Ein Schatz aus Steyr schreibt "Stille Nacht"-Geschichte neu
Stille Nacht, heilige Nacht: Der älteste Textdruck des berühmten Weihnachtsliedes stammt vom Steyrer Schriftsetzer Joseph Greis.
Kaum ein anderes Lied ist wie "Stille Nacht" dazu imstande, Energie und Kontemplation in einem zu vermitteln. So gut wie alles ist über die berühmteste Weihnachtslyrik der Welt von Organist Franz Xaver Gruber (1787–1863, Musik) und Hilfspfarrer Joseph Mohr (1792– 1848, Text) erforscht. Dass der Text des Liedes zu allererst in Steyr gedruckt wurde, kam erst heuer ans Licht. Im Antiquariat des Wieners Erhard Löcker tauchte eine bisher kaum bekannte und undatierte Flugschrift mit dem Titel "Vier schöne Weihnachtslieder" auf, das vierte davon auf den gefalteten acht Blättern von jeweils 10,5 mal 17 Zentimetern war "Stille Nacht, heilige Nacht". Die OÖN berichteten.
"Steyr, gedruckt und zu haben bei Joseph Greis" steht am unteren Ende des Titelblattes. Löcker setzte sich im Juni mit Michael Neureiter, dem Präsidenten der "Stille Nacht Gesellschaft", in Verbindung, und dieser belegte eindeutig, dass es sich um eine kleine Sensation handelte. Der Schriftsetzer Joseph Greis hatte unter der Adresse Grünmarkt 7 in Steyr eine Buchhandelskonzession. Bisher war die Liedfassung der Jahre 1832–1834 von August Robert Friese aus Dresden als ältestes Druckwerk von "Stille Nacht" angenommen worden. Neureiter im Gespräch mit den OÖN: "In einer Dissertation habe ich entdeckt, dass Greis von 1832 bis zu seinem Tod 1835 nichts mehr gedruckt hat. Die Steyrer Blätter müssen also früher entstanden sein."
Bemerkenswerte Verschreiber
Neureiter, der im sogenannten Franz-Xaver-Gruber-Haus, dem Mesner-Gebäude in Hallein, aufwuchs und "Stille Nacht mit der Muttermilch eingesogen" hat, entdeckte außerdem einige "bemerkenswerte Verschreiber". Etwa in der fünften Strophe, in der "lange schon uns bedacht" zu "lange schon ausgedacht" wurde. Und gleich darunter ist zu lesen: "aller Welt Schwung versprach" statt "aller Welt Schonung verhieß". In der ersten Strophe ist "holder Knabe im lockichten Haar" erstmalig und einmalig, alle anderen Autographe huldigten dem Knaben "im lockigten Haar".
Das Greis-Dokument weist alle sechs Strophen in der gleichen Reihenfolge wie das Mohr-Autograph und die vier Gruber-Autographe auf, von denen eines nur fünf Strophen enthält. Die Liedfassung aus Dresden sieht lediglich drei Strophen in der Reihenfolge 1,6,2 vor – so steht es auch im aktuellen katholischen Gebets- und Gesangsbuch "Gotteslob". In der 6. Strophe hapert es bei Greis erneut: "Tönt es laut bey ferne und nah" wurde zu "tönt es ferne, so wie auch nah". "Es mag ein Lesefehler beim Setzen gewesen sein – oder Greis hatte ein anderes Manuskript als Vorlage", sagt Neureiter.
Dass Löcker für die Blätter 38.000 Euro haben will, kostet Neureiter ein "müdes Lächeln – das ist eindeutig überteuert". Auch weil fest steht, dass sich ein weiteres Exemplar des Greis-Druckes im Archiv des Oö. Volksliedwerkes befindet. Neureiter: "Vielleicht kommen ja jetzt in Steyrer Schubladen noch weitere Exemplare dieses Schatzes ans Licht."
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Der älteste Textdruck oder der älteste erhaltene Textdruck. Das ist ein Unterschied.
Ehrlich gesagt, ich kenne mich nicht aus. Vielleicht ist das Licht zu schwach.