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Wiener wollte Nachbarin anzünden: In Maßnahmenvollzug eingewiesen

06. August 2024, 16:42 Uhr
Prozess Gericht
Symbolfoto Bild: colourbox.de

WIEN. Ein 49-Jähriger hat am Dienstag am Landesgericht zugegeben, dass er seine Nachbarin töten wollte. Motiv: sie hatte ihn wegen Lärmerregung angezeigt.

Deswegen passte er die 50-Jährige vor einem Wohnhaus in Wien-Hietzing ab und schlug mit einem abgebrochenen Ast so lange auf ihren Kopf und Oberkörper ein, bis ein Passant dazwischen ging und ihm den Holzprügel entriss. Darauf schüttete der Mann einen Brandbeschleuniger auf die am Boden liegende Frau und wollte sie anzünden.

"Glück und Geistesgegenwart"

"Sie hörte das Klicken des Feuerzeugs und sah Funken. Aber es ist nicht gleich eine Flamme gekommen. Sie konnte ihm daher das Feuerzeug aus der Hand schlagen", schilderte die Staatsanwältin eingangs der Verhandlung den Geschworenen die im sprichwörtlichen Sinn brenzligen Szenen, die sich am 18. April 2024 in der Auhofstraße abgespielt hatten. Der Passant hätte den 49-Jährigen dann auch von der Frau gezogen, nachdem sich dieser noch auf sie geworfen hatte. "Es ist allein Glück und der Geistesgegenwart der Frau und des Passanten zu verdanken, dass sie uns heute als Zeugin zur Verfügung steht", betonte die Staatsanwältin.

Paranoide Schizophrenie

Gegen den 49-Jährigen wurde nicht wegen versuchten Mordes verhandelt. Ein von der Anklagebehörde im Ermittlungsverfahren eingeholtes psychiatrisches Gutachten kam zum Schluss, dass der Mann zum Tatzeitpunkt unter dem Einfluss einer paranoiden Schizophrenie stand, deretwegen er bereits 2008 in den Maßnahmenvollzug kam, aus dem er nach achteinhalb Jahren endgültig entlassen wurde. Weil der Mann somit zurechnungsunfähig und damit nicht schuldfähig war, wies ihn ein Schwurgericht (Vorsitz: Christoph Bauer) nach kurzer Beratung gemäß § 21 Absatz 1 StGB in ein Forensisch-Therapeutisches Zentrum ein, wo er zeitlich unbefristet und so lange angehalten werden kann, bis Expertinnen und Experten überzeugt sind, dass von ihm keine Gefahr mehr ausgeht.

"Wie soll es mit Ihnen weitergehen?", wollte der vorsitzende Richter abschließend von dem Mann wissen. "Wahrscheinlich werde ich bis an mein Lebensende im Maßnahmenvollzug bleiben", erwiderte dieser. Mit dem Urteil war der 49-Jährige ebenso einverstanden wie die Staatsanwältin. Die Gerichtsentscheidung ist daher rechtskräftig.

"Ich war ein Vorzeigepatient"

Der paranoid-schizophrene Mann war im August 2011 aus dem Maßnahmenvollzug entlassen worden. Er blieb dann fünf Jahre in einer betreuten Wohneinrichtung, wo er in einem eng strukturierten Setting überwacht wurde. Vor allem wurde darauf geschaut, dass er seine Medikamente in Form einer Depotspritze bekam, mit der man seine Krankheit in den Griff bekommen hatte. "Ich war ein Vorzeigepatient. Ich war unauffällig und völlig normal. Bis man mir mein ganzes Geld weggenommen hat", berichtete der 49-Jährige dem Gericht.

Nachdem er 2016 aus der betreuten WG ausgezogen war, hatte er eine Wohnung in der Auhofstraße bezogen. Übers Internet lernte er eine junge Frau kennen, in die er sich verliebte. 2022 habe er zur Kenntnis nehmen müssen, dass ihn die Frau um 20.000 Euro betrogen hatte, verriet der 49-Jährige: "Ich bin darüber psychotisch geworden." In seiner Wohnung verhielt er sich zusehenes auffälliger, wurde unleidlich, war laut, knallte mit den Türen und bedachte Nachbarinnen und Nachbarn mit Fäkalausdrücken. Er nahm auch keine Medikamente mehr ein.

Etliche Polizeieinsätze

Nach etlichen Polizeieinsätzen kapitulierten einige Mieterinnen und Mieter. Auch das spätere Opfer kündigte und zog aus ihrer Wohnung aus, weil sie ihren Nachbarn nicht mehr aushielt. Sie wollte am 18. April nur mehr einige Sachen aus ihrer alten Wohnung holen, als sie dem 49-Jährigen vor ihrer Eingangstür begegnete und dieser mit den Worten "Du hast mich anzeigt!" mit dem Holzstück auf sie losging.

Die 50-Jährige versuchte zu flüchten, der Mann holte sie jedoch ein und schlug ihr mehrfach auf den Kopf. Die Frau konnte sich losreißen, lief ins Freie, kam dort dann jedoch zu Sturz und fiel in ein Gebüsch, worauf weitere Schläge auf sie einprasselten. Sie erlitt zahlreiche Hämatome und Blutergüsse und ist – wie ihre Rechtsvertreterin Sonja Scheed in der Verhandlung deutlich machte – seit der Tat vor allem psychisch gezeichnet.

"Er hat das nicht steuern können"

"Die Umstände, dass man mir nicht geholfen hat, haben dazu geführt, dass ich eine Wutpsychose bekommen habe", merkte der 49-Jährige in seiner gerichtlichen Einvernahme an. Empathie für die Frau brachte er nicht auf. Gerichtspsychiater Peter Hofmann sprach von einer "hochgradigen Entladung", die als Folge einer Anzeige wegen Ruhestörung für Außenstehende "nicht verstehbar" sei. Der psychisch Kranke habe sich "in einer Besessenheit" befunden: "Er hat das nicht mehr steuern können."

Bevor die von Augenzeugen alarmierte Polizei am Tatort eintraf, war der 49-Jährige in seine Wohnung gelaufen, wo er die Reste des Brandbeschleunigers verschüttete und die Wohnung anzündete. Dann stach er sich ein Messer in den Hals. "Ich war so verzweifelt, dass ich nicht mehr leben wollte", sagte er dazu. In der Wohnung kam es dann auch zu einer Explosion, Einsatzkräfte der WEGA und der Berufsfeuerwehr öffneten die von innen abgesperrte Tür mit Gewalt und retteten den Mann, der an den Beinen Verbrennungen zweiten und dritten Grades erlitt, vor den Flammen.

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