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Schüsse bei gescheitertem Drogen-Deal in Wien: Zwölf Jahre Haft

Von nachrichten.at/apa, 13. Jänner 2025, 20:56 Uhr
Justiz Gericht Verhandlung Urteil
(Symbolbild) Bild: VOLKER WEIHBOLD

WIEN. Wegen versuchten Mordes ist am Montagabend am Wiener Landesgericht ein 33-Jähriger rechtskräftig zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden,  nachdem er am 1. Mai 2024 nach einem gescheiterten Drogen-Deal - er wollte mit zwei Freunden in der Hackengasse in Rudolfsheim-Fünfhaus Kokain erwerben - zwei Schüsse aus einer Pistole abgegeben hatte.

 Er verfehlte dabei seinen Kontrahenten und fügte sich stattdessen selbst eine lebensgefährliche Verletzung zu.

Der Mann hatte die Waffe auf einen gegnerischen 22-Jährigen gerichtet, wobei der Kampfsportler allerdings zum Gegenangriff überging. Die Staatsanwältin war überzeugt, dass der Angeklagte in Tötungsabsicht von seiner Schusswaffe Gebrauch gemacht hatte, die er illegal besaß. Die Geschworenen schlossen sich mehrheitlich - mit einem Stimmverhältnis von 7:1 - dieser Ansicht an. Zudem wurde der 33-Jährige aufgrund einer ihm bescheinigten Gefährlichkeit nach § 21 Absatz 2 StGB in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Er war mit dem Urteil ebenso einverstanden wie die Staatsanwältin.

Er und zwei jüngere Freunde hatten mit insgesamt drei Männern um das Kokain gefeilscht, wobei letztere darauf bestanden, dass die Ware zuerst bezahlt werden musste, was die potenziellen Käufer ablehnten. Sie befürchteten, übers Ohr gehauen zu werden.

Mit Waffe Bedrohter wehrte sich mit spezieller Würgetechnik

Der 33-Jährige sei "nur aus Zufall" nicht dazu gekommen, dem 22-Jährigen frontal in den Körper zu schießen, sagte die Staatsanwältin. Der junge Tschetschene betreibe nämlich Kampfsport. Er wandte eine spezielle Würgetechnik an, die den Bewaffneten am Abdrücken hinderte. Mittels eines so genannten Choke versuchte er den 33-Jährigen bis zur Bewusstlosigkeit zu würgen, nachdem er diesen zu Boden befördert hatte. Dieser habe in der Umklammerung aber kurz die rechte Hand freibekommen und versucht, ihm nach hinten in den Kopf zu schießen, schilderte der 22-Jährige als Zeuge: "Er wollte mir ins Gesicht schießen. Zum Glück kann ich mich verteidigen. Wär ich wer anderer, hätte er mich sicher getötet."

Dem 22-Jährigen gelang es, sich wegzuducken, sodass der erste Schuss ins Leere ging. Danach habe der 33-Jährige, den er noch immer umklammert hatte, ihm die Pistole in den Rücken gedrückt, worauf er seitlich "weggemovet" sei. Das Projektil drang dem 33-Jährigen in die eigene Lunge. Die Folge war ein Pneumothorax - der Eintritt von Luft in den Pleuraspalt -, was zu einem Lungenkollaps führte. Nur der Umstand, dass die Rettungskette funktionierte und der Mann in einem Spital notoperiert wurde, rettete ihm das Leben. Der 22-Jährige erlitt lediglich vom Schusswaffengebrauch herrührende Verbrennungen unterhalb des Schulterblatts. Die Frage der vorsitzenden Richterin, ob er sich dem Verfahren als Privatbeteiligter anschließen und Schmerzengeld geltend machen wolle, verneinte der Tschetschene: "Ich will nur, dass er die Strafe kriegt für das, was er gemacht hat."

Angeklagter wollte "gewährleisten, dass wir uns zurückziehen können"

Der von Verteidiger David Jodlbauer vertretene Angeklagte stellte in seiner Einvernahme in Abrede, in Tötungsabsicht geschossen zu haben. Er habe nur deshalb die Pistole gezogen, weil er sich vor der gegnerischen Gruppe gefürchtet habe. Auf die Frage, weshalb er sich überhaupt zum Kokainkaufen bewaffnet hatte, meinte er: "In Wien ist es gefährlich geworden. Da hört man immer von Messerstechereien." Er habe daher "zur Abschreckung" eine Pistole mitgenommen. Er habe bemerkt, dass die anderen aggressiv wurden, weil der Deal nicht zustande kam: "Ich habe Angst bekommen und wollte gewährleisten, dass wir uns zurückziehen können. Meine Absicht war, sie zu erschrecken und dass wir nach Hause gehen können. Ich wollte ihnen Angst machen, dass sie sich schleichen."

Der 22-Jährige habe ihm aber einen Faustschlag versetzt und ihn dann "in den Choke genommen, der tödlich enden kann. Ich hab' keine Luft mehr bekommen. Ich hab' die Sterndln gesehen." Da habe er die Waffe gezogen: "Ich hatte Todesangst." Er wisse nicht mehr, "ob die Waffe in den Zeitpunkt überhaupt in meiner Hand war. Es war ein Nebel in meinem Gehirn. Es kann sein, dass ich mich selber angeschossen habe. Es kann sein, dass er an der Waffe war. Es kann sein, dass sich im Gerangel ein Schuss gelöst hat. Ich weiß nicht, welche von den drei Dingen wirklich passiert ist."

DNA-Spuren belasteten Angeklagten

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft war zweifelsfrei erwiesen, dass der 33-Jährige der Schütze war. Am Abzug der Pistole wurden ausschließlich seine DNA-Spuren sichergestellt. Nach dem zweiten Schuss war es dem 22-Jährigen ein Leichtes, den schwerstverletzten Angeklagten zu entwaffnen. Er kickte die Pistole mit einem Fuß unter eine geparktes Auto, ohne die Waffe überhaupt angegriffen zu haben.

Die Anklagebehörde hatte zusätzlich die Unterbringung des 33-Jährigen in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Absatz 2 beantragt. Einem Gutachten des psychiatrischem Sachverständigen Peter Hofmann zufolge war der Mann im Tatzeitpunkt zwar zurechnungsfähig. Er weist aber eine hyperkinetische Störung - diese zeichnet sich durch bestimmte Leitsymptome von ADHS aus - auf, die ihn gefährlich macht und ohne haftbegleitende therapeutische Maßnahmen weitere Straftaten mit schweren Folgen bis hin zu Tötungsdelikten befürchten lässt, erläuterte Hofmann. So soll der Mann in der Vergangenheit mit der Herstellung von Sprengmitteln experimentiert haben - infolge unsachgemäßen Hantierens mit Schwefelsäure fügte er sich dabei erhebliche Brandwunden zu. Aufgrund jahrelangen Suchtmittelgebrauchs sei beim 33-Jährigen auch eine "Persönlichkeitsveränderung" eingetreten, sagte Hofmann.

Bei Hausdurchsuchung "Waffenarsenal" sichergestellt

Fest steht, dass der 33-Jährige ein Faible für Waffen aller Art haben dürfte. Nach seiner Festnahme auf der Intensivstation eines Krankenhauses hatte man bei ihm eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Dabei wurden zahlreiche Langwaffen, Revolver, eine Glock-Pistole und 4.097 Schuss Munition sichergestellt. Die Staatsanwältin bezeichnete die vorgefundene Menge als "mittelgroßes Waffenarsenal".

Aufgrund seiner "Sucht" nach Waffen habe der Angeklagte auch in ein Waffengeschäft einzubrechen versucht, indem er mit einem Schrotgewehr und einer Metallstange die Auslagenscheibe zertrümmern wollte, um sich die ausgestellten Exemplare anzueignen, berichtete die Anklagevertreterin. Eine Zeugin habe ihn dabei beobachtet und die Polizei gerufen. Dieses Faktum war nicht Gegenstand des laufenden Verfahrens, es wurde zur allfälligen späteren Verhandlung ausgeschieden.

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