7 Journalisten im Libanon wohl von israelischem Geschoß getroffen
BEIRUT. Sieben Journalisten, die am 13. Oktober im Südlibanon unter Beschuss gerieten, sind nach einer Recherche der Nachrichtenagentur AFP wahrscheinlich von einem israelischen Panzergeschoss getroffen worden.
Für die Untersuchung, die AFP am Donnerstag in Paris veröffentlichte, wurden ein Munitionsfragment, Satellitenbilder, Zeugenaussagen sowie Videos auch von Experten ausgewertet. Demnach wurden die Journalisten von einem 120-Millimeter-Panzergeschoss getroffen.
Solche Munition wird in der Region nur von der israelischen Armee verwendet. Bei dem Angriff am 13. Oktober wurde der Reuters-Videoreporter Issam Abdallah getötet. Sechs weitere Journalisten wurden verletzt: die AFP-Fotografin Christina Assi und ihr Videokollege Dylan Collins, zwei Mitarbeiter des Fernsehsenders Al-Jazeera sowie zwei weitere Reuters-Journalisten. Assi wurde schwer verletzt. Sie liegt immer noch im Krankenhaus, ihr musste das rechte Bein amputiert werden.
Journalisten berichteten vom Grenzgebiet
Die Journalisten hatten sich an der Grenze zu Israel aufgehalten, um über die bewaffneten Auseinandersetzungen im Grenzgebiet nach dem brutalen Überfall der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober zu berichteten. Getroffen wurde die Gruppe in der Nähe des Grenzdorfs Alma al-Shaab, wo es fast täglich zu Zusammenstößen kam.
AFP arbeitete bei der Untersuchung mit der britischen Nichtregierungsorganisation Airwars zusammen, die Angriffe auf Zivilisten in bewaffneten Konflikten untersucht. Ausgewertet wurden ein Munitionsfragment, Satellitenbilder, Zeugenaussagen sowie Videos, die vor und während des Angriffs aufgenommen wurden.
Von Waffenexperten analysiert
Unmittelbar nach dem Angriff wurde ein großes Munitionsfragment in der Nähe von Abdallahs Leiche gefilmt. Am Tag danach sammelte ein Anrainer, der nicht namentlich genannt werden will, das Fragment ein und machte Fotos am Angriffsort. AFP und Airwars ließen dies von sechs Waffenexperten analysieren, darunter ehemalige Offiziere der britischen Armee und Ermittler mit Erfahrung in Konfliktgebieten.
Alle Experten sind sich einig, dass das Munitionsfragment von einem 120-Millimeter-Panzergeschoss stammt, das in israelischen Merkava-Panzern zum Einsatz kommt. Abgeschossen wurde es offenbar in der Nähe des israelischen Dorfes Jordeikh. Kämpfe gab es zu dem Zeitpunkt in der Region nicht. Alle sieben Journalisten trugen Helme und kugelsichere Westen mit der Aufschrift "Presse" und standen auf einem Hügel hinter gut sichtbar auf Stativen angebrachten Kameras.
Zwei Geschoße schlugen ein
Die beiden Angriffe erfolgten im Abstand von 37 Sekunden, die Geschoße schlugen nur vier bis fünf Meter voneinander entfernt ein. Die Experten schließen daher aus, dass es sich um einen versehentlichen Angriff handelte.
Separate Untersuchungen der Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch (HRW) und Amnesty International haben diese Erkenntnisse bestätigt. Laut HRW handelte es sich offenbar um "vorsätzliche Angriffe auf Zivilisten", was als "Kriegsverbrechen" gewertet werden könne. Auch Amnesty erklärte, der Vorfall sei "wahrscheinlich ein direkter Angriff auf Zivilisten, der als Kriegsverbrechen untersucht werden muss".
Seit Beginn des Krieges zwischen der radikalislamischen Hamas und Israel sind nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) insgesamt schon mindestens 63 Journalisten und Mitarbeiter von Medienunternehmen getötet worden.
Am Ende des Krieges wird die Welt erblassen wenn die Opferzahlen bekannt werden