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Die vergessenen Salzstollen hoch über Bad Ischl

Von Edmund Brandner, 20. September 2024, 00:04 Uhr
Die vergessenen Salzstollen hoch über Bad Ischl
Neun Jahre lang trieben die Bergarbeiter den Matthias-Stollen voran, bevor sie auf Salz stießen.

BAD ISCHL. Diese Wandertour bietet keine besonderen Panoramablicke. Weder führt sie über spektakuläre Felsen noch erfordert sie besondere Kondition. Trotzdem ist die Via Salis eine der faszinierendsten Routen im Salzkammergut, weil Wanderer auf diesem Themenweg tief in die Geschichte des Bad Ischler Salzbergbaus eintauchen können. Die Via Salis führt ins Herz der Kulturlandschaft Salzkammergut. Und weil der eigentümliche Wanderweg immer noch ein Geheimtipp ist, sind Wanderer hier wohltuend einsam unterwegs.

Alles begann im Juli 1563

Der erste Bad Ischler Salzstollen (Mitterbergstollen) wurde im Juli 1563 in Perneck aufgeschlagen. Auslöser war die Erweiterung des Habsburgerreichs um Ungarn und Böhmen im Jahr zuvor. Diese zusätzlichen Absatzmärkte zwangen die Hofkammer, die Salzgewinnung auszuweiten. 16 Stollenanlagen sollten im Verlauf der Jahrhunderte in 503 bis 1114 Metern Seehöhe in den Wäldern entstehen, dazu Knappenhäuser, eine Bergkirche und eine Soleleitung nach Bad Ischl hinunter, wo im Sudhaus bis 1967 Salz gesotten wurde.

Dass die historischen Überreste des Salzbergbaus in Perneck nicht vollends verfielen und in Vergessenheit gerieten, verdanken wir der "Interessengemeinschaft Mitterbergstollen" (IGM): Zwölf geschichtsbewusste Bad Ischler, deren Vorfahren allesamt selbst im Bergbau beschäftigt waren, wollten 2013 mit einer Gedenktafel beim Mitterbergstollen daran erinnern, dass 450 Jahre zuvor Bad Ischls Salzgeschichte begonnen hatte. Dazu mussten sie das verschüttete Mundloch freilegen.

Zwei Rundwege entstanden

Doch die Pernecker Privatinitiative beließ es nicht dabei. In den folgenden zehn Jahren legten die Mitglieder der IGM ehrenamtlich nach und nach zwölf weitere Stolleneingänge frei, restaurierten und dokumentierten sie und stellten die Zugangswege wieder her. Und schließlich verbanden sie die historischen Zeugnisse durch zwei Rundwege. Die kürzere Hinterradrunde ist sechs Kilometer lang. Sie führt an zehn Stollen vorbei, an der Bergkirche und an der ehemaligen Schaffersäge. Die längere Reinfalzrunde hat auf zehn Kilometern Länge 18 Stationen, darunter 16 Stollenanlagen.

Die Entstehung der Via Salis löste in der Ischler Bevölkerung Begeisterung aus. Da legten ein Dutzend Männer die Vergangenheit einer Stadt frei, die ohne Salzgewinnung weniger bedeutend geblieben wäre als der benachbarte Markt Lauffen. Die Pernecker Männer leisteten mehr als 5000 ehrenamtliche Arbeitsstunden, um den historischen Themenweg zu schaffen. Unterstützt wurden sie vom Bauhof der Stadt und von der Salinen Österreich AG. Als die Via Salis vor zwei Jahren fertig wurde, zeichnete Bad Ischl alle zwölf IGM-Mitglieder mit Kulturehrenurkunden aus.

Der "Weg des Salzes" ist nicht gedacht für ehrgeizige Bergläufer mit Stoppuhr und Pulsmesser. Die Info-Tafeln bei den einzelnen Stationen laden dazu ein, innezuhalten, sich auf den historischen Bergbau einzulassen und in die Ischler Vergangenheit einzutauchen. Da geht es um Geologie, um Montantechnik – aber auch um soziale Fragen. Der Wanderer erfährt, wie die Bergarbeiter sich gegenseitig durch die Knappschaftskasse "Bruderlade" solidarisch absicherten. (Bis heute ist Bad Ischl eine SPÖ-Hochburg.) Die Via Salis macht auch erlebbar, wie der Bergbau sich in den Jahrhunderten weiterentwickelte, wie Holz-Pipelines durch Metall-, Eternit- und schließlich durch Kunststoffrohre abgelöst wurden. Rostige Stollenhunte, beladen mit Salzgestein, stehen auf Schienen, die hinter einer Gitterabsperrung im Berg verschwinden. Und immerzu möchte man fotografieren.

Farn und Schachtelhalm

Doch es ist nicht nur ihre Geschichtsträchtigkeit, die diese Wanderung so reizvoll macht. Es ist auch ihr wildromantischer Charakter. Perneck ist eine alte Bergarbeitersiedlung, die wie ein Adlerhorst über Bad Ischl thront und ihr Eigenleben zu führen scheint (Pernecker Kellerfest!). Von der Siedlung führen die Via-Salis-Schilder in den Wald hinauf – auf kaum begangenen und verwachsenen Pfaden zwischen Farn und Schachtelhalm. Immer wieder gibt es Abstecher zu den alten Stollen, und manchmal steht man völlig unvermutet vor einem verwitterten Mundloch. Manche historischen Spuren würde man ohne Beschilderung glatt übersehen. Und weil der Weg nicht immer leicht zu finden ist (siehe Kasten), hat das Ganze auch eine abenteuerliche Note. Der ehrwürdige Ischler Salzberg ist wie ein verwunschenes Märchenreich.

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Autor
Edmund Brandner
Lokalredakteur Salzkammergut
Edmund Brandner
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