebnisse, Traumata, weniger der Lebensstil wie Rauchen oder zu wenig Bewegung. Viele meinten nach Überwindung der Krankheit, dass sie nicht im richtigen Leben waren.
Was hat die Krankheit mit den Menschen gemacht?
Dass es ihnen gut geht, hatte zuvor keinen allzu großen Stellenwert. Erst die Krise hat sie gelehrt, dass Rücksicht auf sich selber wichtig ist, und sie haben die Krankheit genützt, um ihr Leben neu zu beginnen – und die meisten haben es radikal verändert, wie Sonja Kitzmüller (siehe Text links). Sie war 2011 an Krebs erkrankt, ist aber längst vollständig genesen und hat ihr Leben auf neue, gesunde Beine gestellt.
Gesundheit-Krankheit ist ein Thema, das uns derzeit ja täglich alle beschäftigt. Wie gehen Sie mit der aktuellen Situation um?
Ich nehme sie ernst, habe gesunden Respekt, schütze mich und andere, indem ich die Hygienemaßnahmen beachte, aber ich versuche mich auch von der Angst nicht beherrschen zu lassen.
Apropos: Angst vor Krankheit – darüber haben Sie auch ein Buch geschrieben. Was macht sie mit uns und wie kann man sie überwinden?
Das Buch vom Linzer Angstexperten Hans Morschitzky und von mir ist heute aktueller denn je. Zu viel Angst hindert uns, hier und jetzt zu leben und sperrt uns in einen mentalen Käfig. Ein erster Schritt heraus ist es, die Angst zu akzeptieren und trotz und mit ihr sich mutig dem zu stellen, das man gerne umsetzen möchte im Leben.
Nähere Infos: thomas-hartl.at
Das zweite Leben nach der Krankheit: „Ich bin für jeden Tag dankbar“
Sonja Kitzmüller ist eine von 24 Personen, die im Buch "Lebe! Diagnose Krebs als Chance zur Veränderung" von Thomas Hartl porträtiert wurden.
Das zweite Leben nach der Krankheit: „Ich bin für jeden Tag dankbar“
Viele meiner Wünsche und Ziele habe ich in den Jahren seit dem Erscheinen des Buches umgesetzt: Beruflich absolvierte ich eine Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin und zur Klangpädagogin, damit machte ich mich 2017 selbständig und eröffnete meine Praxis.
Dank Corona zeigte sich mir eine neue Herausforderung, und seit September begleite ich als Trainerin Jugendliche in einer überbetrieblichen Lehrausbildung.
Gesundheitlich verfolgte ich meinen Wunsch, wieder fit zu werden, mich wohl zu fühlen und alles für mich zu tun, damit es mir gut geht. Mit kleinen Schritten erweiterte ich meine Aktivitäten, von kleinen Spaziergängen bis hin zum Johannesweg alleine in drei Tagen, von kurzen Radtouren, einmal rund um den Dachstein mit dem Mountainbike, und mein ganz persönlicher Fitness-Höhepunkt war 2019 eine Alpenüberquerung mit dem Mountainbike in sieben Tagen, von Sankt Anton am Arlberg nach Riva del Garda am Gardasee. Als ich am siebten Tag den See erblickte, hatte ich Tränen in den Augen, und ich wusste für mich, jetzt bin ich total fit und gesund, sogar noch fitter als vor meiner Diagnose.
Angst, an Corona zu erkranken, habe ich persönlich nicht, auch wenn die Krankheit sehr präsent ist. Ich mache mir mehr Gedanken darüber, wie es uns als Gesellschaft verändert und was wir daraus lernen können.
Das Leben, mein Leben ist so wertvoll und voller Herausforderungen, und dafür bin ich jeden Tag sehr dankbar.
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