Vorverlegung der Wien-Wahl auf 27. April empört die Opposition
WIEN. Die Wien-Wahl - die plangemäß im Herbst hätte stattfinden sollen - wird auf den 27. April vorverlegt.
Dieser Artikel wurde um 17:30 Uhr aktualisiert.
Das haben Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) am Freitag in einem Online-Statement verkündet. Die Zweite Republik stehe vor einem Scheideweg, betonte Ludwig. Wien sei ein mögliches Gegenmodell zu einem FPÖ-Politiker im Kanzleramt. Man wolle aber keinen "monatelangen Wahlkampf", sondern klare Verhältnisse noch vor dem Sommer.
Deshalb werde er dem Wiener Gemeinderat vorschlagen, die Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl vorzuverlegen, sagte der Bürgermeister. Die Erklärung fand im Rahmen der Regierungsklausur am Freitag statt. "Genau das, was Wien ausmacht, die Freiheit und der Zusammenhalt steht in Gefahr", meinte auch Wiederkehr. Er verwies auf Angriffe auf die Medienfreiheit und erste Einschnitte im Bildungsbereich und warnte vor Angriffen auf Wien und ein drohendes finanzielles Ausbluten der Bundeshauptstadt. "Das ist ein Sturm, der aufzieht", weshalb sich Wien sturmfest machen müsste, so der Vizebürgermeister.
Neuwahlantrag am Dienstag
Man habe Erfahrungen mit der Konstellation, betonte Ludwig in einer Pressekonferenz nach der Regierungsklausur. Er erwähnte etwa die sogenannte Patientenmilliarde der früheren schwarz-türkisen Bundesregierung. Die Leistungen für die Bevölkerung seien damals zurückgegangen, gleichzeitig sei die Versorgung teurer geworden. In Wien wolle man deutlich machen, dass man auf der Seite der Bevölkerung stehe.
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Andere Parteien hätten bereits angekündigt, dass nun der Wahlkampf beginne. Der solle aber nicht Monate dauern, befand Ludwig - der sich freute, dass man sich mit dem Koalitionspartner auf den Termin verständigen habe können. Der Neuwahlantrag soll am Dienstag im Gemeinderat eingebracht werden.
Zugleich wolle man bis zur Wahl gemeinsame Beschlüsse auf den Weg bringen. Auch Sondertermine von Gemeinderat bzw. Landtag stünden am Programm, um noch die letzten Punkte des Regierungsübereinkommens zu erledigen. "Wir arbeiten bis zum Schluss", wurde heute beteuert.
Koalition bekräftigt gute Zusammenarbeit
Wiederkehr berichtete, dass bei Gesprächen heute in der Früh darüber entschieden worden sei, den Wahltermin vorzuverlegen. Denn man sehe jetzt schon die Auswirkungen einer möglichen FPÖ-ÖVP-Koalition. Es werde "große Angriffe" auf Wien geben. In solchen Zeiten sei es wichtig, klare Verhältnisse zu haben, sodass man zügig innerhalb von 100 Tagen wählen wolle.
Die Zusammenarbeit in der Regierung sei gut gewesen - und sei es noch immer, versicherte der Wiener NEOS-Chef. "Wir haben viel zusammengebracht." Auch Ludwig versicherte, dass die Verstimmung zwischen SPÖ und NEOS im Bund keine Auswirkungen auf die Kooperation im Wiener Rathaus habe.
Vorschlag für Fairnessabkommen
Für den Wahlkampf schwebt den Regierungspartnern ein Fairnessabkommen mit allen Parteien vor. Man lade diese ein und hoffe auf eine konstruktive Auseinandersetzung, sagte Ludwig. Man wolle den Mitbewerbern keine "Verbalinjurien" ausrichten, so wie es andere politische Kräfte in dem Land täten - die etwa bei Angriffen auf Journalisten den Raum der guten Sitten und des politischen Anstandes verlassen würden.
Konkrete Wahlziele wurden heute nicht formuliert. Wiederkehr hielt fest, dass das Ziel sei, so stark zu werden, dass sich wieder eine "Fortschrittskoalition" mit der SPÖ ausgehe. Wobei er hinzufügte: "Wir wissen, es ist knapp."
"Voreiligen und überstürzten Neuwahlbeschluss"
Kritik am vorgezogenen Wahltermin kam von ÖVP-Landesparteiobmann Karl Mahrer. Zunächst habe eine "völlig zerrissene SPÖ" mit dem Scheitern der Verhandlungen zur Dreierkoalition Österreich ins Chaos gestürzt, "und jetzt stürzt die SPÖ auch Wien ins Chaos mit einem voreiligen und überstürzten Neuwahlbeschluss, obwohl der Bürgermeister selbst bis vor wenigen Tagen das Gegenteil gesagt hat", bekrittelte Mahrer bei einer Pressekonferenz am Freitag.
Hinter dieser Entscheidung verberge sich ein "sehr fragwürdiges Demokratieverständnis und rein parteipolitisches Kalkül, um ein paar Prozente bei der Wahl zu retten". Freilich gehe es der SPÖ nicht um die Arbeit für die Bevölkerung, sondern darum, die "Stillstandskoalition" mit den NEOS zu retten. Beide Parteien seien sich ja einig, nach der Wahl die Zusammenarbeit fortzusetzen, glaubt Mahrer.
Der ÖVP-Landeschef sieht seine Partei "gut vorbereitet". "Wir werden einen Wahlkampf führen, in dem wir intensiv darstellen wollen, welche Probleme es gibt und welche Lösungen wir dafür haben." Sicher sei, dass es nicht so weiter gehen könne wie bisher. "Das, was wir sehen, ist das Produkt links-linker Politik in Wien", so Mahrer. Nun sei es wieder Zeit für bürgerliche Politik in Wien.
Nepp sieht FPÖ für Wahl "vorbereitet"
Durch die Vorverlegung der Wahl leide Ludwigs "Glaubwürdigkeit" massiv, findet der freiheitliche Landesparteiobmann Dominik Nepp. Denn schließlich habe er bis zuletzt behauptet, bis zum Ende der Legislaturperiode arbeiten zu wollen. "Das spricht nicht für seine Glaubwürdigkeit, denn bis gestern hat er noch gelogen", so Nepp bei einer Pressekonferenz. Die FPÖ sieht er für die Wahl "vorbereitet", schließlich sei man "ständig" in Wien unterwegs, derzeit gerade mit der "Fairnesstour".
Nepp sieht die Stimmung in der Bevölkerung jedenfalls aufseiten der Blauen. Am 27. April hätte die Wiener Bevölkerung nun die Möglichkeit, das "unfaire System" Ludwigs abzuwählen. Die Vorverlegung sei ein Eingeständnis Ludwigs, gescheitert zu sein. Wien verzeichne Rekordschulden in Höhe von 16 Mrd. Euro, zudem gebe es einen Rekord bei der Arbeitslosigkeit. Gleichzeitig habe es unter Ludwig eine "Belastungslawine" gegeben. Bei Abgaben, Gebühren, Wien Energie oder Fernwärme sei es überall zu "massiven Erhöhungen" gekommen. Nach Berechnung der Freiheitlichen mache die Belastung durch Ludwig 3.500 Euro pro Haushalt pro Jahr aus.
Eine Zusammenarbeit mit Ludwig nach der Wahl will Nepp dennoch nicht ausschließen: "Ich kann mir mit jedem eine Zusammenarbeit vorstellen."
Grünen bezeichnen Schritt als "unverantwortlich"
Für die Wiener Grünen-Chefin Judith Pühringer ist es "unverantwortlich, Neuwahlen vom Zaun zu brechen", in einer Situation, wo im "Bund kein Stein auf dem anderen bleibt". Pühringer ortet auch in der Bevölkerung "ganz viel Unverständnis". Die einzige Erklärung sei, dass Rot und Pink "Parteitaktik und Wahltaktik" über alles andere stellen.
Dabei gebe es in der Bundeshauptstadt derzeit "wahnsinnig viele Baustellen". Neben einer riesigen Bildungskrise seien dies die Themen Leerstandsabgabe, Zweitwohnsitzabgabe, Klimagesetz oder der Nachbesetzung der Bildungsdirektion. Außerdem kämpfe Wien mit einem großen Defizit, so Pühringer. "Der Rechnungsabschluss ist im Juni", so Pühringer, die fürchtet, dass man hier etwas verstecken möchte. Die NEOS würden von "stürmischen Zeiten sprechen und im selben Atemzug die Zeiten noch viel stürmischer machen", kritisierte sie: "Dabei haben sie den Sturm entfacht, also sie vom Verhandlungstisch zur Dreierkoalition aufgestanden sind."
"Wir Wiener Grünen sind bereit. Wir sind der Gegenpol zu Blau-Schwarz", betonte Pühringer: "Wir stehen für ein Wien von morgen."
Kleinpartei SÖZ will antreten
Auch die Kleinpartei SÖZ kündigte am Freitag via Aussendung an, bei der vorgezogenen Wiener Landtagswahl antreten zu wollen. "Die etablierten Parteien haben Wien zu einem Ort gemacht, wo viele sich unsichtbar fühlen", so SÖZ-Obmann Hakan Gördü. Steigende Mieten, leere Versprechen und Ignoranz gegenüber den echten Sorgen prägten die aktuelle Politik.
Die Wiener KPÖ, die auf einen Einzug in den Wiener Gemeinderat hofft, warf Ludwig ebenfalls vor, aus parteitaktischen Gründen ihre Versprechen, bis zum Ende der Legislaturperiode zu arbeiten, zu brechen. Über eine mögliche Zusammenarbeit mit anderen Organisationen will die KPÖ zeitnah entscheiden.
Das Wiener schuldendesaster wird dann erst im Herbst bekanntgegeben! Kennt man!
Reges Aufkommen vor Seniorenheimen am 27.April ??
Kommt das nicht fürs TEAM HC zu früh?
Na da pokert er hoch oder Ludwig hat keine Lust mehr.
Sinn haben die vorgezogenen Wahlen nicht wirklich solange die SPÖ so zerstritten ist.
Fürchtet er sich gar, dass er verliert?
Ist aber sicher unbegründet, es wird so sein wie in Linz.
Zu Nepp:
https://dietagespresse.com/fruehpensionist-beschimpft-medium-als-scheissblatt-tagespresse-startet-zweites-crowdfunding/
Kann es sein, dass da wer die Hosn voll hat?
Weil Herr Bgm. Ludwig mit gegrätschten Beinen neben Wiederkehr steht?
Die Taktik wird ihm aber aufgehen. Eine jede Regierung ist noch abgekackt. Vor allem nach Belastungswellen.
Clever gemacht! Bei den Grauslichkeiten die dem kleinen Mann jetzt von Schwarz-Blau zugemutete werden, wird der Wahltag auch Zahltag werden!
Der dank geht an schwarz grün
Vienna is different und der Hr. Ludwig auch
Gut is', wenn man sich im Wahlkampf an einer ÖVP-FPÖ-Regierung abarbeiten kann. Da werden die Hack'ln wieder tief fliegen! - Soweit zur Weigerung Ludwigs, zur Rettung der Koalitionsverhandlungen seinen Segen zu Bablers Austausch zu geben.
Hat Herr Ludwig nicht behauptet, Wien sei nicht Österreich?
Na also! Vor was fürchtet er sich denn nun.
Es wählen ja eh nur Wiener!
Was genau wollen Sie jetzt eigentlich sagen?