"Einen Seelsorger wie ihn findet man nicht mehr"
BAD ISCHL, LINZ. Die Kirche nahe bei den Menschen halten – zeitgemäß und mit künstlerisch-kulturellem Aspekt: Das war ein Anliegen, das Christian Öhler in den vergangenen 14 Jahren als Stadtpfarrer in Bad Ischl stets verfolgt hat.
Nicht zuletzt war der beliebte Stadtpfarrer aufgrund seiner Offenheit und Toleranz bekannt – und das weit über die Grenzen des Salzkammerguts hinaus: Als Ende Jänner mit der Eröffnung der Kulturhauptstadt der "Pudertanz" mit zehn nackt tanzenden Menschen in der Stadtpfarrkirche Bad Ischl übertragen wurde, verließen einige empörte Besucher die Kirche. "Skandal", "Entweihung" und "unwürdiges Schauspiel" – Öhler hatte mit Kritik zu kämpfen. Seine Meinung zum "Pudertanz": "Ich finde es toll, dass keine gestylten Körper gezeigt wurden, sondern der zu völliger Offenheit befreite Mensch. In der Kunstgeschichte wurde auch Jesus nackt gezeigt."
Seit 2010 Pfarrer in Bad Ischl
Christian Öhler nahm sich der Sorgen und Nöte der Menschen an und verband die Kirche mit Kunst und Kultur. Eine Tugend, die sich sein Schüler, Priesteramtskandidat Jakob Stichlberger, bewahren möchte: "Vor allem sein Zugang zu zeitgenössischer Kunst in Verbindung mit der Kirche war prägend. Es kann viel dadurch ausgedrückt werden. Ich habe sehr viel bei ihm gelernt und werde mir vieles für das Priesterleben mitnehmen."
Öhler – 1958 in Linz geboren – trat 1977 in das Priesterseminar ein, absolvierte sein Theologiestudium in Linz und Frankfurt und wurde 1985 im Linzer Mariendom zum Priester geweiht. Vor allem in der Seelsorgestelle Linz-Auwiesen hat er von 1995 bis 2010 mit der Errichtung der Kirche, eines Pfarrzentrums sowie eines Jugendzentrums seine Spuren hinterlassen. Kurz darauf wechselte er in die Stadtpfarre Bad Ischl, engagierte sich als Feuerwehrseelsorger und für kirchliche Initiativen der Kulturhauptstädte Linz 2009 und Salzkammergut 2024.
Die Nachricht vom überraschenden Tod des 65-jährigen Stadtpfarrers erschütterte ganz Bad Ischl. Es herrsche eine Schockstarre, sagt Stichlberger. "Leute kommen in die Kirche, g’standene Ischler Männer stehen vor dem Bild und haben Tränen in den Augen. Es ist sehr bewegend."
Wie die OÖN berichteten, hatte Christian Öhler am Sonntagvormittag noch zur traditionellen Bergmesse auf dem Traunstein geladen. Bereits zum 75. Mal wurde in 1691 Metern Seehöhe jener gedacht, die auf dem Berg ums Leben gekommen waren.
"Herr, ich steige so gern auf die Berge der Heimat, weil ein Weg zu dir über den Gipfel führt" – auf dem Traunstein fand Christian Öhler berührende Worte für die Verstorbenen, nicht ahnend, dass auch für ihn der Weg vom Gipfel die letzte Wanderung sein sollte.
Beim Abstieg bekam der 65-Jährige gesundheitliche Probleme. Wanderer fanden ihn am Nachmittag, Öhler dürfte eine Herzattacke erlitten haben. Nach einer Reanimation durch den Notarzt wurde der Pfarrer mit dem Hubschrauber ins Klinikum Wels gebracht, wo er am Abend verstarb.
"Er war immer für alle da"
Das vielseitige Leben und Wirken von Christian Öhler in Worte zu fassen, sei für sie eine schwierige Aufgabe, sagt die Bad Ischler Bürgermeisterin Ines Schiller. Dass sie so plötzlich einen Nachruf auf ihren Stadtpfarrer verfassen müsse, "das war unvorstellbar für mich. Realisiert hat es in Bad Ischl noch niemand", sagt Schiller. Er sei ein besonderer Mensch gewesen, ein Seelsorger, wie man ihn nicht mehr finde. "Er hat Menschen, die sich von der Religion entfernt hatten, zurück in die Kirche gebracht. Egal ob für die Stadt, die Kirche, Vereine – er war immer für alle da", erinnert sich Schiller an Christian Öhler.
Auch Bischof Manfred Scheuer würdigt den Verstorbenen: "Ich bin sehr dankbar für das vielfältige und kreative Wirken von Christian Öhler, sei es für sein Engagement als Seelsorger in der Pfarre, die Katholische Aktion oder auf Diözesanebene." Der Begräbnisgottesdienst findet am Montag, 9. September, in der Stadtpfarrkirche Bad Ischl statt. Anschließend wird Christian Öhler auf dem Friedhof in Bad Ischl beigesetzt.