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Millionen Fahrgäste betroffen: Streiks legen Bahn- und Teile des Luftverkehrs in Deutschland lahm

Von nachrichten.at/apa, 07. März 2024, 16:41 Uhr
Streik in Deutschland
Der Streik der Lokführer legt den Bahnverkehr in Deutschland lahm. Bild: KIRILL KUDRYAVTSEV (AFP)

BERLIN/FRANKFURT. Tausende Zugausfälle, hunderte abgesagte Lufthansa-Flüge, Millionen betroffene Fahrgäste und Passagiere: Sowohl im Luft- als auch im Bahnverkehr führen seit Donnerstagmorgen die Arbeitskämpfe zweier Gewerkschaften zu erheblichen Einschränkungen in Deutschland. Auch zahlreiche Österreicherinnen und Österreicher sind betroffen.

"Kurz Linz. Dann geht die abenteuerliche Reise weiter nach Augsburg. Das Abenteuer steuert die Deutsche Bahn bei." Kurznachrichten wie diese erreichten heute auch Redakteurinnen und Redakteure von nachrichten.at.

Wer innerhalb Deutschlands reisen wollte, musste auf das eigene Auto, auf Fernbusse, Leihwagen oder Mitfahrzentralen ausweichen. Auch Verbindungen zwischen Deutschland und Österreich sind betroffen - und etliche Österreicherinnen und Österreicher, die beispielsweise auf lange geplanter Dienstreise sind, sind betroffen.

Nicht dringende Reisen dringend verschieben

Die ÖBB empfehlen, nicht dringende Reisen nach Deutschland zu verschieben. ÖBB-Fernverkehrszüge über das Deutsche Eck zwischen Salzburg und Kufstein fahren voraussichtlich planmäßig. Details zu den betroffenen Zugverbindungen gibt es auf oebb.at und in der ÖBB-Fahrplan-App SCOTTY. Auch Westbahn-Züge von und nach München und Rosenheim sowie über das Deutsche Eck nach Tirol und Vorarlberg sollen planmäßig fahren. Am Donnerstag sollen vier Lufthansa-Flüge Wien-München vom Streik betroffen sein.

Abgestimmt haben sich Verdi und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) bei ihren Ausständen nicht. Beide Organisationen setzen inzwischen aber darauf, ihre Streiks und Warnstreiks so wenig planbar wie möglich zu machen. Die Ungewissheit für Fahrgäste und Passagiere nimmt damit weiter zu.

Flughafenpersonal ohne Vorwarnung in Streik getreten

So trat etwa am Düsseldorfer Flughafen das Sicherheitspersonal am Donnerstag gänzlich ohne Vorwarnung in den Warnstreik. Anders als an den Flughäfen Frankfurt und Hamburg, wo Verdi ebenfalls die Sicherheitskontrolle bestreike, sei die Aktion in Düsseldorf von der Gewerkschaft nicht angekündigt worden, teilten der Flughafen und die Gewerkschaft mit. Dadurch solle verhindert werden, dass der Flughafen und seine Partner sich auf den Ausstand einstellen könnten. Für Donnerstag waren in der Landeshauptstadt dem Flughafen zufolge rund 320 Starts und Landungen geplant. Passagiere mussten mit Verzögerungen und Flugstreichungen rechnen.

Verdi-Warnstreiks im Luftverkehr á Frankfurt am Main
Auch Teile des Flugverkehrs sind betroffen. Bild: Lando Hass (dpa)

Hinzu kam der von Verdi angekündigte Warnstreik des Lufthansa-Bodenpersonals. Dieser führte vor allem in Frankfurt und München zu erheblichen Einschränkungen im Luftverkehr. Das Unternehmen kündigte an, während des Ausstands lediglich 10 bis 20 Prozent ihres ursprünglichen Flugplans fliegen zu können. Der Warnstreik des Bodenpersonals soll bis Samstag, 7.10 Uhr, andauern.

Auf den inzwischen fünften Streik der Lokführergewerkschaft GDL hatten sich Deutsche Bahn (DB) und Fahrgäste an diesem Donnerstag weitgehend eingestellt. Nur rund jeder fünfte Fernzug war im Einsatz, die Bahnhöfe blieben weitgehend leer. Viele Reisende hatten ihre Fahrt vorgezogen oder auf einen späteren Tag verschoben. Bereits am Montag hatte die Gewerkschaft den Ausstand angekündigt, nachdem in den Wochen zuvor erneut vergeblich hinter verschlossenen Türen verhandelt worden war.

Doch mit dieser Planbarkeit dürfte es bald ebenfalls vorbei sein. Erstmals in einem Bahntarifkonflikt will GDL-Chef Claus Weselsky künftig auf sogenannte Wellenstreiks setzen. Bahnstreiks werde die Gewerkschaft dann mit deutlich weniger Vorlauf ankündigen, sagte er vor wenigen Tagen. Ob der Bahn dann genug Zeit bleibt, um wie bisher einen provisorischen Rumpffahrplan auf die Beine zu stellen, ist fraglich. Weselskys erklärtes Ziel: für noch mehr Unzuverlässigkeit auf der Schiene zu sorgen.

Auch Ostern könnte es zu Streik kommen

Selbst über Ostern können sich Fahrgäste nicht sicher sein, ob sie dann mit der Bahn zu ihren Familien reisen können. Auf einen Osterfrieden im feststeckenden Bahntarifkonflikt ließ sich Weselsky bisher jedenfalls nicht ein. "Ostern ist ja durchaus noch ein paar Tage, eigentlich Wochen hin und deswegen kann ich das nicht beantworten", sagte er am Donnerstag im RBB-Inforadio.

Der Ausstand bei der Bahn trifft nicht nur den Personen-, sondern erneut auch den Güterverkehr. Bereits seit Mittwochabend wird die Bahntochter DB Cargo bestreikt, die immerhin rund 40 Prozent des Güterverkehrsmarkts auf der Schiene kontrolliert. Fachleute fürchten angesichts der Arbeitskämpfe bei Bahn und Lufthansa erhebliche Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. "Das ist eine zusätzliche Belastung, die wir eigentlich nicht gebrauchen können", sagte etwa Clemens Fuest, Leiter des Ifo-Instituts, am Donnerstag im ZDF-Morgenmagazin. "Die Wirtschaft schrumpft, und wenn so etwas noch dazu kommt, dann fehlen ja plötzlich Teile in der Produktion, die nicht geliefert werden können, oder es können Menschen nicht zu Meetings kommen, vielleicht auch nicht zur Arbeit."

Hohe Kosten 

Laut Konjunkturexperte Michael Grömling vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) kann allein ein eintägiger deutschlandweiter Bahnstreik bis zu 100 Mio. Euro am Tag an Wirtschaftsleistung kosten, sofern die Produktion und die Geschäftstätigkeit der Unternehmen branchenübergreifend gestört werden. "Das hängt auch von der konjunkturellen Lage und dem allgemeinen Funktionieren der Lieferketten ab. Die Kosten steigen bei einem mehrtägigen Streik möglicherweise nicht linear, sondern stärker.

Der Streik bei der Deutschen Bahn soll an diesem Freitag um 13.00 Uhr offiziell enden. Doch den ganzen Tag über müssen Fahrgäste noch mit Zugausfällen und Verspätungen rechnen. Erst am Samstag kann der Konzern eigenen Angaben zufolge wieder das volle Angebot auf die Schiene bringen. Angesichts der Ankündigungen Weselskys beginnt die große Unsicherheit aber ohnehin erst nach Streikende. Eine Lösung im Tarifstreit ist derzeit nicht in Sicht.

Das ist der Knackpunkt

Knackpunkt der Verhandlungen ist die Forderung der GDL nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter ohne finanzielle Einbußen. Selbst einen Vorschlag externer Vermittler, die eine Absenkung auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich ins Spiel gebracht hatten, lehnte Weselsky ab.

Bei der AUA-Mutter Lufthansa läuft der aktuelle Arbeitskampf noch bis Samstagfrüh. Ein Kompromiss ist im Tarifstreit ebenfalls nicht in Sicht. Verdi fordert unter anderem 12,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die nächsten Verhandlungen sind für den 13. und 14. März angesetzt. Die Passagiere müssen in naher Zukunft auch mit Streiks einer weiteren Berufsgruppe rechnen. Wenige Wochen vor Beginn der Osterferien haben am Mittwoch die Flugbegleiter und Flugbegleiterinnen der Lufthansa und ihrer Regionaltochter Lufthansa Cityline bei einer Urabstimmung der Gewerkschaft UFO für Streiks gestimmt. Wann mit Ausständen zu rechnen ist, blieb vorerst unklar.

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7  Kommentare
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Klettermaxe (10.765 Kommentare)
am 07.03.2024 17:58

Die gierigen Gewerkschaften ziehen wieder einmal das ganze Land nach unten.

Den Wohlstand können sie nur am Papier erhöhen, denn immer mehr Eigentum wird in Deutschland aus dem Ausland aufgekauft. Und wenn die Automobilindustrie ebenso schwächelt wir die chemische Industrie, dann werden wir alle bald andere Probleme haben als jene angeblichen, für welche nun gestreikt wird.

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betterthantherest (38.393 Kommentare)
am 07.03.2024 18:07

naja - die Teuerung in AUT und auch in D wurde nicht von hohen Lohnrunden verursacht.

Nein - sie wurde von katastrophalen politischen Entscheidungen zusammen mit der Gierflation der Wirtschaft losgetreten.

Die Menschen im Land sind doppelte Opfer dieser Entwicklung.

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DonMartin (7.510 Kommentare)
am 07.03.2024 18:28

"Absenkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter ohne finanzielle Einbußen" war der Knackpunkt. Weniger arbeiten, darum geht es!

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betterthantherest (38.393 Kommentare)
am 07.03.2024 17:14

Bei der ÖBB fallen laufend Züge ganz ohne Streiks aus.
Mittlerweile hat die ÖBB auf wichtigen Pendlerstrecken die Abfahrten zum Teil halbiert ... d. h. die Wartezeiten verdoppelt.

Nightjet müssen Sie monatelang im Vorhinein buchen. Das Ticket kostet ein Vermögen.
Am Reisetag gibts dann entweder den Wagen nicht - oder es fällt wieder einmal wegen Streik der ganze Zug aus.

Grüne Mobilitätswende in der Praxis.

Daher: Nerven sparen - Auto fahren.

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nichtschonwieder (8.990 Kommentare)
am 07.03.2024 17:47

Seh ich nicht ganz so.
Auf jeden Fall sind die Öbb um vieles besser als die sche.....Gewerkschwafler in D!

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betterthantherest (38.393 Kommentare)
am 07.03.2024 18:06

Deutschland hat die grottigste Bahn in ganz Mitteleuropa.

Nur weil die ÖBB knapp besser ist (im Fernverkehr hatte die ÖBB im ganzen 2. Halbjahr 2023 einen Pünktlichkeitswert von 80 % kein einziges Mal erreicht) ist die ÖBB super.

Ach ja - noch ein Schmankerl: ein Zug mit 5:29 Minuten Verspätung zählt immer noch als pünktlich obwohl man damit fast immer den Anschluss versäumt.

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nichtschonwieder (8.990 Kommentare)
am 07.03.2024 18:20

Stimmt. Und darauf bilden die sich noch was ein.
Die sollten sich einmal in der Schweiz erkundigen.....aber nein, die Gewerkschwafler hussen sie lieber in Streiks.

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