Mehr Freiräume schaffen
LINZ. Der gemeinsame Raum entscheidet über die Qualität des öffentlichen Lebens.
Wenn über Architektur geredet wird, steht meist das einzelne Objekt im Mittelpunkt, das schicke Wohnhaus, der prächtige Kulturbau, der stolze Büroturm. Dabei ist das alles halb so wichtig. Entscheidend ist der räumliche Zusammenhang.
Mit "Freundlicher Freiraum" hebt der Daidalos deshalb jene unterschätzte und oft vernachlässigte Kategorie des Planens und Bauens hervor, die sich um den Raum dazwischen kümmert. Es geht um Projekte zur Ortskernbelebung, um Platz- oder Parkgestaltungen, die die Entwicklung eines Ortes prägen und zum Besseren verändern.
Wichtig für Groß und Klein
Gefragt sind zudem Gebäude, die interessante Außenräume schaffen, die den Straßenraum angenehmer machen oder attraktive Höfe und Gärten bilden. Mit dem Wörtchen "frei" ist die wichtigste Qualität bereits auf den Punkt gebracht: Ein freundlicher Frei-Raum ist einer, der zulässt statt verbietet, der ermöglicht statt verhindert, ein Raum, in dem nicht jede Nutzung peinlich definiert und reguliert ist. Freiraum ist dort, wo noch Platz ist für eigene Ideen und kreatives Handeln, für ein bisschen Spaß.
Das Problem: Echte Freiräume sind vom Aussterben bedroht. Die offene Wiese, die Brachfläche, das Waldstück, die leer stehende Fabrik – vor allem Kindern und Jugendlichen fehlen diese Biotope. Gerade so, wie Öko-Nischen für seltene Tiere und Pflanzen auf künstliche Weise möglichst naturnah rekonstruiert werden, müssen die notwendigen Lebensräume für den menschlichen Nachwuchs wiederhergestellt werden. Statt Freiheit gibt es meist nur einen umzäunten Rasen, drei traurige Birken, Schaukel, Rutsche, Sandquadrat. Dabei müsste sympathischer Freiraum als Ausgleich in dichten Wohngebieten selbstverständlich sein.
Der Daidalos will positive Beispiele aus Oberösterreich bekannt machen (im Bild eins aus Vorarlberg: der Jugendplatz "Habedere!" in Lustenau).
Nicht nur Heranwachsende brauchen guten öffentlichen Raum, um sich wohlzufühlen. Auch die Großen haben ein Recht darauf. Die Plätze einer Stadt, die Parks und Märkte, die Ortskerne der Dörfer sind gesellschaftliche Schnittstellen. Keine Social Media Plattform wird das so schnell ersetzen können. In diesen Räumen sieht man sich und tauscht sich aus, unterschiedliche Gruppen treffen aufeinander, es kommt auch zu Reibung und Konflikten.
Architektur kann und soll das nicht verhindern, aber sie kann dafür sorgen, dass Begegnung überhaupt stattfindet. Sie kann mit freundlicher Atmosphäre zum positiven Lebensgefühl beitragen. Sie kann einem Ort und seinen Bewohnern Aufgeschlossenheit und Freiheit vermitteln.
Belebende Impulse
Ob sich der öffentliche Raum freundlich und frei anfühlt, das liegt nicht zuletzt am Umgang mit dem Verkehr. Dass ein Ort zu neuem Leben erwachen kann, wenn die Autos erst einmal verbannt sind, lässt sich an vielen Beispielen hierzulande und weltweit beobachten (besonders imposant in Seoul, wo eine Stadtautobahn rückgebaut und in einen Park verwandelt wurde).
Umgekehrt gibt es gerade in Oberösterreich das Problem der Verödung von Gemeinden, die durch Umfahrungsstraßen und Fachmarktkorridore vom Handelsstrom abgeschnitten werden und dann mangels Frequenz ihren Kern und ihre historische Bedeutung verlieren. Gerade in diesen Orten und zerstreuten Siedlungen ist der bewusste Umgang mit dem öffentlichen Raum besonders wichtig. Professionelle Gestaltung kann die nötigen Impulse zur Wiederbelebung bringen.
Manchmal fehlen die Mittel, um eine Verbesserung dauerhaft herzustellen. Stattdessen wird mit einer temporären Maßnahme der erwünschte Zustand erprobt. Solche Architekturprojekte auf Zeit können ebenfalls eingereicht werden.
Hochwertiger Freiraum kann auch innerhalb entstehen: Landwirtschaftsschule Ritzlhof in Haid von Raimund Dickinger und Mario Ramoni, Daidalos- Preisträger 2014 (Foto: Markus Bstieler)
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